Digitales Profil: Leben mit dem Datenschatten


ein diffuses und gespenstisches Gefühl Wenn Taschenrechner eine bestimmte Art logischen Denkens abnehmen, ist das relativ leicht zu verschmerzen. Wenn aber Algorithmen in Urteil- und Geschmacksbildung eingreifen, wenn sie besser wissen, welches Lied man jetzt gerade hören möchte oder welches Buch man sich als nächstes bestellen sollte, und wenn Fremde Wissen über die eigene Person […]

ein diffuses und gespenstisches Gefühl

Wenn Taschenrechner eine bestimmte Art logischen Denkens abnehmen, ist das relativ leicht zu verschmerzen. Wenn aber Algorithmen in Urteil- und Geschmacksbildung eingreifen, wenn sie besser wissen, welches Lied man jetzt gerade hören möchte oder welches Buch man sich als nächstes bestellen sollte, und wenn Fremde Wissen über die eigene Person erlangen, dessen Quellen man nicht kennt und das mit unvermuteten Effekten und in unerwarteten Situationen hervortritt, dann äußert sich das als eine neue Form von prometheischer Scham: die Erfahrung, dass uns nur noch eine fiktive Autonomie bleibt, die von technischen Verfahren unsichtbar kanalisiert wird.

Fast alle Bereiche unseres Alltagslebens sind mittlerweile von Computertechnik durchdrungen, und weil das Speichern immer billiger wird und die Speicherkapazität ins Unabsehbare wächst, hinterlassen fast alle unsere Tätigkeiten eine digitale Spur. Ein unablässiges Sammeln und Kategorisieren von Daten, das ein immer feineres digitales Raster über unsere Person legt, ist im Gange. Am Horizont steht eine Art digitaler Lebensberater, dessen auf Datenhochrechnungen gestützte Vorschläge sich auf wunderbare Weise mit unseren Selbsteinschätzungen treffen. In den Worten von Googles Geschäftsführer Eric Schmidt: "Ich glaube, die meisten Leute wollen nicht, dass Google ihre Fragen beantwortet. Sie wollen, dass Google ihnen sagt, was sie als Nächstes tun sollen."

Quelle: 22.04.2011 Digitales Profil: Leben mit dem Datenschatten – Sachbuch – Feuilleton – FAZ.NET

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