NSA-Spionage: „Ausmaß unerträglich“

Bild: CC-by-nc-nd Atlantic Council/Flickr

22. Mai 2014

Die NSA-Affäre belastet nach Ansicht von EU-Handelskommissar Karel de Gucht die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP). "Die NSA-Affäre hat viel Misstrauen erzeugt", sagte de Gucht der "Süddeutschen Zeitung". Er stimme "verärgerten Europäern" zu: "Das Ausmaß der NSA-Spionage ist unerträglich."
De Gucht fragte sich, ob er, als EU-Kommissar für den Welthandel, ebenfalls Opfer des großen Spähangriffs geworden ist und schrieb an seinen US-amerikanischen Verhandlungspartner. Bis heute wartet er noch auf eine Antwort…

Daten-Piraten der Karibik…

Bild: CC-by-nc-sa Vixi Pixi/Flickr

19. Mai 2014

Mitte März war bekannt geworden, dass die NSA unter dem Codenamen „MYSTIC“ nicht nur – wie wiederholt behauptet – Verbindungsdaten von Telefongesprächen sammelt, sondern zum Teil auch die Inhalte mitschneidet und speichert. Nicht bekannt war aber, welche Länder davon betroffen sind.
Aus Snowden-Dokumenten, die Glenn Greenwald nun auf „The Intercept“ veröffentlicht hat, geht hervor, dass es sich um mindestens zwei Länder handelt und eins davon sind die Bahamas. In diesem Karibik-Paradies schneidet die NSA offenbar sämtliche Mobilfunk-Gespräche komplett mit und speichert sie für 30 Tage.
Das Programm mit dem Codenamen „SOMALGET“ ist Teil von „MYSTIC“ und wurde offenbar mit Hilfe der amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde DEA installiert.

„Pakete werden vorsichtig geöffnet…“

NSA (public domain)

19. Mai 2014

Bereits Anfang des Jahres hatte der US-amerikanische Netzaktivist Jacob Appelbaum behauptet, die NSA fange per Post versandte Geräte ab, um darauf Spyware zu installieren. Dies wird nun durch die Veröffentlichung eines Fotos aus dem Snowden-Fundus in Glenn Greenwalds Buch “No Place to Hide” erhärtet. Das Foto zeigt wie ein von Cisco an einen Kunden abgefangenes Paket vom Geheimdienst (TAO) „fachgerecht geöffnet“ wird.
Betroffen seien unter anderem Router und Server. Die Firma Cisco fürchtet natürlich um ihre Geschäft und so hat Cisco-Chef John Chambers jetzt an Präsident Obama geschrieben: "Sollten diese Anschuldigungen wahr sein, untergraben diese Maßnahmen das Vertrauen in unsere Branche."

"Warum schweigen Sie, Frau Merkel?"

Bild: Screencopy HD Mediathek/YouTube

17. Mai 2014

Im Juli 2013 erhielt die Bundeskanzlerin Angela Merkel einen offenen Brief, den die Schriftstellerin Juli Zeh gemeinsam mit über 30 Autoren verfasst hatte. Dieser Brief wurde von 67.407 Menschen unterschrieben. Sie forderten die Kanzlerin darin auf, den "größten Abhörskandal in der Geschichte der Bundesrepublik" nicht hinzunehmen. Eine Antwort hat Juli Zeh bis heute nicht bekommen.
Ein knappes Jahr später fragt Juli Zeh nun: „Kann es wirklich sein, dass Sie die Tragweite des Problems nicht erfassen?
Und abschließend: „Frau Merkel, ich wiederhole meine Frage. Antworten Sie nicht mir, antworten Sie Ihrem Volk: Wie sieht Ihre Strategie aus?“

Als wäre nichts gewesen…

Bild: CC-by-nc-sa Andreas Levers/Flickr

16. Mai 2014

Der Neubau der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin hat (bisher) eine Milliarde Euro gekostet. Mitte Juni 2013 wurde noch ein 100-Millionen-Programm aufgelegt, damit der BND die Internet-Überwachung massiv ausweiten kann.
Jetzt braucht der BND weitere 300 Millionen für ein Frühwarnsystem gegen Cyber-Attacken. Er möchte die Echtzeitüberwachung von Glasfaserkabeln ausbauen („TEMPORA“ des britischen Geheimdienstes lässt grüßen).
Für den BND sind unter anderem Glasfaserkabel im Ausland interessant, deren Datenströme sich nach Schadsoftware durchsuchen lassen. Durch enge Zusammenarbeit mit europäischen Geheimdiensten, aber auch mit US-Partnern soll Schadsoftware frühzeitig erkannt werden können.

IT-Konzerne: Opfer oder Partner?

NSA (public domain)

13. Mai 2014

Auf einer weiteren Folie aus Snowdens Sammlung, die Glenn Greenwald nun veröffentlicht hat, brüstet sich die NSA mit ihren „Strategischen Partnerschaften“: Allianzen mit über 80 bedeutenden weltweit tätigen Unternehmen, die sie bei ihrer Mission „sammle alles“ unterstützen. Dazu gehören auch die größten IT- und Telekommunikationsfirmen, über deren Server ein Großteil der globalen Kommunikation läuft.
Namentlich genannt sind AT&T, CISCO, EDS, Hewlett Packard, IBM, Intel, Microsoft, Motorola, Oracle, Qualcomm, Qwest und Verizon.

BLACKPEARL und BLARNEY

NSA (public domain)

13. Mai 2014

Neben dem öffentlichen Netz (Internet) existieren auch wichtige private Netzwerke. BLACKPEARL ist ein geheimes Überwachungsprogramm, das Daten aus privaten Netzwerken saugt. Eine streng geheime Folie der NSA listet einige Betreiber solcher privaten Netzwerke auf, die von der NSA offensichtlich geknackt wurden.
Neben dem Google und dem französischen Außenministerium werden insbesondere genannt: Der brasilianischer Ölkonzern Petrobras, das SWIFT Bankensystem, der russische Öl-Konzern Gazprom und die Fluglinie Aeroflot.
Auch das schon 1978 gestartete Überwachungsprogramm BLARNEY zielt nicht zuletzt auf das Sammeln von Wirtschaftsdaten.

"Unsere Kunden bedienen"

NSA (public domain)

13. Mai 2014

Präsident Obama hatte in seiner Grundsatzrede zur NSA-Reform Mitte Januar noch einmal betont, dass die Geheimdienste ausschließlich für die nationale Sicherheit arbeiten. Und er fügte hinzu:
Wir sammeln keine Geheimdienstinformationen, um einen Wettbewerbsvorteil für US-Firmen oder Wirtschaftszweige zu erlangen.
Glenn Greenwalds Buch “No Place to Hide” enthält auch zum Thema Wirtschaftsspionage neue aufschlussreiche Dokumente. Die NSA hat offensichtlich eine ganze Reihe interessanter Kunden:
das US-Landwirtschaftsministerium, das Handelsministerium, das Finanzministerium

Überwachung in Echtzeit

Bild: Screencopy Serious History/YouTube

13. Mai 2014

In einem Interview mit “Democracy Now!” berichtete Glenn Greenwald auch über Snowdens Beweggründe:
Dieser hatte während seiner Arbeit bei DELL in Japan Gelegenheit, die Überwachung ganzer Städte durch Drohnen in Echtzeit zu sehen an Orten, an denen Amerika gar keinen Krieg führt wie Yemen, Somalia, Pakistan. Je mehr er sehen konnte wie allgegenwärtig das System der verdachtslosen Überwachung war, umso mehr sah er sich gezwungen, dies nicht weiter geheim zu halten.
Ein weiterer entscheidender Aspekt war der Einsatz von „Malware“ (Computerviren) durch die NSA. Computer werden auf verschiedenen Wegen infiziert und die NSA „besitzt“ diese dann, d.h. sie kann alles sehen, was man tut: Jede Tastatureingabe, jede Google-Suche, jede besuchte Webseite, jede E-Mail, jeden Chat… Das haben sie mit zehntausenden Rechnern gemacht… Snowden fand das zutiefst beunruhigend.

Wir brauchen alles!

NSA (public domain)

13. Mai 2014

In seinem nun veröffentlichten Buch untermauert Glenn Greenwald seinen Vorwurf, die NSA wolle alle Daten sammeln, die irgendwo anfallen. Neue Dokumente von Edward Snowden belegen diesen Wunsch nach globaler Überwachung.

  • Erschnüffle alles (Sniff it All)
  • Wisse alles (Know it All)
  • Sammle alles (Collect it All)
  • Verarbeite alles (Process it All)
  • Nutze alles aus (Exploit it All)
  • Mach alle zu Partnern (Partner it All)

Bereits im Jahr 2011 etwa habe der britische GCHQ mitgeteilt, dass dank des Zugriffs auf den Internetverkehr bis zu "50 Milliarden Ereignisse pro Tag empfangen" würden.

"No Place to Hide"

Glenn Greenwald / Droemer

12. Mai 2014

Der NSA-Skandal wurde aufgedeckt durch die engagierte vertrauensvolle Zusammenarbeit des Whistleblowers Edward Snowden, der Journalistin und Filmemacherin Laura Poitras und des Journalisten Glenn Greenwald.
Über diese Zusammenarbeit und die Folgen hat Glenn Greenwald nun ein Buch geschrieben: "No Place to Hide", in der deutschen Fassung "Die globale Überwachung".
Greenwald zeigt, wie die US-Regierung spätestens seit dem 11. September 2001 im Namen der "nationalen Sicherheit" mit allerlei Sonderrechten die Verfassung und die darin verbrieften Bürgerrechte aushöhlt. Gut verständlich erklärt er, was sich hinter Programmen wie XKeyscore, Prism und Blarney verbirgt, ohne technisch weniger versierte Leser abzuschrecken.

Medien unter Beschuss…

12. Mai 2014

Hacker mit staatlichem Auftrag haben einen Großteil der führenden Medienorganisationen ins Visier genommen. Das ist das Ergebnis einer Studie von Google-Sicherheitsexperten. Auch deutsche Redaktionen müssen sich vorsehen.
Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig digitale Schutzmaßnahmen für Journalisten seien, sagte Marquis-Boire. Das gelte besonders, wenn Quellen geschützt werden müssten.
Der gebürtige Neuseeländer Marquis-Boire hatte bereits in der vergangenen Woche auf der re:publica 2014 in Berlin vor staatlichen Hackerangriffen gewarnt.

Ed Snowden Ehrenmitglied beim CCC

Bild: CC-by-sa BlinkenArea.org/Flickr

12. Mai 2014

Die beiden Whistleblower Edward Snowden und Chelsea Manning sollen Ehrenmitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) werden. Snowden, der weiter in Moskau festsitzt, soll außerdem finanziell unterstützt werden. Das hat der Verein auf seiner Mitgliederversammlung beschlossen.
Der CCC fordert von der deutschen Bundesregierung, Snowden "einen sicheren und zeitlich unbegrenzten Aufenthalt" in Deutschland zu ermöglichen. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Snowden vor Auslieferungsgesuchen der USA geschützt werde.

Report des britischen Parlaments

9. Mai 2014

In Großbritannien hat der Parlamentsausschuss für innere Angelegenheiten die Aufsicht über die Geheimdienste als mangelhaft kritisiert. Bei der Untersuchung sei deutlich geworden, dass strukturelle Änderungen nötig sind.
Die Abgeordneten gestehen ein, dass ihre Überprüfung der Geheimdienstaufsicht durch die Snowden-Enthüllungen ausgelöst wurde. Hier verteidigen sie auch die Medien, namentlich den Guardian, gegen die in Großbritannien vielfach geäußerte Kritik an den Veröffentlichungen.

USA: Reformversuche…

8. Mai 2014

Ein Gesetz zur Reform des US-Geheimdienstes NSA hat die erste Hürde genommen: Im Rechtsausschuss des US-Repräsentantenhauses sprachen sich Demokraten und Republikaner für die Neuordnung aus. Doch ab jetzt könnte es schwierig werden.
Und nicht ganz unwichtig für den Rest der Welt: Alle von diesem sog. „USA Freedom Act“ vorgesehenen Reformen der verdachtsunabhängigen Überwachungspraxis der NSA betreffen ausschließlich US-Bürger…

re:publica 2014

8. Mai 2014


Vom 6. bis 8. Mai trafen sich Blogger, Aktivisten und Forscher zur re:publica 2014 in Berlin.
Etwa 7000 Teilnehmer kamen zu dieser größten Internetkonferenz Europas mit 300 Veranstaltungen auf 18 Bühnen – unüberschaubar: „Willkommen in der Wildnis“…
In einer kämpferischen Rede "zur Lage der Nation" hat der deutsche Blogger Sascha Lobo die Netzgemeinde auf der re:publica für ihren Umgang mit dem NSA-Skandal kritisiert. Petitionen reichten nicht – Lobbyarbeit sei nötig.

Anhörung von Snowden beschlossen

Bild: CC-by-nc-sa Uwe Hiksch/Flickr

8. Mai 2014

Die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses sorgt weiterhin für politische Spannungen. Nachdem bekannt wurde, dass die Regierung plant, die Herausgabe wichtiger Dokumente an das Kontrollgremium zu verweigern, musste sogar SPD-Fraktionschef Oppermann die Kanzlerin und Minister an die Rechte der Aufklärer erinnern.
Nach langem Hin und Her ist im Untersuchungsausschuss heute zumindest einstimmig beschlossen worden, Edward Snowden anzuhören – auch wenn das Wann und Wo bisher noch offen bleibt.

"Brieftaube" und "Diebische Elster"

Bild: CC-by-nc-nd alobos Life/Flickr

6. Mai 2014

In seinem neuen Buch "No Place To Hide" stellt Glenn Greenwald Strategie und Taktik der Geheimdienste noch einmal anschaulich dar.
Unter der Maxime "sammle alles" betreibt die NSA auch das Programm "Homing Pigeon" (Brieftaube), mit dem die besonders gesicherte Kommunikation (Telefon, Internet) von Fluggästen überwacht werden soll. Das entsprechende Programm des britischen Geheimdienstes GCHQ ist die "Thieving Magpie" (Diebische Elster). Für Blackberrys ist den Briten das wohl schon gelungen.

E-Mail-Partner…

Grafik Google/IT-online

6. Mai 2014

Schon lange ist bekannt, dass Google eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem NSA-Über­wachungs­programm PRISM zukommt. Seit 2009 scheint Google in PRISM “eingebunden“ zu sein… Als aber bekannt wurde, dass der US-Geheimdienst zusätzlich Leitungen zwischen Googles Rechenzentren angezapft hatte, kommentierten Google-Techniker dies mit einem „fuck you“…
Nach wie vor ist unklar, inwieweit Google Partner oder Opfer der staatlichen Überwachung ist.
Jetzt veröffentlichte Mailwechsel zwischen Google-Vertretern und dem NSA-Chef deuten aber auf eine engere Kooperation und gemeinsame Ziele zwischen beiden hin.

Datenschutz…?

Bild: CC-by-nc-sa Patrick Schulze/Flickr

3. Mai 2014

Als hätte es den NSA-Skandal nicht gegeben: Die EU will den USA jetzt ganz freiwillig Bürgerdaten liefern.
Bis zum Sommer soll ein transatlantisches "Datenschutz-Rahmenabkommen" stehen, das eine "erleichterte Übertragung von Daten" zur "Verhinderung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von Straftaten" möglich machen soll.
Neben der massenhaften Übermittlung von Daten über unverdächtige Personen ist die Erstellung von "Profilen" vorgesehen, etwa zur automatisierten Sortierung Einreisender in die USA in "Gefahrenklassen".
Der Europäische Datenschutzbeauftragte warnt bereits länger, das Abkommen könnte "massenhafte Datenlieferungen im Bereich der Strafverfolgung legitimieren, die besonders schwerwiegende Auswirkungen auf den Einzelnen haben".