NSA-Timeline:

Feigheit vor dem „Freund“

Bild: Screencopy ARD-Sondersendung

29. Juli 2014

Die Europäische Union traut sich nicht, Edward Snowden zu schützen. Die Aufenthaltsgenehmigung des amerikanischen Whistleblowers in Russland läuft aus. Zumindest die Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages möchte Snowden in Deutschland anhören.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte noch am 7.7.2014 Stellung bezogen und betont, dass Recht und Gesetze in Deutschland auch für amerikanische Dienste gelten und dass „der Überwachungswahn der NSA irgendwann ein Ende haben“ muss.
Nun rät er dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter zu einer Rückkehr in die USA. "Er ist erst Anfang 30 und will sicher nicht den Rest seines Lebens auf der ganzen Welt gejagt werden oder von einem Asyl zum nächsten wandern", sagte Maas der dpa in Berlin.

Land unter Kontrolle


25. Juli 2014


Die Bundesrepublik Deutschland ist und war seit ihrer Gründung ein überwachtes Land. Die ZDF-Dokumentation zeigt, dass quer durch Deutschland geheime Abhöreinrichtungen amerikanischer aber auch deutscher Dienste liegen (u.a. Bad Aibling, Dagger-Complex, Wiesbaden-Erbenheim).
Tonnen von Briefen aus dem Osten wurden abgefangen, geöffnet und zum Teil vernichtet. Ebenso wurden Millionen von Telefongesprächen abgehört, Fernschreiben und Telegramme abgeschrieben und von den Alliierten, aber auch den westdeutschen Geheimdiensten nachrichtendienstlich ausgewertet und genutzt. Seit Konrad Adenauer unterschrieben alle Kanzler geheime Dokumente, die den Alliierten großzügige Rechte zugestanden, Rechte, die das westdeutsche Grundgesetz, zum Beispiel das Fernmeldegeheimnis, brachen.

Vorbild: NSA


24. Juli 2014

Deutschland ist dabei, seine Internetüberwachung massiv auszuweiten. Die Bundeswehr will soziale Medien auswerten, der Bundesnachrichtendienst das Internet in Echtzeit überwachen. Nun hat die Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion weitere Details zum Zugriff auf soziale Medien preisgegeben.
Der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko warnt vor der Datensammlung durch das Militär: "Wenn eine Verfolgungsbehörde Daten über eine bestimmte Person zusammenträgt, braucht es dazu eigentlich einen richterlichen Beschluss." Werde dies von Geheimdiensten und Militärs nach Gutdünken praktiziert, gehe "das Vertrauen in die Privatsphäre der digitalen Kommunikation vollends verloren… Durch die Analyse von Teilnehmern einer öffentlichen Kommunikation über Twitter oder Facebook können Rückschlüsse auf deren soziale Kontakte gezogen werden", sagt Hunko.

Spionageabwehr mit 360-Grad-Blick

Bild: CC-by-nc-sa anja_pfeiffer/Flickr

23. Juli 2014

In Zukunft soll die deutsche Spionageabwehr auch befreundete Staaten einschließen: Nach Informationen von SZ, NDR und WDR soll es der sogenannte 360-Grad-Blick erlauben, auch amerikanische und britische Agenten auf deutschem Boden im Blick zu behalten. Bisher richtete sich das Interesse der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes vor allem gegen Russen, Chinesen und Iraner.
In Deutschland ist die Spionageabwehr formal bei insgesamt drei Behörden angesiedelt. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte sich schon im November für einen Ausbau seiner Gegenspionage-Abteilung mit Blick auf die USA und Großbritannien ausgesprochen.

„NSA in da House“

Bild: Screencopy RuptlyTV/YouTube

19. Juli 2014

Der Düsseldorfer Licht-Aktionskünstler Oliver Bienkowski hat wieder ein Zeichen gegen die US-amerikanische Überwachungspraxis gesetzt: Er projizierte ein Bild von US-Präsident Barack Obama an die Fassade der US-Botschaft in Berlin. Neben dem Konterfei des US-Präsidenten mit einer Baseballmütze prangten der Schriftzug "NSA in da House" und ein Victory-Zeichen. (in da House: ironisch anerkennend…)

BND überwacht alles


17. Juli 2014

Nach Recherchen von Frontal21 soll der Bundesnachrichtendienst (BND) seit 2009 über eine eigene Datenleitung ständigen Zugang zu allen Kommunikationsströmen haben, die den weltweit größten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main durchlaufen. Bereits wenige Wochen nach Beginn der Enthüllungen des Edward Snowden war auch der Datenknoten DE-CIX in den Blickpunkt geraten. Die Betreiber hatten damals erklärt, dass sie unter den geltenden Gesetzen keine Details zur Überwachung sagen dürften.
Papiere von Snowden legen nahe, dass deutsche Nachrichtendienste die in Deutschland abgezapften Daten an US-Geheimdienste weitergeben.

NSA-Überwachung OK?

Bild: CC-by-nd Statista

15. Juli 2014

In den USA werden die Überwachungspraktiken der eigenen Regierung laut einer Umfrage des Pew Research Centers von der Hälfte der Bevölkerung als akzeptabel eingestuft.
In Deutschland dagegen können sich nur 12 Prozent der Befragten mit den Praktiken der US-Geheimdienste anfreunden. Noch eine Idee deutlicher fällt die Ablehnung in China und Russland aus; ebenfalls eher überwachungsaffine Staaten. Für die Umfrage wurden insgesamt rund 49.000 Menschen aus 44 Staaten befragt.

Auch Schreibmaschinen wären abhörbar…


14. Juli 2014

Der NSA-Untersuchungsausschuss will möglicherweise auf altbekannte Methoden setzen, um sich vor Ausspähung zu schützen. Es werde erwogen, wieder auf mechanische Schreibmaschinen zurückzugreifen, um geheime Dokumente zu verfassen, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), am Montag im ARD-"Morgenmagazin".
Nach der Enttarnung von zwei Spitzeln für US-Geheimdienste besteht nun auch der begründete Verdacht, dass der Untersuchungsausschuss ebenfalls Ziel von Spähaktionen sein könnte.
International hat diese Äußerung für viel Spott gesorgt, stieß aber auch im Ausschuss selbst auf Unverständnis: "Bevor ich Schreibmaschine nutze, Zettelchen nach dem Lesen verbrenne, schaffe ich lieber die Geheimdienste ab", twitterte die Linken-Obfrau im Gremium, Martina Renner.

Nichts dazugelernt?


13. Juli 2014

Wie der Spiegel berichtet, kooperiert das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Entwicklung von Überwachungssoftware eng mit der deutschen Tochter des umstrittenen US-Dienstleisters CSC.
CSC Deutschland "unterstützt das BKA beim Projektmanagement und bei der Erstellung der Softwarearchitektur für die BKA-eigene Software zur Quellen-TKÜ", heißt es in dem dreiseitigen Papier – also bei der Arbeit an einem sogenannten Bundestrojaner. Das sind Spähprogramme, die die Kommunikation von Verdächtigen an deren Computer abfangen sollen.
Spätestens seit Mitte November 2013 ist durch Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des Norddeutschen Rundfunks bekannt, dass CSC dem US-Geheimdienst NSA sehr nahe steht…

Petitionen abgelehnt!


10. Juli 2014

Der Petitionsausschuss des Bundestags hat mehrere Petitionen abgelehnt, mit denen die Antragsteller einen sicheren Aufenthalt für den Whistleblower Edward Snowden in Deutschland erreichen wollten – oder zumindest eine Diskussion im Bundestag über das Thema.
In der Begründung der Ablehnung übernimmt der Ausschuss die offizielle Linie der Bundesregierung.
Die Netzaktivistin Katharina Nocun, die eine der nun abgelehnten Asyl-Petitionen eingereicht hatte, kritisiert die Entscheidung: "Die Ablehnung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die versuchen, sich über die vorgesehenen Beteiligungsformen gegen die NSA-Überwachung zu engagieren."

Geheimdienst-Diplomatie…

Bild: CC-by-nc-nd John Sulzmann/Flickr

10. Juli 2014

Die Entdeckung eines zweiten US-Spions hat die Bundesregierung zu einem ungewöhnlich harten diplomatischen Schritt veranlasst. Sie hat den obersten Vertreter der amerikanischen Geheimdienste in Deutschland des Landes verwiesen.
Von der amerikanischen Regierung ist dies mit Befremden und Ärger zur Kenntnis genommen worden. Sie werden wohl trotzdem bald einen neuen obersten Geheimdienstvertreter schicken.
Aber auch in Deutschland ist Skepsis angesagt: Wir wissen, dass die NSA in ganz Deutschland seit Jahrzehnten Horchposten betreibt, dass sie Freund und Feind abhört, flächendeckend Telefonate mitschneidet, Faxe mitliest und Briefe öffnet. Das Parlament hat hierzu einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der von dieser Regierung nur sehr zögerlich unterstützt wird…

noch ein US-Spion


9. Juli 2014

Die Spionageaffäre mit den USA weitet sich aus. Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung gibt es einen zweiten Spionagefall. Seit dem heutigen Morgen durchsuchen Beamte des Bundeskriminalamts und der Bundesanwaltschaft im Großraum Berlin die Wohn- und Büroräume eines Mitarbeiters des Bundesverteidigungsministeriums, der für einen amerikanischen Geheimdienst in Deutschland spioniert haben soll.
Der Fall wird von informierten Kreisen noch "ernster" eingeschätzt als der Fall des in der vergangenen Woche verhafteten BND-Beamten, der sich nach eigenen Angaben vor zwei Jahren den amerikanischen Geheimdiensten als Spitzel angeboten und der CIA gegen rund 25 000 Euro mehr als zweihundert Dokumente geliefert hat.

Die Grenzen weit überschritten…


7. Juli 2014


Nach dem weiteren BND-Skandal, dass ein Mitarbeiter BND Informationen an einen amerikanischen Geheimdienst verkauft hat, muss es ganz grundsätzliche Konsequenzen geben.
Die ehem. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert: „Jetzt muss die Bundesregierung endlich handeln. Personelle Konsequenzen werden folgen müssen.“
Der amtierende Justizminister Heiko Maas sagt: „Das Gesetz und das Recht gelten in Deutschland für alle! Das gilt auch für amerikanische Stellen, auch für amerikanische Dienste. Und wer sich nicht daran hält, der wird in Deutschland dafür auch bestraft werden. Insgesamt muss der Überwachungswahn der NSA irgendwann ein Ende haben.“

Die Politik hinkt hinterher…


6. Juli 2014

Gesche Joost vertritt Deutschlands digitale Interessen in Brüssel. Als Mitglied der "Digital Champions"-Expertengruppe von EU-Kommissarin Neelie Kroes vermittelt Joost zwischen Brüssel und Berlin in digitalen Fragen.
Die Internetbotschafterin ist unzufrieden mit der Regierung: Im SPIEGEL wirft sie Angela Merkel mangelnde Leidenschaft für die Aufklärung der NSA-Affäre vor. "Das Internet gehört für die meisten Menschen zum Alltag, die Politik hinkt der Realität hinterher", sagte sie.
Den Streit über eine Vernehmung des Whistleblowers Edward Snowden kann die 39-Jährige nicht nachvollziehen. "Es ist völlig klar, dass man ihn anhören muss, er hält alle Informationen in seinen Händen", sagte Joost im SPIEGEL-Interview.

Daten für den Drohnenkrieg

Bild: Screencopy tagesschau.de

4. Juli 2014

Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat zwei ehemalige Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA als Zeugen befragt, William Binney und Thomas Drake.
Auch Thomas Drake war ein NSA-Mitarbeiter, der sah, dass die Ausweitung der Datensammelpraxis der NSA gegen die US-Verfassung verstieß. Vergeblich versuchte er, dies auf dem Beschwerdeweg zu korrigieren, wurde zum Whistleblower und dann aus dem Dienst entlassen.
Vor dem Ausschuss bezeugte Drake, dass der BND eng mit dem amerikanischen Geheimdienst NSA zusammenarbeite und potentiell gegen die Verfassung verstoße, indem er Daten des Partners nutze.
Nach Drakes Aussagen lieferte der BND ebenso Daten für Drohnenangriffe der Vereinigten Staaten. „Deutschland wurde als Plattform genutzt, um diese Drohnentechnologie zu nutzen.“

„größte Bedrohung der Demokratie“

Bild: Screencopy tagesschau.de

3. Juli 2014

Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat zwei ehemalige Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA als Zeugen befragt, William Binney und Thomas Drake.
William Binney war Technischer Direktor der National Security Agency (NSA). Am 31. Oktober 2001 schied er nach 37-jähriger Arbeit für die NSA aus Protest gegen die Datensammelpraxis aus dem Dienst aus und wurde zum Whistleblower.
Vor dem Ausschuss zeichnete Binney ein düsteres Bild:

"Ursprünglich haben wir Gruppen und ihre Aktivität analysiert. Dann aber 7 Mrd. Einzelpersonen. Das ist der Weg in den Totalitarismus".

Und weiter:

Die Vollüberwachung der Gesellschaft ist die größte Bedrohung der Demokratie seit dem amerikanischen Bürgerkrieg.

"skandalöse Missachtung"

Bild: CC-by-nc-sa Ole Reißmann/Flickr

30. Juni 2014

Eine Gruppe von Autoren um Juli Zeh und Ilija Trojanow hatte vor einem Jahr einen Protestbrief gegen die Überwachungspraxis des US-Geheimdienstes NSA an Bundeskanzlerin Merkel geschickt, der noch immer nicht beantwortet wurde.
Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat dies scharf kritisiert. "Bis heute haben sie keine Antwort von der Bundeskanzlerin. In diesem Schweigen drückt sich eine skandalöse Missachtung der Autoren und ihrer Unterstützer aus", sagte Grass dem Magazin Focus. Und er ergänzte: „Man muss jetzt weiterbohren und auf der Beantwortung des Briefes bestehen, was Juli Zeh mit einem erneuten Brief auch getan hat."

Verizon ist raus…


27. Juni 2014

Der Bundestag lässt seine Internet-Infrastruktur teilweise von der deutschen Tochter des US-Telekommunikationskonzerns Verizon betreiben. Durch die Snowden-Dokumente ist aber bekannt, dass Verizon einerseits durch Beschluss des geheim tagenden FISA-Court zur Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA verpflichtet wurde, andererseits aber auch zu den strategischen Partnern der NSA gehört und dafür jährlich Summen im zweistelligen Millionenbereich erhielt.
Endlich wird nach der Bundesregierung jetzt auch der Bundestag die Zusammenarbeit mit dem US-Provider Verizon beenden.

"Wir können die NSA totrüsten"


26. Juni 2014


Vor dem NSA-Ausschuss haben drei IT-Experten ausgesagt. Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs: „Derzeit ist die digitale Souveränität Deutschlands einfach eine Illusion.“
Die NSA sei aber einfach auszubremsen: Deutschland und Europa müssten nur endlich ihre Kommunikation effizient verschlüsseln. "Man könnte es schaffen, die NSA totzurüsten". Das einzige, was es dazu brauche, sei sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
Die Bundesregierung habe sich dieser Forderung aber bisher stets verweigert – vermutlich, damit BND und Verfassungsschutz die Mails der Bürger lesen können…

Daten für den großen Bruder

Bild: CC-by-nc freund09/Flickr

25. Juni 2014

Am weltweit größten Internetknoten, dem DE-CIX in Frankfurt/M, zapft der Bundesnachrichtendienst (BND) bekanntlich einen erheblichen Teil des durchfließenden Fernmeldeverkehrs an.
Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR leitete der BND in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung mindestens drei Jahre lang in Frankfurt abgefangene Rohdaten direkt an den US-Partnerdienst NSA weiter. Die Operation von BND und NSA, die von 2004 bis 2007 gedauert haben soll, wurde beendet, weil die Aktion "politisch viel zu heikel" gewesen sei.
Über die Weiterleitung der Daten an die NSA sei nicht einmal das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) informiert worden.