Kein Ehrendoktor für Snowden

Bild: CC-by-sa Darkone/Wikimedia

3. September 2014

Anfang April 2014 hatte die Philosophische Fakultät der Uni Rostock beschlossen, Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen: Er stehe in der Tradition von US-Bürgerrechtlern.
Die Fakultät hatte sieben internationale Gutachter beauftragt, die alle die Verleihung der Ehrendoktorwürde bejahten, da Snowdens Veröffentlichungen auch von wissenschaftlicher Bedeutung seien. "Auf eindrucksvolle Weise arbeiten alle Gutachten die wissenschaftliche Bedeutung des von Snowden aufgedeckten Wissens heraus und empfehlen einstimmig die Verleihung einer Ehrendoktorwürde", heißt es in einer Mitteilung.
Im Mai meldet der Rektor der Uni Rostock Bedenken an, Mitte Juni sprach sich der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern dagegen aus, und nun endgültig auch das Bildungsministerium…

Mike Herbst – Flickr

Brief an die Kanzlerin

2. September 2014

Alarmiert von der Anti-Russland-Hysterie, die durch Washington fegt, und durch das Gespenst eines neuen Kalten Krieges, haben sieben ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter – unter ihnen William Binney, ehemaliger Technischer Direktor der NSA – den ungewöhnlichen Schritt unternommen, ein Memorandum an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu senden, in dem sie die Zuverlässigkeit ukrainischer und US-amerikanischer Angaben über die russische “Invasion” anzweifeln.
Sie erinnern an die vor 12 Jahren von amerikanischen Geheimdiensten gefälschten Beweise der Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen, die der UN offiziell präsentiert wurden und als Rechtfertigung für den Angriff auf den Irak dienten. Sie fordern die Kanzlerin auf, auch den jetzt im Ukraine-Konflikt vorgelegten „Beweisen“ nicht blind zu vertrauen.

Türkei: Partner und Opfer

31. August 2014

Nicht nur Deutschland spionierte in der Türkei. Die US-amerikanische NSA interessierte sich für die Absichten der türkischen Regierung und die militärische Infrastruktur und hackte sich erfolgreich ins türkische Regierungsnetzwerk ein. Der britische GCHQ verschaffte sich Zugang zum Energieministerium und den führenden Konzernen des Energiesektors.
Die Türkei profitierte aber auch von der NSA. So wurden amerikanische Informationen für den Kampf gegen die kurdische Separatistenorganisation PKK genutzt: "Man habe Lokalisierungsdaten und Telefonmitschnitte von PKK-Mitgliedern an die Türkei übergeben: Das hat zum Tod oder der Gefangennahme von Dutzenden PKK-Anführern geführt. Zeitweise gab die NSA die Handy-Positionsdaten von PKK-Führern alle sechs Stunden an die Türken weiter, während militärischer Offensiven sogar im Stundentakt."

"Aufstehen statt Aussitzen"

Bild: CC-by-nc Mike Herbst/Flickr

30. August 2014

Zur diesjährigen Großveranstaltung "Freiheit statt Angst" unter dem Motto "Aufstehen statt Aussitzen" kamen am Samstag mehrere tausend Menschen in Berlin zusammen und demonstrierten erneut für mehr Datenschutz und gegen die Massenüberwachung durch Staat und Wirtschaft.
Zu dem Protestmarsch hatte wieder ein breites Bündnis aus Bürgerrechtlern, Parteien und anderen Organisationen aufgerufen. Es erstreckte sich vom AK Vorratsdatenspeicherung, Digitalcourage, Chaos Computer Club (CCC), Attac und Amnesty International über Piraten, Linke, Grüne und FDP bis zu Naturfreunden und Verbraucherzentralen.
Auch ein Jahr nach den Enthüllungen von Edward Snowden machten NSA, GCHQ und BND einfach weiter, schöpften flächendeckend und verdachtsunabhängig Daten ab und die Bundesregierung versuche dies einfach auszusitzen!

Bundesländer ziehen Konsequenzen

Bild: public domain ZUM-Wiki

29. August 2014

Nahezu alle Bundesländer ziehen rechtliche Konsequenzen aus dem NSA-Abhörskandal. Recherchen von NDR, WDR und SZ zufolge haben 15 Bundesländer ihre Vergaberichtlinien für IT-Dienstleister verschärft oder planen dies. Ziel ist es, Unternehmen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen, die vertrauliche Informationen an ausländische Nachrichtendienste weitergeben könnten. Zahlreiche Landesverwaltungen hatten in den vergangenen Jahren Verträge mit IT-Unternehmen geschlossen, deren Konzerne im Verdacht stehen, mit ausländischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Nun überprüft beispielsweise Niedersachsen konkret seine Geschäftsbeziehungen zu Vodafone.

Freiheit und Anerkennung

Bild: Plakat Worldwide Reading

28. August 2014

Das internationale literaturfestival berlin (ilb) ruft alle Menschen, Institutionen, Schulen und Medien, denen Freiheit und Bürgerrechte wichtig sind, zur Teilnahme an einer weltweiten Lesung für Edward Snowden am 8. Sept. 2014 auf.
Damit fordern wir die US-amerikanische Regierung auf, anzuerkennen, dass Edward Snowdens Enthüllungen für die Bewahrung der Demokratie im digitalen Zeitalter von essenzieller Bedeutung sind und dass sein Handeln vom Universal Unwritten Rule of the Ethical Right gedeckt ist. Washington muss alle Beschuldigungen und rechtlichen Schritte gegen Snowden zurücknehmen, damit er als freier Mann und in Sicherheit nach Hause zurückkehren kann…
Wir fordern, dass die Mitgliedstaaten der EU, in Anerkennung der Bedeutung seiner Enthüllungen, Edward Snowden Asyl gewähren

Spirale des Schweigens

Bild: CC-by Malte

27. August 2014

Wenn das Gesprächsthema auf den NSA-Abhörskandal und die Whistleblower-Affäre rund um Edward Snowden fällt, neigen US-Bürger im Internet verstärkt zur Selbstzensur.
Wie aus einem aktuellen Bericht des Pew Research Centers hervorgeht, haben rund 86 Prozent der Erwachsenen in den USA kein Problem damit, dieses sensible Thema persönlich im Kreis von Freunden, Verwandten oder Arbeitskollegen zu diskutieren. Sobald die Debatte allerdings im Web geführt werden soll, schreckt ein Großteil der US-User vor einer entsprechenden Stellungnahme zurück. Dies gilt insbesondere für Social-Media-Portale wie Facebook oder Twitter, auf denen nur 43 beziehungsweise 41 Prozent gewillt sind, über die Spionageenthüllungen und deren Konsequenzen zu sprechen.

Das Geheimdienst-Google

Bild: Screencopy The Intercept

25. August 2014

Die NSA hat eine eigene Google-artige Suchmaschine geschaffen, um Informationen auch an andere US-Behörden zu übermitteln: ICReach. Bereits im Jahr 2007 lagen in den Datenbanken des Systems mehr als 850 Milliarden Einträge, die täglich um weitere ein bis zwei Milliarden Einträge anwuchsen. Damit stellt die NSA hunderte Milliarden Metadaten zu Anrufen, E-Mails und Internetchats, Standortdaten von Handys für mehr als tausend Analysten in 23 US-Behörden zur Verfügung.
ICReach durchsucht Datenbanken, die unter Rückgriff auf eine präsidiale Befugnis (Executive Order 12333) aus den frühen 80er Jahren befüllt wurden. Dieser Teil der Überwachung – von dem vor allem Nicht-Amerikaner, also etwa Deutsche betroffen sind – findet ohne juristische Aufsicht und unter minimaler Kontrolle des US-Parlaments statt.

CCC für Snowden und Manning

Bild: Logo des Chaos Computer Club

24. August 2014

„Seit seiner Gründung vor mehr als dreißig Jahren setzt sich der [Chaos Computer Club] CCC für die Informationsfreiheit ein. Whistleblower verdienen nicht nur unseren Respekt: Wir unterstützen die europäischen Anwälte von Edward Snowden auch finanziell…
In der ersten Jahreshälfte beschloss die Mitgliederversammlung außerdem, Edward Snowden die Ehrenmitgliedschaft anzubieten. Diese Ehrenmitgliedschaft im CCC wurde von ihm herzlich und gern angenommen…
Zweifelsohne haben auch Chelsea Mannings mutige Aktionen denselben Kern. Auch ihr wurde von der Mitgliederversammlung des CCC die Ehrenmitgliedschaft angeboten, um unserer Unterstützung Ausdruck zu verleihen. Sie nahm unser Angebot an, und es ist uns eine große Ehre, sie zu unseren Mitgliedern zählen zu können!“

Cyber Security Challenge

Bild: Screencopy Frederick Day/YouTube

21. August 2014

Aus den Unterlagen von Edward Snowden ist bekannt, dass neben der NSA insbesondere der britische Geheimdienst GCHQ (Government Communications Headquarters) den weltweiten Internetverkehr bedenkenlos abgreift und auswertet. Die vielfältigen, oft zwielichtigen Überwachungsaktivitäten des Dienstes haben sein Image nicht nur gefördert.
Das Rekrutieren neuer Mitarbeiter ist dadurch nicht leichter geworden. Der Geheimdienst sucht jetzt auf ungewöhnlichen Wegen nach Menschen, die vor allem seine Onlineaktivität unterstützen sollen. Als nützliches Mittel bei dieser Suche hat sich die Cyber Security Challenge erwiesen, eine Kombination aus Online- und Realspiel, in dem sich Kandidaten für einen Job als Cyber-Krieger qualifizieren können.

BND überwacht Türkei

Bild: Screencopy phoenix/YouTube

17. August 2014

Als im Oktober letzten Jahres bekannt wurde, dass die NSA jahrelang Telefonate von Kanzlerin Merkel abgehört hatte, stellte sie vor der Presse klar: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht!“.
Nun ist herausgekommen, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) nicht nur (versehentlich!) Gespräche der US-Außenminister Hillary Clinton und John Kerry abgehört und (zumindest zeitweise) gespeichert hat, sondern den NATO-Partner Türkei seit Jahren systematisch ausspäht.
Dass auch die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) nichts von diesen Vorgängen wussten, sorgt für großen Unmut. "Ganz offensichtlich unterläuft der BND die parlamentarische Kontrolle." sagte Grünen-Chef Cem Özdemir.

BND hörte Hillary Clinton ab

15. August 2014

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat in mindestens einem Fall ein Gespräch der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton abgehört. Zudem hat die deutsche Bundesregierung angeordnet, einen der Nato-Partner auszuspionieren. Das ergibt sich nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR aus den Dokumenten, die ein Spion im BND an den amerikanischen Geheimdienst CIA übergab. Der im Juli verhaftete Markus R. hat inzwischen gestanden, den USA in den vergangenen zwei Jahren mindestens 218 Dokumente geliefert zu haben.
Natürlich haben die USA inzwischen die von Markus R. gelieferten Informationen im Streit über US-Spionageaktionen in Deutschland genutzt. Das abgehörte Telefonat von Clinton nehmen sie als Beleg dafür, dass auch die Deutschen die USA ausspionierten…

Kolonisierung des Netzes

Bild: -Vorlagen paprika/123RF und marrakeshh/123RF

15. August 2014

Neue als streng geheim klassifizierte Dokumente der US-amerikanischen, der britischen und der kanadischen Geheimdienste, die dem Nachrichtendienst „heise online“ vorliegen, offenbaren die Strategie dieser Dienste, mit Portscans ganzer Länder, der Kartierung verwundbarer Systeme und ihrer Umfunktionierung das Netz zu kontrollieren.
Jede offene Tür wird ausgenutzt, jede verschlossene Tür ist eine Aufforderung zum Angriff, jedes Endgerät ist ein Zielsystem. Eine Folie zeigt, dass der britischen Geheimdienst GCHQ entsprechende Vollscans für insgesamt 27 Länder anbietet.
Zwei Informatiker der TU München haben allerdings einen Vorschlag entwickelt, um dem Abtasten nach verwundbaren Systemen im Netz Einhalt zu bieten.

Cyberabwehr “MonsterMind”

Bild: Screencopy Telam Tecnologia

13. August 2014

In einem umfangreichen Interview mit dem US-Magazin Wired hat Edward Snowden die Existenz eines Cyberkriegs-Programms der NSA enthüllt. Das Programm „MonsterMind“ (Monstergehirn) könne ausländische Cyberattacken automatisch erkennen und bekämpfen und sei permanent auf der Suche nach bekannten oder neuen Angriffsmustern. Jeder Angriff werde sofort blockiert.
Dieses Programm könnte auch so aufgerüstet werden, dass es automatisch – also ohne menschlichen Befehl – zurückschlägt. Da der Ursprung jedes Cyberangriffes aber verschleiert werden könne, würde ein solcher Gegenschlag (auch) Unschuldige treffen…
MonsterMind sei zugleich eine große Bedrohung der Privatsphäre, weil alle Datenströme erfasst werden müssten "von jedem, jederzeit".

Syrien: Internet-Blackout

13. August 2014

Im November 2012 war Syrien plötzlich tagelang vom Internet abgekoppelt. Rebellen und Regierung machten sich gegenseitig für den Blackout verantwortlich.
In einem ausführlichen Interview mit dem US-amerikanischen Technologie-Magazin „Wired“ hat Edward Snowden diesen Vorfall nun wohl aufgeklärt. Von einem Kollegen habe er erfahren, dass die Hacker-Abteilung Tailored Access Operations (TAO) des US-Geheimdienstes NSA versucht habe, einen wichtigen Router eines großen syrischen Providers zu übernehmen. Eine Sicherheitslücke sei ausgenutzt worden, um eine Software auf dem Router zu installieren. Doch der Angriff im November 2012 ging schief, und der Router fiel komplett aus. Statt Zugriff auf E-Mails und anderen Datenverkehr des Landes gab es einen Netzausfall.