07.05.2017 – Im Rahmen der Snowden-Enthüllungen und im NSA-Ausschuss kamen jede Menge Details zur Arbeit auch des BND ans Licht. Kritik an den Programmen führte aber nicht zu deren Ende, sondern zur Legalisierung. Dabei wurden auch andere Lösungen aufgezeigt.

Telefonische Massenüberwachung hätte offengelegt werden sollen

Richard Ledgett beim TED Talk
Bild: TED Talk

21. März 2017

Richard Ledgett ist stellvertretender NSA-Direktor. Er war 2013 mit der internen Aufklärung der Umstände befasst, die zu den Snowden-Leaks geführt hatten. Er war überzeugt, dass Snowden andere Möglichkeiten gehabt hätte, seine Bedenken vorzutragen. Aber im Gegensatz zu seinem damaligen Chef, General Keith Alexander, war er anfangs dafür eingetreten, Snowden zu begnadigen, falls dieser die entwendeten Dokumente zurückgeben würde. Bei seinen letzten Interviews hatte er aber vor allem betont, dass durch die Enthüllungen ein großer Schaden entstanden sei…
Ledgett hat Reuters jetzt ein Interview gegeben, auf das Snowden über Twitter hinweist:

Der ehemalige Chef der schnellen Eingreiftruppe Snowden der NSA hat gerade meine Entscheidung öffentlich gerechtfertigt. Verblüffend aber eine willkommene Wendung.

Reuters schreibt:

Die US-Regierung hätte die Existenz eines Programms, das massenhaft Telefondaten von Amerikanern abgesaugt hat, veröffentlichen sollen, bevor dies durch den ehemaligen Angestellten Edward Snowden enthüllt worden ist, sagte der stellvertretende Direktor der NSA am Dienstag.
Richard Ledgett, der im nächsten Monat aus dem Dienst ausscheidet, sagte in einem Interview mit Reuters, dass die Offenlegung des geheimen Programms schwierig gewesen wäre. Dies hätte aber den Schaden, den Snowden verursacht habe, mindern können.
„Das ist so ein Fall wo ich vielleicht hätte zustimmen sollen, wo es vielleicht weniger schockierend gewesen wäre, als Snowden das tat, was er tat“, sagte Ledgett in seinem Büro im NSA-Hauptquartier in Fort Meade, Maryland.
Ledgetts Anmerkungen, die die Gefühle einiger ehemaliger hochrangiger US-Beamter widerspiegeln, kommen zu einer Zeit, in der die Gemeinschaft der US-Geheimdienste, ihre Anstrengungen verstärkt, den Kongress zu überzeugen, andere umstrittene Überwachungsprogramme neu zu beleben…

Reuters | TED Talk | National Public Radio | Daily Mail Online

WikiLeaks: Werkzeuge der CIA-Hacker

Vault 7
Bild: WikiLeaks

7. März 2017

Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hat von einer nicht genannten Quelle streng geheime Dokumente mit über 8.000 Seiten aus einer Datenbank des US-Geheimdienstes CIA erhalten und diese ins Netz gestellt. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die CIA eigene Cyber-Abteilungen besitzt, deren Aufgabe darin besteht, Schwachstellen in Hightech-Geräten insbesondere von Apple, Google, Samsung, HTC und Sony zu finden und diese zur Überwachung zu nutzen. Offensichtlich hat die CIA inzwischen diverse Werkzeuge (Exploits), um Antiviren-Software auszutricksen, um Android-Smartphones und iPhones zu hacken, sowie Smart-TVs von Samsung und Desktop-Computer unabhängig vom Betriebssystem. Der Geheimdienst könne auch die Verschlüsselung von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Signal und Telegram umgehen.

Das europäische Zentrum zur Entwicklung dieser Cyberwaffen befindet sich danach im US-Generalkonsulat in Frankfurt/Main.

Wikileaks erklärte hierzu: "Die Quelle möchte eine öffentliche Debatte über die Sicherheit, die Schaffung, Nutzung, Weiterverbreitung und demokratische Kontrolle von Cyberwaffen anstoßen" und kündigte weitere Veröffentlichungen an.
Bei dieser Veröffentlichung hat WikiLeaks – nach harscher Kritik auch von Edward Snowden – die Dokumente vorher bearbeitet und auch Schwärzungen (Namen, E-Mail- und IP-Adressen) vorgenommen.

Anlass zur Besorgnis gibt es reichlich: Die CIA benutzt offensichtlich – genau wie auch die NSA – entdeckte (oder gekaufte) Schwachstellen und Sicherheitslücken (Exploits) in IT-Systemen, um sich in diese hineinzuhacken. Da die betroffenen Firmen und Nutzer nicht in Kenntnis gesetzt werden, können natürlich auch andere Geheimdienste und kriminelle Elemente diese Sicherheitslücken für ihre Zwecke nutzen.

Wohin das führen kann, wird von der FAZ drastisch verdeutlicht:

Das neue CIA-Datenleck offenbart eine neue Dimension der Überwachung: Die Geheimdienste sind dabei, sich das Internet der Dinge untertan zu machen. Wo liegen künftig ihre Grenzen?
Die neueste Enthüllung offenbart, dass Zukunftsszenarien von Datenspezialisten längst Gegenwart sind. Die präzise Anleitung für Geheimdienstler, wie ein Samsung-Fernseher umgedreht werden kann, wie das Gerät vorgibt, abgeschaltet zu sein und stattdessen den Raum ausspäht, zeigt, wohin die Dienste unterwegs sind: Das Wohnzimmer wird zur Glaskabine – und das Schlafzimmer gleich mit. Jedes nur erdenkliche digitale Gerät soll potentiell als Abhör- und Überwachungsvehikel genutzt werden können. Das Internet der Dinge, mit denkenden Kühlschränken, vernetzten Thermostaten, Stromzählern, Fernsehern, Aktiv-Lautsprechern, vor allem aber mit Kommunikationsboxen wie Amazons Echo wird zu einem gigantischen Netz für Überwachung, Spionage, Sabotage – einsetzbar bis hin zur gezielten Tötung. Denn was sich auch aus den veröffentlichten Daten ergibt, sind Wege, sich in die vernetzten und zunehmend digital gesteuerten Autos zu hacken. Statt einem teuren Drohnenangriff könnten in Zukunft ein paar Tastenbefehle in der CIA-Zentrale in Langley reichen, und das Fahrzeug steuert sich gemächlich von der Straße in den Abgrund…

WikiLeaks | Süddeutsche.de | ZEIT ONLINE | SPIEGEL ONLINE | SPIEGEL ONLINE | FAZ.NET | FAZ.NET | FAZ.NET

BND bedroht die Pressefreiheit

Deutschland, Berlin, 26.09.2016 - Kundgebung „BND-Gesetz stoppen“ vor dem Berliner Reichstag

2. März 2017

Reporter ohne Grenzen legt Verfassungsbeschwerde gegen die Massenüberwachung des Bundesnachrichtendienstes ein, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht.
Konkret richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die „strategische Fernmeldeüberwachung“ des BND im Jahr 2013: Nach allem, was über den Umfang der Überwachung vor allem des E-Mail-Verkehrs zwischen In- und Ausland sowie über die vom BND verwendeten Suchkriterien bekannt ist, müsse Reporter ohne Grenzen davon ausgehen, dass auch zahlreiche E-Mails der Organisation erfasst wurden – und dass diese Praxis unverhältnismäßig und nicht vom G-10-Gesetz gedeckt sei. Dies beeinträchtige massiv die Arbeit von Reporter ohne Grenzen und verletze die Interessen der Organisation.
Die Journalistenorganisation wendet sich insbesondere auch gegen die Löschfrist für Protokolldaten, welche im G-10-Gesetz festgelegt ist. Mit dieser Löschfrist muss der BND jegliche Informationen über die Vernichtung von erhobenen Personendaten mitschreiben. Diese Protokolle werden schließlich per Gesetz wiederum gelöscht. So lässt sich die geheime Arbeit des Dienstes im Nachhinein nicht nachverfolgen.

Das Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, Matthias Spielkamp, betont die Gefahren von Überwachung für die Arbeit von Journalisten. Insbesondere im Kontakt mit Bürgern anderer Länder gefährde das Mitschneiden die Kommunikation und journalistische Arbeit:

Die Massenüberwachung durch den BND stellt den journalistischen Quellenschutz und damit einen Grundpfeiler der Pressefreiheit in Frage. Die bisherige Rechtsprechung verweigert den Betroffenen einen wirksamen Rechtsschutz gegen diese weitreichende Überwachungspraxis. Wir sind zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht diesen unhaltbaren Zustand endlich beenden wird.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Reporter ohne Grenzen

Drei Jahre Untersuchungsausschuss

Die drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen

24. Februar 2017

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss ist vorbei. Also die öffentlichen Anhörungen. Jetzt wird noch der Abschlussbericht geschrieben. Das sind diese tausend Seiten, wegen denen man die ganze Arbeit ja eigentlich macht. Die dann aber doch fast niemand liest.
Drei Jahre lang wurde ganz schön viel Aufwand betrieben: 2.400 Aktenordner wurden gelesen, 131 mal tagte das Gremium, davon 66 mal öffentlich mit Sachverständigen und Zeugen…

Eigentlich passiert all das, um die Überwachungs- und Spionageaffäre der Snowden-Enthüllungen aufzuklären. Der Einsetzungsbeschluss des Ausschusses definiert den Untersuchungsauftrag in 31 zu beantwortenden Fragen. Die allererste: Überwachen die Geheimdienste der Five-Eyes-Staaten „Kommunikations- und Datenverarbeitungsvorgänge von, nach und in Deutschland“?
Aber trotz Gründungsanlass (Snowden-Enthüllungen) und Untersuchungsauftrag (Snowden-Enthüllungen) ging es im Ausschuss erstaunlich wenig um… die Snowden-Enthüllungen. Also darum, dass unsere digitale Welt komplettüberwacht wird.
Zwar wurden mit William Binney, Thomas Drake und Brandon Bryant drei Whistleblower aus den USA gehört, dazu ein paar Sachverständige aus NGOs und Zivilgesellschaft aus USA und Großbritannien. Aber der Ausschuss hat es nicht geschafft, auch nur einen einzigen Politiker oder Geheimdienstler der Five Eyes anzuhören. Zwar flog eine Delegation selbst mal in die USA, hat aber schon vorher keine Erwartungen geweckt. Völlig berechtigt, angesichts des kläglichen Ertrags. Noch nicht mal die großspurig angekündigten Chefs der PRISM-Firmen Apple, Facebook, Google und Microsoft haben sich genötigt gefühlt, der Einladung des Ausschusses zu folgen…

Dennoch: Der Ausschuss hat einiges herausgefunden. Zum Beispiel, dass auch der BND oft an die Grenzen des Gesetzes geht – und auch darüber hinaus. Manchmal durch gewagte und geheime Rechts-Konstrukte (Weltraum-Theorie, Funktionsträger-Theorie, Theorie des virtuellen Auslands…), manchmal durch offenen Rechtsbruch. Die Bundesdatenschutzbeauftragte hat 18 schwerwiegende Rechtsverstöße festgestellt – in einer einzigen Außenstelle.
Und das Thema Ausspähen unter Freunden, Merkels berühmter Satz. Der BND hat 14 Millionen Selektoren von der NSA bekommen und ungeprüft seine Massenüberwachung nach diesen Abhör-Zielen durchsucht. Als der BND diese Abhör-Ziele nach Snowden mal überprüft hat, hat er rausgefunden, dass 40.000 davon Freunde betrafen. Die durfte dann Kurt Graulich als V-Mann der Bundesregierung mal angucken. Der Ausschuss durfte diese 40.000 abgehörten Freunde nicht einsehen, das haben Bundesregierung und Große Koalition verhindert. Weil die USA nicht ausdrücklich zugestimmt haben.
Aber auch der BND hat tausende Freunde in Deutschland und Europa abgehört, ganz ohne NSA. Nach einem Beweisbeschluss der – angesichts knapper Ressourcen heldenhaft arbeitenden – Opposition kamen nochmal tausend überwachte Freunde ans Licht. Oder, wie es im Geheimdienst-Sprech heißt: „3.300 Teilnehmer mit rund 15.000 Telekommunikationsmerkmalen“, die „einen EU/NATO-Bezug aufweisen“ und die der BND „gesteuert“ hat in seiner „Erfassung“…

Und die Konsequenz aus den gewonnenen Erkenntnissen ist gleich der nächste Skandal. Es wird nicht etwa die Geheimdienst-Praxis an das Gesetz angepasst, sondern die Gesetze werden an die Geheimdienst-Praxis angepasst. Ein Jahr vor Ende des Ausschusses hat die Große Koalition eine Änderung des BND-Gesetzes beschlossen. Damit wird alles, was der BND macht, legalisiert – und sogar noch ausgeweitet…
(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Palantir hilft bei der Überwachung

22. Februar 2017

Palantir Technologies ist ein US-amerikanischer Anbieter von Software und Dienstleistungen, der sich auf die Analyse großer Datenmengen (Big Data) spezialisiert hat. Zu den Kunden des Unternehmens gehören insbes. die US-Nachrichtendienste.
Neue NSA-Dokumente, die von The Intercept veröffentlicht wurden, zeigen, dass Palantir an der Entwicklung von Spionagewerkzeugen der NSA beteiligt war, insbesondere bei der "NSA-Suchmaschine" XKeyScore.
Z.B. kann Palantir genutzt werden, um den weltweiten Einflussbereich Irans zu analysieren:

derStandard.at zitiert The Intercept:

Die Enthüllung sorgt für Aufsehen, da Palantir-Mitgründer Peter Thiel einer der wichtigeren Berater im Umfeld von US-Präsident Donald Trump ist. Thiel, der bei Palantir als Chairman tätig ist, könnte aktiv mithelfen, das Überwachungsnetz der US-Behörden auf die Wünsche der Trump-Regierung zuzuschneiden.

The Intercept | derStandard.at | futurezone.at | YouTube | Wikipedia

BND: Überwachungskapazität massiv ausgebaut…

Satelliten-Abhör-Anlage des BND in Schöningen, Niedersachsen.

13. Februar 2017

Auf hoher See, im Flugzeug-Cockpit, in Krisengebieten, entlegenen Gegenden oder nach Naturkatastrophen: In vielen Situationen gibt es keinen herkömmlichen Mobilfunk-Empfang. Um trotzdem kommunizieren zu können, greift man dann zu Satelliten-Telefonen. Diese funktionieren ähnlich wie andere Mobiltelefone, senden und empfangen aber über Satelliten statt Funkmasten.
Der deutsche Auslandsgeheimdienst baut jetzt seine Überwachung dieser Satelliten-Kommunikation aus. Für „eine erhebliche Erweiterung der Erfassung“ gibt der BND sechs Millionen Euro aus, den Großteil davon in diesem Jahr. Die Spione haben mehrere Mobilfunk-Anbieter im Visier, darunter auch die Anbieter Inmarsat und Thuraya.
Schon lange wird die weltweite Satelliten-Kommunikation von unterschiedlichen Geheimdiensten überwacht. Bereits 2001 belegte das Europäische Parlament „die Existenz eines globalen Abhörsystems für private und wirtschaftliche Kommunikation“ mit dem Namen Echelon. Mit der Ausbreitung des Internets hat sich die geheimdienstliche „Fernmeldeaufklärung“ (SIGINT) auf die Überwachung von Glasfasern und Netz-Knoten verlagert – ohne jedoch klassische Telefon- und Satelliten-Kommunikation aus den Augen zu verlieren.

Diese Überwachung des BND beschränkt sich nicht auf Terroristen, sondern passiert massenhaft. Schon im Jahr 2006, also vor über zehn Jahren, sammelte der BND allein in Schöningen eine halbe Millionen Kommunikations-Inhalte aus Satelliten-Funk – jeden Tag. Das geht aus einem Snowden-Dokument hervor, das der Spiegel vor zwei Jahren veröffentlicht hat…
Und das sind nur Inhalts-Daten: Metadaten speichert der BND 220 Millionen – jeden Tag

Thuraya und Inmarsat sind zwei der kommerziellen Anbieter von Satelliten-Kommunikation. Thuraya hat seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten und deckt mit drei Satelliten vor allem Europa, Nordafrika und Asien ab…
Inmarsat hingegen steht für „Internationale Seefunksatelliten-Organisation“ und wurde ursprünglich von den Vereinten Nationen gegründet, um Seenot- und Sicherheitsfunk für die Schifffahrt zu verbessern. Laut internationalem Abkommen wird die Organisation „nur für friedliche Zwecke tätig“. Seit 1999 ist Inmarsat ein britisches Unternehmen und wird nicht mehr nur von Handelsschiffen eingesetzt, sondern auch von „Regierungen, Fluggesellschaften, Rundfunk, Öl- und Gasindustrie, Bergbau, Baugewerbe und humanitären Hilfsorganisationen“.
Inmarsat betreibt derzeit zwölf Satelliten, die einen Großteil der Erde abdecken. Schon seit Mitte der Neunziger Jahre laufen die Satelliten der dritten Generation, seit 2005 werden sie von der vierten und seit 2013 von der fünften Generation ersetzt. Um auch diese aktuellen Systeme abhören zu können, erneuert der BND seine Inmarsat-Technik mit dem Projekt „Ausbau bestehender Systeme Inmarsat an neue technische Herausforderungen“ (ABSINTH)…
Den Ausbau der Überwachungs-Kapazitäten treibt der BND auch in zwei weiteren Projekten voran: ZERBERUS und VISTA. ZERBERUS steht hier… für die „Zukunftsfähige Erweiterung bestehender Erfassungstechnologien und -systeme“. Für 9,5 Millionen Euro will der Geheimdienst bestehende Abhör-Fähigkeiten ausbauen und neue schaffen…
Weitere 11,5 Millionen Euro investiert der BND in die „Verbesserung der Informationsverarbeitungs- und Selektionsfähigkeit der Technischen Aufklärung“ VISTA
Das geht Hand in Hand mit der 300 Millionen teuren „Strategischen Initiative Technik“, mit der der BND seine Internet-Überwachung massiv ausbaut.
Neben der Überwachung von Telekommunikation, die von Satelliten übertragen wird, nutzt der BND auch Spionage-Satelliten, um hochauflösende Bilder der Erdoberfläche zu erhalten – Fachbegriff Imagery Intelligence (IMINT). Im November berichtete der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, dass der BND erstmals eigene Spionage-Satelliten bekommt. Nach unseren Informationen handelt es sich dabei um mindestens drei Stück.
(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Netzüberwachung im NSA-Stil

Bundesnachrichtendienst
Bild: Soto/YouTube
arte

2. Januar 2017

Seit Silvester sind die Änderungen des BND-Gesetzes und des Telekommunikationsgesetzes in Kraft, die die Überwachungsbefugnisse des BND erweitern und dadurch auch die bisherige, z.T. ungesetzliche Praxis, nachträglich legalisieren.
heise online hebt u.a. diese Aspekte hervor:

Die große Koalition hatte das Gesetz, mit dem der Auslandsgeheimdienst nun offiziell Netzknoten wie den Frankfurter De-Cix ausspähen darf, im Herbst im Eiltempo durch Bundestag und Bundesrat gebracht.
Der BND kann nun auch "vom Inland aus mit technischen Mitteln Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus Telekommunikationsnetzen erheben und verarbeiten". Voraussetzung ist, dass über die Kabel "Telekommunikation von Ausländern im Ausland erfolgt". Eine nennenswerte Hürde ist das nicht, da sich im Internet mit IP-Verkehren zwischen in- und ausländischen Inhalten kaum unterscheiden lässt…
Das Gesetz gestattet es dem BND zudem, Milliarden von Verbindungs- und Standortdaten sechs Monate auf Vorrat zu speichern und mit bislang "unbekannten Anschlusskennungen" abzugleichen. Unklar ist, wie sich dies mit dem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu derlei Eingriffen verträgt. Die Agenten dürfen zudem Informationen mit ausländischen Geheimdiensten wie der NSA etwa über "gemeinsame Dateien" austauschen – teils sogar automatisiert…

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte koordiniert eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue BND-Gesetz.

Bundesgesetzblatt | heise online | Gesellschaft für Freiheitsrechte

Snowden: "Es ging nie um Terrorismus"

Edward Snowden auf dem 33. Chaos Communication Congress (33C3)
Bild: ccc-tv

30. Dezember 2016

heise online berichtet vom 33. Kongress des Chaos Computer Clubs:

Mit einem überraschenden Auftritt hat der NSA-Whistleblower Edward Snowden einen dringlichen Appell an die Besucher des Chaos Communication Congress in Hamburg gewandt. "Es ging nie um Terrorismus, da diese Maßnahmen gegen Terrorismus nicht effektiv sind", erklärte der NSA-Whistleblower per Videoschaltung. "Es geht nicht um Sicherheit oder den Schutz, sondern es geht um Macht." So seien die Überwachungsinstrumente der Geheimdienste darauf ausgerichtet, Momente der Schwäche ausfindig zu machen — egal ob es um Verdächtige oder um normale Bürger geht.
Bei der Aufklärung der Geheimdienstpraktiken spiele Deutschland eine historische Rolle, da kein anderes Land, einen Untersuchungsausschuss zu den Überwachungspraktiken eingerichtet habe. Allerdings fürchteten sich dessen Mitglieder davor, gegen befreundete Staaten vorzugehen, aus Angst politisches Kapital zu verlieren.

netzpolitik.org ergänzt:

Zum Schluss versuchte er die Anwesenden zu motivieren, gegen die Massenüberwachung einzutreten. Es reicht nicht, nur darüber zu reden, sondern man soll sich fragen, was man tun kann. Quellcode beitragen, ein Tool entwickeln oder einen neuen Service starten – es gibt viele Möglichkeiten, für seine Überzeugungen einzustehen. Snowden verabschiedete sich mit den Worten:
Aber ihr müsst aktiv werden, es ist nicht genug, nur an etwas zu glauben, meine Damen und Herren. Wenn wir wollen, dass die Dinge besser werden, dann müsst ihr für etwas eintreten.

heise online | netzpolitik.org | ccc-tv

„Diebische Elster“ über den Wolken

Präsentation des GCHQ erklärt GSM-Funk in Flugzeugen

7. Dezember 2016

Seit mindestens acht Jahren überwachen die NSA und sein Partnerdienst GCHQ den Mobilfunk über den Wolken, wie aus Snowden-Dokumenten hervorgeht, über die das Online-Magazin "The Intercept" und die Zeitung "Le Monde" berichten.
heise online erläutert:

Aus einer GCHQ-Präsentation von 2012 geht hervor, dass die Briten über das Programm "Southwinds" alle GSM-Mobilfunkaktivitäten einschließlich Telefonaten, SMS sowie Verbindungs- und Standortdaten in Flugzeugen sammeln…
Die abgehörten Daten würden dann abgeglichen mit den Passagierlisten, Flugnummern und Airline-Codes, um den Namen eines Nutzers ausfindig zu machen. Mit im Zentrum entsprechender bekannter Spionageprogramme, die oft mit Vogelnamen verknüpft waren und Titel wie "Thieving Magpie" oder "Homing Pigeon" trugen, habe spätestens seit 2005 neben Air Mexico auch Air France gestanden.

heise online | The Intercept | Ars Technica | DocumentCloud

BVerfG: Staatswohl geht vor Geheimdienstkontrolle

Bild: Andreas

15. November 2016

Die Bundesregierung muss dem NSA-Untersuchungsausschuss keinen Einblick in die Liste inaktiver NSA-Selektoren gewähren, entschied das Bundesverfassungsgericht. Da Geheimhaltungsinteressen der USA betroffen seien, dürfe die Bundesregierung nicht frei über die Informationen verfügen…
Der BND hatte jahrelang anhand dieser Selektoren, die als Suchkriterien fungierten, der NSA Informationen geliefert. Unter den Selektoren waren auch solche, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen. Bekannt wurde unter anderem, dass auf den Listen auch Regierungen und Institutionen europäischer Länder standen, beispielsweise der französische Außenminister.
Im September 2015 hatten die Fraktionen der Grünen und Linken im Bundestag Organklage beim BVerfG eingereicht. Sie sollten die Listen nicht einsehen dürfen und sahen dadurch ihr Recht auf Aktenvorlage im NSA-Untersuchungsausschuss von der Bundesregierung beschnitten…

Konstantin von Notz, Obmann der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss, ist enttäuscht:

Der Beschluss ist eine herbe Enttäuschung und ein schwerer Schlag für die notwendige Kontrolle der Arbeit von Geheimdiensten in einem Rechtsstaat. Weite Teile der jahrelangen, rechtswidrigen BND-Praxis werden jetzt absehbar im Dunkeln bleiben. Das Gericht legt die Kontrolle damit ein Stück weit in die Hand von Whistleblowern. Nach diesem Beschluss muss der Gesetzgeber zwingend die Kontrollrechte des Parlaments und der zuständigen Datenschutzaufsicht bei internationalen Kooperationen neu regeln. Im Ergebnis ist es inakzeptabel, dass die Dienste bestimmen können, ob sie kontrolliert werden oder nicht. Weitere Skandale und massive Grundrechtsverletzungen sind so vorprogrammiert.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | ZEIT ONLINE

Der Kampf um Privatsphäre wird auf den Titelseiten gewonnen

Edward Snowdens Interview mit Dan Gillmor — Süddeutsche Zeitung Editors Lab
Bild: Screencopy Global Editors Network

27. Oktober 2016

Bei einer von Süddeutscher Zeitung und dem Global Editors Network ausgerichteten Veranstaltung zur Zukunft des investigativen Journalismus war auch Edward Snowden live zugeschaltet.

Edward Snowden [kritisierte], dass er in Deutschland kein Asyl bekomme. Dies geschehe, obwohl der Bundesregierung klar sei, dass durch seine Veröffentlichungen niemand zu Schaden gekommen ist und die Strafverfolgung durch US-Behörden politisch motiviert ist.
Besonders enttäuscht zeigte Snowden sich darüber, dass in diesem Zusammenhang mit der Angst vor einer Bestrafung durch die USA argumentiert wird. Die Drohkulisse, die Vereinigten Staaten könnten Geheimdienstkooperationen einstellen und Informationen zurückhalten, von denen das Leben deutscher Bürger abhängt, sei eine beschämende Fantasie.

Wenn Menschenrechte verhandelbar werden, weil es da eine andere mächtige Regierung gibt, die Vorteile verspricht, wenn man nicht auf die Menschenrechte achtet – wie soll Deutschland sich da etwa China gegenüberstellen, wenn dort ein solcher Fall eintritt?

Entsprechend der thematischen Ausrichtung der Veranstaltung drehte sich ein großer Teil des Gesprächs um Verantwortung und Möglichkeiten des Journalismus. Der ehemalige NSA-Dienstleister nutzte die Gelegenheit, sein einflussreiches Publikum für die Gefahren zu sensibilisieren „Könnt ihr eure Quellen geheim halten?“, fragte Snowden in dem knapp 70-minütigen Gespräch. Das „goldene Zeitalter der Überwachung“ stelle gerade für den Journalismus eine große Gefahr dar, so Snowden. Erneut betonte Snowden, dass der Kampf um Privatsphäre nur politisch und nicht technisch zu gewinnen sei. Deshalb spiele journalistische Berichterstattung so eine entscheidende Rolle und deshalb befürworte er die (verantwortungsvolle) Veröffentlichung von geheimen Informationen, die im öffentlichen Interesse liegen.

Journalisten trifft es zuerst. Sie werden immer mehr zu einer bedrohten Klasse, wenn wir an das Recht auf Privatsphäre denken. Ich kann Tipps geben, wie ihr eure Kommunikation schützen könnt, aber das ist ein Kampf, den ihr so nicht gewinnen könnt. Ihr müsst ihn auf den Titelseiten führen und ihr müsst ihn gewinnen, wenn ihr in der Zukunft in der Lage sein wollt, so zu berichten, wie ihr es bislang konntet.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Süddeutsche.de | Global Editors Network/YouTube

BND: Überwachungsbefugnisse erweitert

Fassade BND Berlin

21. Oktober  2016

Mit den Stimmen der großen Koalition stimmte der Bundestag am Freitag für eine Reform des Bundesnachrichtendienstes, der die Überwachungsbefugnisse des BND deutlich erweitert. Die Opposition stimmte dagegen.
netzpolitik.org fasste am 18. Oktober fünf drastische Folgen dieser Reform so zusammen:

  1. Abhören wird jetzt auch im Inland legal:
    Der Auslandsgeheimdienst hat bisher ohne Erlaubnis auch im Inland Infrastrukturen angezapft. Das soll mit dem neuen Gesetz legal werden.
  2. 100 Prozent Überwachung statt Limits:
    Bisher durfte der BND nur einzelne Leitungen abhören – und davon nur 20% des Datenverkehrs abgreifen. Mit dem neuen Gesetz sollen beide Grenzen wegfallen.
  3. Gummiparagrafen statt klarer Abhörgründe:
    Schon bisher gab es für den Bundesnachrichtendienst keine klaren Überwachungsgründe als Begrenzung. Mit den neuen Regeln lässt sich nun wirklich alles rechtfertigen.
  4. Vorratsdatenspeicherung für die NSA:
    Der BND sammelt ohne Erlaubnis auch Metadaten – und gibt davon monatlich 1,3 Milliarden an die NSA weiter. Das soll jetzt mit dem neuen Gesetz legalisiert werden.
  5. Noch mehr Gremien statt echter Kontrolle:
    Die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste ist schon jetzt in drei schwache Gremien zersplittert. Ein viertes macht es auch nicht besser.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Heise-online titelt

BND-Reform: Bundestag beschließt Internetüberwachung à la NSA

und lässt abschließend auch die Opposition zu Wort kommen:

"Dies ist ein schlechter Tag für die Geheimdienste und die Demokratie", meinte der Grüne Konstantin von Notz. Es bleibe beim "desaströsen Bild des BND" in der Öffentlichkeit, für das die Politik Verantwortung trage. Das Gesetz werde vor dem Europäischen Gerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht scheitern, prophezeite der Grüne. Der BND habe die digitale Welt zum grundrechtsfreien Raum erklärt und gezeigt, dass "Ausspähen unter Freunden volle Kanne geht". Diese Probleme verschärfe Schwarz-Rot nun.

netzpolitik.org | heise online | Süddeutsche.de | SPIEGEL ONLINE

E-Mails aller Nutzer durchsucht

Yahoo!

4. Oktober 2016

Yahoo hat im Auftrag amerikanischer Geheimdienste alle eingehenden E-Mails aller Nutzer nach bestimmten Selektoren durchsuchen müssen. Das Unternehmen steht nur Wochen nach einem bekannt gewordenen Datenleck damit schon wieder in der Kritik.
Wie Reuters exklusiv meldet, hat Yahoo im Jahr 2015 ein Programm gebaut, mit dem es im Auftrag amerikanischer Geheimdienste alle eingehenden E-Mails aller Nutzer nach bestimmten Selektoren durchsuchte.
Yahoo kam damit einer geheimen staatlichen Anordnung nach, wobei die Anfrage nach Auskunft der Quellen auf FBI oder NSA zurückgeht. Anfragen in dieser Breite und für so viele Accounts sind ungewöhnlich. Reuters schreibt, dass es der erste Fall sei, bei dem der gesamte Mailverkehr eines Unternehmens durch einen Geheimdienst durchsucht werde. Unklar ist auch, ob andere Firmen ähnliche Anordnungen erhalten haben.
Da das Spionage-Programm offenbar an Yahoos Sicherheitsabteilung vorbei installiert worden sei, hätte diese das Programm im Mai 2015 für einen Hackerangriff gehalten, berichtet Reuters. Yahoos Sicherheitschef Alex Stamos verließ daraufhin das Unternehmen.
Auf Anfrage nach dem Vorfall erläuterte ein Sprecher von Yahoo nur, dass man sich an Gesetze halte. Yahoo kommt aus den negativen Schlagzeilen nicht raus. Erst kürzlich wurde bekannt, dass 500 Millionen Nutzerdaten bei einem Hack abgeflossen seien… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

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