„China und Russland sind so gut wie sicher im Besitz der Snowden-Dokumente“

Bild: Rama

16. Juni 2015

Glenn Greenwald hatte in seiner Replik auf den unseriösen Artikel der „Sunday Times“ vom 14. Juni schon darauf hingewiesen, dass die schamlosen Angriffe auf Edward Snowden keine neue Masche sind. Daniel Ellsberg, Chelsea Manning und andere Whistleblower sind in der Vergangenheit in gleicher Weise diffamiert worden.
Snowden selbst hat mehrfach unmissverständlich erklärt, dass er bei seiner Flucht aus Hongkong keine Dateien bei sich hatte. Diese habe er vorher den Journalisten übergeben, mit denen er zusammenarbeitete, und dann habe er seine eigene Kopie gewissenhaft vernichtet.
Nun wird Snowden aber von ganz anderer Seite gegen die Diffamierungen in Schutz genommen. Bruce Schneier, der renommierte Experte für Kryptographie und Computersicherheit ist sich ziemlich sicher, dass China und Russland im Besitz der Snowden-Dokumente sind, weil sie schon lange vor Snowden in die entsprechenden Netzwerke der NSA eingedrungen waren. Die Geheimdienste sollten daher nicht auf Snowden zeigen, sondern in den Spiegel schauen!
Schneier weist noch einmal darauf hin, dass Snowden beteuerte, dass er nichts nach Russland mitnahm und dass er die Dokumente auf eine Weise verschlüsselte, bei der er selbst keinen Zugang mehr haben konnte. Schneier hat keinen Zweifel an diesen Aussagen, da alle in Computersicherheit ausgebildeten Fachleute dies genauso handhaben würden.
Eine solche Verschlüsselung ist sehr stark, schwach ist aber die Sicherheit von Computern und Netzen. Die Schwachstelle ist folglich nicht Snowden, sondern sind alle, die mit solchen Dateien auf ihren Rechnern und in ihren Netzwerken umgehen. Das sind alle dazu berechtigten Mitarbeiter der Geheimdienste, aber auch die Journalisten, die diese Dateien bearbeiten. Auch wenn sie alle Vorsichtsmaßnahmen befolgen, wissen wir aus den Snowden-Dokumente, dass ein Geheimdienst wie die NSA schon 2008 außerordentliche Fähigkeiten entwickelt hatte, in Computer einzudringen, auch wenn sie besonders gesichert und nicht mit dem Netz verbunden waren.
Diese Fähigkeiten der NSA sind aber nicht einzigartig. Man muss davon ausgehen, dass andere Länder auch schon 2008 ähnliche Fähigkeiten besessen haben. Erfolgreiche Cyberangriffe der letzten Monate auch auf Netzwerke der US-Regierung zeigen, wozu Staaten wie China oder Russland fähig sind.
So wie der US-Geheimdienst Netzwerke anderer Staaten unbemerkt infiltriert hat und wie Snowden sich lange Zeit unentdeckt im Netz der NSA herumtreiben konnte, könnten dies dort auch fremde Geheimdienste getan haben. Man weiß es nicht, aber „sicherlich mussten Russland und China nicht auf Snowden warten, um an diese Dokumente zu kommen“ folgerte Bruce Schneier aus seiner Analyse.

„Britische Spione an Russen und Chinesen verraten“

Bild: CNN.com

16. Juni 2015

Mit dieser Schlagzeile erschien die „Sunday Times“ des Murdoch-Imperiums am 14. Juni 2015. In dem Artikel wird behauptet, russische und chinesische Geheimdienste hätten die von Edward Snowden gestohlenen streng geheimen Dokumente in ihren Besitz gebracht und entschlüsselt. Britische Agenten im Ausland seien deshalb gefährdet und müssten abgezogen werden. Quelle dieser Informationen seien führende Mitglieder aus Kreisen der britischen Regierung, des Innenministeriums und der Geheimdienste, bleiben aber ungenannt. Ein ebenfalls nicht genanntes hochrangiges Mitglied des Innenministeriums habe gesagt, dass Snowden „Blut an seinen Händen habe“. Allerdings gäbe es bisher keine Beweise, dass jemand zu Schaden gekommen wäre.
Der Journalist Glenn Greenwald reagierte als einer der Ersten auf die Anschuldigungen der „Sunday Times“. Er widerlegte einige der dort aufgestellten Behauptungen, verwies auf das Fehlen jeglicher Beweise und charakterisierte den Artikel als Journalismus der miesesten Art gespickt mit Unwahrheiten. Dies sei eine Gefälligkeitsarbeit für die britische Regierung.
Der Artikel der „Sunday Times“ hatte jedoch den erwünschten Effekt: Die renommierte Nachrichtenagentur Reuters übernahm die wesentlichen Passagen des Artikels und so ging die Meldung um die Welt!
In Deutschland griff – natürlich – die BILD-Zeitung die Meldung begierig auf, aber auch SPIEGEL ONLINE, ZEIT ONLINE und die FAZ, hinter der bekanntlich immer ein kluger Kopf steckt, übernahmen den Kern der Schlagzeile und wesentliche Inhalte mit leichten Einschränkungen.
Was tatsächlich am Artikel der „Sunday Times“ dran ist, versuchte dann der Nachrichtensender CNN in einem Interview mit Tom Harper, einem der Autoren des Artikels, herausfinden. Auf die Frage, woher die nicht genannten Quellen der Regierung wissen, dass die Dokumente geknackt worden seien, sagte Tom Harper: „Das weiß ich auch nicht… wir wissen nur, dass dies die offizielle Haltung der britischen Regierung ist.“ Kurz darauf, leicht abgewandelt: "Wir veröffentlichen nur, was wir für die derzeitige Haltung der britischen Regierung halten." Und auf Nachfragen zu den Details in seinem Artikel: "Ich weiß es nicht." Deutlicher kann man kaum sagen, dass man sich von der eigenen Regierung für skrupellose Propaganda hat einspannen lassen.

Cyberangriff auf US-Regierung

13. Juni 2015

Hacker sind in US-Regierungscomputer mit persönlichen Daten von Regierungsangestellten eingedrungen. Der schon vor einer Woche bekannt gegebene Angriff auf das Office of Personnel Management (OPM) hat sich nun als viel schwerwiegender herausgestellt als zuerst vermutet wurde. Abgegriffen wurden offenbar auch sensible, persönliche Daten von Mitarbeitern bei Polizei, Geheimdiensten und Militärs berichteten US-Medien unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter. Demnach erbeuteten die Hacker digitale Kopien eines Formulars, das Behördenmitarbeiter vor ihrer Sicherheitsfreigabe ausfüllen müssen, und in dem sie ihren persönlichen Hintergrund sowie ihr familiäres und privates Umfeld nahezu komplett offenlegen. Dazu gehören Angaben zum schulischen und beruflichen Werdegang, Drogenkonsum sowie zum Gesundheitszustand inklusive Medikamentengebrauch oder Krankenhausaufenthalte. Zudem sollen Namen und Anschriften von Familienangehörigen und Freunden genannt werden. Die Mitarbeiter müssen alle beruflichen und privaten Auslandskontakte sowie ihre Auslandsreisen auflisten. Sollten diese Daten in die Hände anderer Geheimdienste gefallen sein, wäre dies ein Desaster für die US-Sicherheitspolitik.
Betroffen sein sollen nun insgesamt 9 – 14 Millionen Personen.
Regierungsbeamte machten gegenüber mehreren US-Medien Hacker aus China für den Angriff verantwortlich. Die chinesische Botschaft in Washington wies diese Anschuldigungen zurück und nannte die Vorwürfe "unverantwortlich".
Bereits im vergangenen Jahr waren Hacker in die E-Mail-Systeme des Weißen Hauses und des Außenministeriums eingedrungen. Für diesen Angriff sollen Hacker aus Russland verantwortlich gewesen sein.

Freunde bespitzeln – geht doch!

13. Juni 2015

Die Arbeit des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages ist mühsam. Viele Zeugen haben erhebliche Erinnerungslücken. Dennoch wird allmählich sichtbar, dass vieles nicht korrekt abgelaufen ist, obwohl fast alle Verantwortlichen fast immer fast alles – den Vorgaben entsprechend – richtig gemacht hätten.
Auch von den öffentlichen Sitzungen des Ausschusses gibt es bekanntlich keine offiziellen Protokolle (außer denen, die bisher von WikiLeaks unerlaubt veröffentlicht worden sind). Informieren kann man sich zwar durch die von netzpolitik.org dankenswerter Weise veröffentlichten Live-Blogs der Sitzungen… Aber diese rudimentären Mitschriften sind natürlich letztlich nicht beweiskräftig.
Nun steht ja der Bundesnachrichtendienst (BND) seit einiger Zeit im Verdacht, aus eigenem Interesse oder dem des US-Dienstes NSA befreundete europäische Länder, insbesondere Frankreich und Österreich bespitzelt zu haben.
Der österreichische „Kurier“ hat sich nun offensichtlich das Protokoll der Sitzung vom 21. Mai 2015 besorgt, bei der BND-Chef Gerhard Schindler u.a. zu eben dieser Frage als Zeuge gehört wurde.
Nun schreibt der „Kurier“, dass Schindler bestätigt habe, „dass österreichische Regierungsbehörden, aber auch der Regierungssitz des französischen Präsidenten im Élysée-Palast [vom BND] ausspioniert wurden." Und BND-Chef Schindler habe gesagt, "dass er dabei keine rechtlichen Bedenken habe, da die Menschenrechtskonvention nur für das eigene Staatsgebiet gelte."
"Wir glauben, dass das rechtswidrig war", sagte Martina Renner, Abgeordnete der LINKEN, dem "Kurier".

Der Geist des Kanzleramts

10. Juni 2015

Kai Biermann kommentiert bei ZEIT ONLINE:

„Die Aufklärer kommen nicht weiter. Die alles entscheidende Frage des NSA-Untersuchungsausschusses kann nicht geklärt werden: Hat sich der Bundesnachrichtendienst dazu missbrauchen lassen, Deutschland und befreundete Länder auszuspähen? Die Antwort darauf steckt in der geheimen Liste der Suchbegriffe, über die seit Wochen diskutiert wird. Diese Selektoren belegen, was der BND auf Anfrage der NSA ausgeforscht hat. Die Liste zeigt, ob Firmen und Politiker in Europa das Ziel der Überwachung waren.
Doch der Untersuchungsausschuss darf die Liste nicht sehen, denn die Regierung fürchtet Ärger mit den USA. Sie will nicht offenlegen, wie die NSA arbeitet.“
„Die Obleute [der Ausschüsse des Bundestags] sollten die Akten sehen dürfen. Sie sollten zur Not die Bundesregierung darauf verklagen. Einen wie auch immer ausgestatteten Sonderermittler sollten sie auf keinen Fall akzeptieren. Weil die Grenze dessen erreicht ist, was sie an Schwärzungen, Lügen und gezielter Verschleierung hinnehmen dürfen.“

Heribert Prantl kommentiert in der Süddeutschen Zeitung:

„Es gibt Grundregeln des Parlamentarismus. Die Bundesregierung ist gerade dabei, sie außer Kraft zu setzen: Die Regierung will selbst bestimmen, wer die parlamentarischen Kontrollrechte wahrnimmt. Sie will den "Ermittlungsbeauftragten" bestimmen, der für das Parlament die Selektorenliste des BND einsieht und dem Parlament beziehungsweise seinen Ausschüssen dann darüber berichtet. Das ist, mit Verlaub, ein Witz.“

Die Regeln parlamentarischer Kontrolle des Regierungshandelns können nicht einfach mal so von der Regierung außer Kraft gesetzt werden – auch dann nicht, wenn die NSA und US-Interessen berührt sind. Die Freundschaft mit den USA ist ein hoher Wert, aber sie ist nicht mehr wert als die Verfassung. Und sie legitimiert nicht deren Missachtung.
"Die Bundesregierung hat ein Mandat des Parlaments und unterliegt dessen Kontrolle", sagt die Obfrau der Linkspartei, Martina Renner. Alles andere beschneide das Parlament und verhindere Aufklärung, sagen die Obleute.

Massenüberwachung ist Menschenrechtsverletzung

9. Juni 2015

Genau zwei Jahre, nachdem Edward Snowden durch den britischen Guardian und die Washington Post bekannt gegeben hatte, dass er der Whistleblower ist, der die anlasslose Massenüberwachung durch das Spähprogramm PRISM des US-amerikanischen Geheimdienstes NSA enthüllt hatte, führte „ZEIT ONLINE“ ein Interview mit Daniel Ellsberg, dem wohl bekanntesten US-amerikanischen Whistleblower, der 1971 die Pentagon Papers an Journalisten weitergegeben hatte, die die Lügen der US-Regierung über den Vietnamkrieg offenbarten.
Daniel Ellsberg fühlt sich den Whistleblowern Edward Snowden und auch Chelsea Manning, die vertrauliche Dokumente und Videos insbesondere zu Menschenrechtsverletzungen im Irakkrieg an WkiLeaks weitergegeben hatte, sehr verbunden.
Er ist äußerst besorgt über das Ausmaß der Massenüberwachung. „Tatsache ist jedenfalls, dass der heute bestehende Überwachungsapparat in der Lage ist, den genauen Aufenthaltsort Hunderttausender Menschen zu ermitteln – von Muslimen, Menschen aus dem Nahen Osten, Dissidenten, und so weiter. Ich glaube, dass sie, wenn es ein zweites 9/11 gäbe, über Nacht in Camps landen würden, so wie die Japaner in den USA im Zweiten Weltkrieg. Wir haben die Infrastruktur eines Polizeistaates geschaffen.“ Sagt Ellsberg und fügt besorgt hinzu: „Und die Deutschen erkennen das eher als Amerikaner.“
„Anlasslose Massenüberwachung… ist schlicht eine Menschenrechtsverletzung, die noch nicht einmal die Sicherheit erhöht.“
Auf die Frage, ob Deutschland Edward Snowden politisches Asyl anbieten sollte, sagte Ellsberg: „Aber natürlich! Deutschland schuldet ihm politisches Asyl. Das ist ein Menschenrecht. Er erfüllt die Bedingungen. Leider ist kein Land in Europa oder Lateinamerika bereit, sich in dieser Sache mit dem Weißen Haus anzulegen.“

Aufsicht und Kontrolle ausbauen!

Bild: Saeima

8. Juni 2015

Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarates, weist in einem aktuellen Papier darauf hin, dass alle Regierungen Europas an die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Verfassungen gebunden sind. Er sieht aber in praktisch allen 47 Mitgliedsländern Lücken in der Aufsicht der Dienste und drängt massiv auf eine Reform in allen Mitgliedsländern.
Im Gespräch mit der Zeitschrift c’t verweist er zuerst auf zwei gravierende Aspekte:
„Zum einen die Beteiligung von mehr als 25 Mitgliedsländern an rechtswidrigen Auslieferungen von Terrorverdächtigen an den US-Geheimdienst CIA. Wo waren da die Kontrolleure? Zum anderen durch die Enthüllungen zur Massenüberwachung von Edward Snowden. Die haben noch einmal gezeigt, dass die Aufsicht nicht funktioniert.“
„Wir haben die Lektion von Edward Snowden sehr schnell vergessen“, sagt er und nimmt dann exemplarisch zu Frankreich Stellung, wo nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo schnell verschärfte Überwachungsgesetze vorgelegt wurden. „Das Hauptproblem ist der geplante Verzicht auf eine Kontrolle durch die Gerichte und der Übergang von einer gezielten Überwachung zu einer Massenüberwachung. Das ist in hohem Maße problematisch.“
„Ein anderer Aspekt ist, dass die Massenüberwachung uns am Ende unsicherer macht. Der von Pieter Omtzigt vorbereitete Bericht der Parlamentarischen Versammlung liefert starke Argumente dafür, dass die massenhafte Überwachung Mittel abzweigt, die für die Aufklärung terroristischer Gefahren benötigt werden.“
Die parlamentarische Aufsicht ist wichtig, muss aber dringend ergänzt werden. „Das Norwegische EOS-Utvalget Komitee und CTIVD in den Niederlanden können die Dienste zu einer Prüfung aufsuchen und sich vor Ort Datenbanken und Dokumente anschauen. Das ist ein mächtiges Instrument, aber alleine reicht es auch nicht. Die Aufsicht durch die Gerichte, die vorab Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Überwachungsaktionen prüfen, sind wichtig.“

Rote Karte für Harald Range!

Bild: World2Awakens7/YouTube
tagesthemen/ARD

4. Juni 2015

Unter der Überschrift „Strafanzeige gegen Massenüberwachung der Geheimdienste: Wir lassen nicht locker.“ schreibt der Chaos Computer Club (CCC) unter anderem:
„Zwei Jahre nach Beginn der Snowden-Enthüllungen ist es längst überfällig, dass der Generalbundesanwalt die Erkenntnisse aus den Geheimdienstaffären für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Spionage und Massenüberwachung nutzt, um sich nicht dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt auszusetzen. Wir wenden uns daher mit einem Schriftsatz an den Generalbundesanwalt und erweitern erneut unsere Strafanzeige gegen die Bundesregierung wegen der geheimdienstlichen Vollüberwachung der Bevölkerung.
Beim Generalbundesanwalt Harald Range wurde heute Gegenvorstellung erhoben und erneut beantragt, wegen der geheimdienstlichen Massenüberwachung endlich Ermittlungen aufzunehmen. Strafanzeige hatten wir bereits am 3. Februar 2014 erstattet und in den folgenden Monaten erweitert, insbesondere wegen der dokumentierten Überwachung eines CCC-Tor-Servers. Anstatt aber Ermittlungen einzuleiten, hat der Generalbundesanwalt den Sachverhalt bloß unter „weitere Beobachtung“ gestellt. Bis heute ist kein förmliches Ermittlungsverfahren einge-leitet worden. Daher sehen wir uns gezwungen, erneut tätig zu werden…
Wir fordern den Generalbundesanwalt auf, das Ermittlungsverfahren nun endlich einzuleiten, denn die Beweislage ist zumindest für den Verdacht auf strafbare Handlungen erdrückend.“

Transparenzzentrum in Brüssel eröffnet

3. Juni 2015

Microsoft hat in Brüssel ein europäisches Transparenzzentrum eröffnet. Dort sollen Regierungskunden künftig Einblick in den Quellcode von Software und Diensten des Unternehmens erhalten, um deren Sicherheit selbst prüfen zu können. Damit könnten sie sich davon überzeugen, "dass es keine Hintertüren gibt", teilte der Softwarekonzern mit.
Die Einrichtung solcher Prüfstellen ist einer von mehreren Schritten, mit denen Microsoft das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Kunden in die Integrität des Unternehmens nach den Snowden-Enthüllungen wiederherstellen will.
Vor rund einem Jahr hatte Microsoft sein erstes Transparency Center an seinem Firmensitz in Redmond eröffnet. Weitere solcher Einrichtungen sollen folgen. "42 verschiedene Behörden aus 23 Ländern nutzen die Möglichkeit der Einsicht in unseren Quellcode bereits", heißt es in einer Pressemitteilung von Microsoft. Die Eröffnung des Zentrums in Brüssel soll nun auch "Regierungen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika" einen Ort bieten, sich einen genaueren Einblick in die Produkte zu verschaffen, heißt es im Blogeintrag.

Zwei Jahre nach Edward Snowdens erstem Treffen mit Journalisten in Hongkong

2. Juni 2015

In Würdigung des zweiten Jahrestages des ersten konspirativen Treffens Edward Snowdens mit den Journalisten Glenn Greenwald und Laura Poitras in einem Hotel in Hongkong gab es eine Live-Übertragung einer Veranstaltung von Amnesty International UK zum Thema Massenüberwachung, zu der auch Edward Snowden live zugeschaltet wurde. Er  beantwortete Fragen, die Amnesty tags zuvor über Twitter gesammelt hatte.
Snowden konstatierte, dass sich in den vergangenen zwei Jahren, seitdem er seine Dokumente der Presse übergeben hatte, vieles verändert hätte. In vielen Ländern weltweit hätte es Veröffentlichungen gegeben und das Bewusstsein der Bedrohung durch eine globale Massenüberwachung sei deutlich gewachsen.
Snowden begrüßte den „USA Freedom Act“. Er sei ein wichtiger Schritt von historischer Bedeutung, aber die staatliche Überwachung müsse dringend weiter eingegrenzt werden.
Die Lage in Großbritannien sei noch problematischer. Die britische Regierung sei dabei, die Massenüberwachung weiter auszubauen, ohne dass es dazu Diskussionen im Parlament oder in der Öffentlichkeit gebe. Der britische Geheimdienst fürchtet eine „schädliche öffentliche Diskussion“ über das Ausmaß seiner Aktivitäten, denn dies könnte zu Gesetzesänderungen hinsichtlich ihrer Programme zur Massenüberwachung führen. Wichtig wäre aber gerade eine Diskussion in der Öffentlichkeit. Aber in Großbritannien gäbe es nur ein einziges Presseorgan, das kritisch über die Aktivitäten der britischen Geheimdienste berichtet und das sei der „Guardian“.

US-Überwachung gestoppt – für zwei Tage

Bild: White House (public domain)

2. Juni 2015

Die massenhafte Speicherung von Kommunikationsdaten US-amerikanischer Bürger auf Grundlage des sogenannten „USA Patriot Act“ durften die US-Geheimdienste nur bis Ende Mai 2015 vornehmen.
Dieses nach den Anschlägen des 11. September 2001 vom Kongress im Zuge des Krieges gegen den Terrorismus verabschiedete und von US-Präsident George W. Bush abgesegnete Gesetz war in den vergangenen Jahren immer wieder verlängert worden.
Nach den Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden über die NSA-Spähprogramme hatte Obama aber eine Reform versprochen. Der „USA Patriot Act“ widersprach so offensichtlich mehreren Grundsätzen der US-Verfassung, dass eine Fortführung des Gesetzes auch im US-Senat keine Mehrheit mehr fand.
Nach zwei Tagen ohne (erlaubte) Überwachung ist nun der sogenannte „USA Freedom Act“ vom Senat gebilligt worden, der letzten Monat schon das Repräsentantenhaus passiert hatte. Die Verbindungsdaten innerhalb der USA werden nach einer halbjährigen Übergangszeit nur noch bei den Telefonkonzernen gespeichert. Ihre Freigabe für US-Dienste muss für jeden Einzelfall begründet bei einem Spezialgericht beantragt werden.
Alle US-amerikanischen Überwachungsaktivitäten außerhalb der USA wurden niemals in Frage gestellt und bleiben (selbstverständlich) unverändert bestehen!

Cyberwaffen in Aktion

30. Mai 2015

Eine der perfidesten Cyberwaffen, die bisher entwickelt wurden, ist wohl der Computerwurm „Stuxnet“. IT-Sicherheitsspezialisten gehen davon aus, dass dieses Schadprogramm gezielt zur Sabotage iranischer Atomanlagen programmiert wurde. "Stuxnet" soll vom US-Geheimdienst NSA zusammen mit Israel entwickelt worden sein und kam unter dem Codenamen „Olympic Games“ auf Anordnung von US-Präsident Obama zum Einsatz. Dabei wurden – zumindest vorübergehend – etwa 1.000 Zentrifugen zur Urananreicherung im Iran lahmgelegt und das iranische Atomprogramm soll um mehrere Monate zurückgeworfen worden sein.
Stuxnet befällt PCs und Anlagensteuerungen der Firma Siemens, die nicht nur im Iran zum Einsatz kommen. Laut Siemens sollen weltweit 14 Anlagen infiziert worden sein. Der Iran bestätigte die Infektion von 30.000 Computern. Und die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete von 6 Millionen befallenen Computern und fast 1.000 betroffenen Anlagensteuerungen in China.
Die Firma Siemens hat das von Stuxnet angreifbare Zentrifugen-Kontrollsystem nicht nur in den Iran sondern auch nach Nordkorea geliefert. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet jetzt mit Bezug auf "Personen, die mit der Operation vertraut waren", dass die USA zeitgleich mit den Cyberattacken gegen iranische Uran-Zentrifugen in den Jahren 2009 und 2010 auch versucht haben, Atomanlagen in Nordkorea mit der Cyberwaffe Stuxnet zu attackieren. Dies sei allerdings an den dort geltenden viel rigoroseren Sicherheitsbestimmungen gescheitert.

Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung

30. Mai 2015

Am 30. Mai demonstrierten die „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ vor dem Bundeskanzleramt in Berlin unter dem Motto: „Frau Merkel: Aussitzen ist Beihilfe!“.
Prominente Gäste und Redner waren Peter Schaar, der ehemalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und heutige Vorsitzende der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), Dr. Burkhard Hirsch, kämpferischer Bürgerrechtler und ehem. Vizepräsident des Deutschen Bundestages und der Rechtsexperte der Grünen Hans-Christian Ströbele, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Deutschen Bundestages und des NSA-Untersuchungsausschusses. Verlesen wurde auch ein persönliches Grußwort von Edward Snowden.
Burkhard Hirsch: „Wir sind… dafür, dass unsere Grundrechte gewahrt werden, dass unser Privatleben privat bleibt, dass unsere Berufsgeheimnisse geschützt bleiben, dass sich unsere Nachrichtendienste nicht zu trojanischen Eseln fremder Interessen machen lassen und parlamentarisch kontrolliert werden.“
Peter Schaar befasste sich ausführlich mit der von der Regierung geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung: „Wer den Datenschutz aushöhlt, gefährdet damit auch andere Grundrechte. Die Versammlungsfreiheit genauso wie die Meinungsfreiheit!“
Besonders perfide sei die neue Strafvorschrift zur „Datenhehlerei“. Betroffen wären nicht nur Whistleblower. „Auch Journalisten müssten grundsätzlich mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, wenn sie sich aus derartigen Quellen stammende Informationen weit im Vorfeld einer Veröffentlichung verschaffen oder solche Informationen weitergeben.“

NSA-Spähliste offenlegen!

22. Mai 2015

In der strittigen Frage der Veröffentlichung der NSA-Spähliste, auf deren Basis der BND Informationen auch über deutsche Firmen und Personen an die NSA geliefert haben soll, spricht sich eine Mehrheit von 61 Prozent dafür aus, diese Liste dem Bundestag zugänglich zu machen. 31 Prozent sind dagegen (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils “weiß nicht“). Im Detail sind die Anhänger der SPD (67 Prozent), der Grünen (79 Prozent) und der Linken (82 Prozent) mehrheitlich für eine Offenlegung der Liste, aber auch von den Anhängern der CDU/CSU fordern dies 46 Prozent und von den Anhängern der FDP 49 Prozent. Gespalten sind die Deutschen hinsichtlich der Konsequenzen, die eine solche Veröffentlichung auch gegen den Willen der USA mit sich bringen könnte: 46 Prozent rechnen damit, dass US-Geheimdienste Deutschland dann wichtige Informationen vorenthalten werden, 44 Prozent glauben das nicht.

NSA-Selektoren: Chaos ohne Ende!

21. Mai 2015

Die Arbeit der deutschen Geheimdienste wird vom Kanzleramt koordiniert und vom Parlamentarischen Kontrollgremium PKGr des Parlaments kontrolliert. Soweit die Theorie…
In den letzten Wochen und Monaten ist der NSA-Untersuchungsausschuss des Parlaments immer mehr zu einem BND-Untersuchungsausschuss geworden, da sich gezeigt hat, dass wichtige Arbeitsbereiche – insbes. die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA – weder koordiniert waren noch verantwortlich kontrolliert werden konnten.
Nun zeigt sich, dass das Chaos noch wesentlich größer ist als befürchtet. Nach Informationen des SPIEGEL haben Beamte in der Zentrale des BND in Pullach in den vergangenen Wochen bislang unbekannte Dateien mit amerikanischen Selektoren (Suchbegriffen) „gefunden“. Diese beziehen sich auf die Jahre 2005 bis 2008 und umfassten 459.000 Selektoren, mit denen unter anderem europäische Institutionen, hochrangige politische Persönlichkeiten und Firmen im Ausland ausspioniert werden sollten. Nur 400 dieser Selektoren seien aussortiert worden.
Außer dem NSA-Untersuchungsausschuss hat sich auch der Bundestag in einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE mit den NSA-Selektoren befasst. Hinsichtlich der Freigabe der Selektoren-Liste zur Einsicht für die Parlamentsausschüsse möchten die Koalitionsparteien immer noch auf eine Antwort aus Washington warten, während die Opposition auf unverzüglicher Einsichtnahme besteht.

Cyberangriff auf den Bundestag

1995 konnte der Bundestag mit Hilfe eines aluminiumbedampften Polypropylengewebes erfolgreich gegen einen „Hacker-Angriff“ abgeschirmt werden!
Bild: txmx 2

20. Mai 2015

Schon vor fünf Tagen meldete SPIEGEL-ONLINE, dass der Deutsche Bundestag Ziel eines Cyberangriffs geworden sei. Unbekannte hätten versucht, ins interne Datennetz des Parlaments einzudringen.
Nun erweist sich der Angriff als viel schwerwiegender als ursprünglich angenommen, denn es sind nicht „nur“ Rechner von Parlamentariern betroffen, sondern offenbar auch Bundestagsrechner von Regierungsmitgliedern!
Ersten Analysen zufolge waren anfänglich vor allem Fraktionscomputer der Linken und der Grünen Ziel der Attacke. Wie es aus Sicherheitskreisen heißt, seien die Angreifer am Ende jedoch so tief in das Parlamentsnetz vorgedrungen, dass sie sich dort problemlos bewegen konnten.
Die bisherigen Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden deuten auf professionelle Täter hin, sie vermuten einen Geheimdienst hinter den Angriffen. Mehrere Tausend PCs könnten betroffen sein. Der entstandene Schaden ist nach den Worten von Experten bislang nicht absehbar; es könne Monate dauern, bis das interne Bundestagsnetz wieder voll funktionstüchtig sei.

Brief an Obama

19. Mai 2015

IT-Unternehmen, Kryptologen und Politiker fordern von US-Präsident Barack Obama die Persönlichkeitsrechte der Bürger zu schützen und sich gegen Hintertüren in Kommunikationsgeräten zu stellen. "Eine starke Verschlüsselung ist der Eckpfeiler der Sicherheit der modernen Informationswirtschaft" heißt es in dem Schreiben. Die Washington Post zitiert den Organisator des Briefs: Es sei an der Zeit, dass Präsident Obama den "gefährlichen Vorschlägen zur absichtlichen Schwächung US-amerikanischer Produkte" ein Ende bereite.
Unterzeichnet ist der Brief von IT-Unternehmen wie Apple und Google, aber auch von Sicherheitsforschern wie Ronald Rivest, und sogar von drei Mitgliedern des fünfköpfigen Gremiums das auf Anweisung des US-Präsidenten Vorschläge zur Reform der Überwachung gemacht hatte.
Nachdem führende IT-Unternehmen der USA begonnen haben, die Daten ihrer Produkte und die Übertragungswege besser abzusichern, kommen von der Spitze der Geheimdienste wiederholte Forderungen, den Geheimdiensten und den Strafverfolgungsbehörden immer auch eine Hintertür offenzuhalten. Exponenten solcher Forderungen sind vor allem NSA-Chef Michael S. Rogers und FBI-Direktor James Comey.
Die Unterzeichner des Protestbriefs sind aber überzeugt, dass es nicht möglich ist, eine solche Hintertür zu konstruieren, die nicht auch Angreifern offen stünde. Wenn erst einmal US-Behörden eine Ausnahme erhielten, müsse die irgendwann auch den Briten, Israelis, den Chinesen und irgendwann den Nordkoreanern gewährt werden, meint RSA-Mitentwickler Ronald Rivest.

NSA-BND: auch Österreich ausgespäht…

Bild: Screencopy Gunther Zitta

15. Mai 2015

Zu Beginn der NSA-Affäre hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr empört gezeigt: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht!"
Inzwischen ist bekannt, dass Ausspähen gängige Praxis und auch unter Freunden nicht unüblich ist. Die Bundesrepublik ist hierbei nicht (nur) das Opfer, der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) mischt selbst kräftig mit. Er soll den Datenverkehr zwischen Österreich und Luxemburg abgefangen und dem US-Geheimdienst NSA zur Analyse bereitgestellt haben. Dies belegt eine interne E-Mail der Deutschen Telekom AG, die der österreichische Nationalratsabgeordnete Peter Pilz veröffentlicht hat.
Die Strecke Luxemburg-Wien sei vom US-Geheimdienst NSA mit besonderer Priorität bewertet und der Wunsch an den BND weitergegeben worden. Die Abschöpfung soll im Rahmen der Operation Eikonal erfolgt sein. "Die Daten der Telekom Austria wurden am Internetknoten Frankfurt über das BND-Büro in der Deutschen Telekom AG ausgeleitet, dupliziert, nach Pullach in die BND-Zentrale weitergeleitet und von der Technischen Aufklärung (TA) des BND in Bad Aibling der NSA für den automatisierten Zugriff zugänglich gemacht", sagte Pilz.

NSA-UA: Sitzungsprotokolle auf Wikileaks

Bild: WikiLeaks

12. Mai 2015

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages tagt überwiegend öffentlich. Da aber Audio- oder Video-Aufzeichnungen der Sitzungen nicht erlaubt sind, gibt es auf Netzpolitik.org von den meisten öffentlichen Sitzungen erlaubte Mitschriften in Form von Live-Blogs. Dieses Engagement fand nicht nur Zustimmung. Eine Zeitlang erhielt der für Netzpolitik.org mitbloggende Andre Meister einen Bundespolizisten als „persönlichen Bewacher“ zugeteilt, was wohl kaum mit der vom Grundgesetz garantierten Freiheit der Berichterstattung vereinbar war. Meister wertete dies als Versuch, ihn einzuschüchtern und seine Arbeit zu beeinträchtigen. Inzwischen wurde diese Art der Überwachung eingestellt.
Natürlich existieren auch offizielle Sitzungsprotokolle des Untersuchungsausschusses, die aber erst nach Beendigung aller laufenden Anhörungen veröffentlicht werden sollen. Nun hat die Enthüllungsplattform WikiLeaks die Protokolle der Sitzungen von Mai 2014 bis Februar 2015, in denen 34 Zeugen zu Wort kommen, ins Netz gestellt. Zu jeder Sitzung gibt es von WikiLeaks je eine deutsche und englische Zusammenfassung.

1,3 Milliarden Metadaten/ Monat

Bild: Screencopy Jan Petersen

12. Mai 2015

Der Bundesnachrichtendienst (BND) filtert mit seinen – und den vom US-Geheimdienst NSA erhaltenen – Zehntausenden Selektoren (Suchbegriffen) gewaltige Datenmengen aus den Kommunikationsströmen. Ein erheblicher Teil dieser Daten sind sog. Metadaten, die angeben, wer wann mit wem wie lange in Kontakt stand. Bei Handykontakten enthalten die Daten auch die jeweiligen Standorte. Das sind im Prinzip Aktivitätsprotokolle, die Entscheidendes über die jeweils Abgehörten verraten.
Vom BND werden dabei aus aller Welt jeden Tag etwa 220 Millionen Metadaten gesammelt und gespeichert. Wie ZEIT ONLINE aufgrund vertraulicher Akten berichtet, reicht der BND einen großen Teil dieser Daten an die NSA weiter – "bis zu 1,3 Milliarden Datensätze pro Monat".
Über die Verwendung dieser Daten durch den US-amerikanischen Partnerdienst scheint es keinerlei Informationen zu geben. Einschlägig bekannt ist zumindest eine Verwendungsart, die der frühere Chef von NSA und CIA, General Michael Hayden, bei einer öffentlichen Debatte nicht ohne Stolz verkündet hatte: "We kill people based on metadata!“ (Wir töten Menschen auf der Basis von Metadaten!).