24. Juli 2014
Peter Schaar, der frühere Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, im Interview mit dem Börsenblatt:
„Es hat mit Terrorismusbekämpfung nichts mehr zu tun, wenn Agenten in deutschen Ministerien platziert werden, wenn das Handy der Kanzlerin abgehört wird, wenn Ihre und meine Telefondaten erfasst werden und das, was wir in E-Mails versenden. Es geht um Wissen und damit um Macht: für Institutionen, Unternehmen und Staaten – es geht um wirtschaftliche und politische Interessen.“
„Die politisch Verantwortlichen in den USA müssen endlich verstehen, dass die Menschen außerhalb der Vereinigten Staaten dieselben Grund- und Menschenechte haben wie US-Bürger. Dazu gehört auch der Anspruch, nicht überwacht, registriert und ausspioniert zu werden.“
23. Juli 2014
Die Obama-Regierung hat das Verfahren, in dem Personen auf den Terrorlisten der USA landen, erheblich ausgeweitet. Dafür seien weder "konkrete Fakten" noch "unbestreitbare Beweise" nötig, berichtet The Intercept. Bei den Listen handelt es sich neben der zentralen Terroristendatenbank um die No-Fly-List und die Selectee List.
Das Dokument beschreibt auch, was passiert, wenn ein Betroffener mit US-Regierungsbehörden in Kontakt kommt. Die jew. Angestellten werden aufgefordert, nicht nur Fingerabdrücke und identifizierende Dokumente an sich zu bringen, sondern auch Informationen zur Gesundheitsversicherung, zu Medikamenten, Handys, E-Mail-Adressen, Bankdaten, Internet-Accounts und noch vieles mehr erfragen oder an sich bringen.
23. Juli 2014
In Zukunft soll die deutsche Spionageabwehr auch befreundete Staaten einschließen: Nach Informationen von SZ, NDR und WDR soll es der sogenannte 360-Grad-Blick erlauben, auch amerikanische und britische Agenten auf deutschem Boden im Blick zu behalten. Bisher richtete sich das Interesse der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes vor allem gegen Russen, Chinesen und Iraner.
In Deutschland ist die Spionageabwehr formal bei insgesamt drei Behörden angesiedelt. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte sich schon im November für einen Ausbau seiner Gegenspionage-Abteilung mit Blick auf die USA und Großbritannien ausgesprochen.
19. Juli 2014
Der Düsseldorfer Licht-Aktionskünstler Oliver Bienkowski hat wieder ein Zeichen gegen die US-amerikanische Überwachungspraxis gesetzt: Er projizierte ein Bild von US-Präsident Barack Obama an die Fassade der US-Botschaft in Berlin. Neben dem Konterfei des US-Präsidenten mit einer Baseballmütze prangten der Schriftzug "NSA in da House" und ein Victory-Zeichen. (in da House: ironisch anerkennend…)
18. Juli 2014
In einem Gastbeitrag für die Washington Post warnt der ehemaliger Mitarbeiter des US-amerikanischen Außenministeriums John Napier Tye vor den Auswirkungen der Präsidentenverfügung 12333, die 1981 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan erlassen wurde.
Während der USA PATRIOT Act Vorkehrungen für den Schutz der US-Bürger und US-Unternehmen vor Überwachungen enthalte, steht die weltweite Überwachung auf Basis der Präsidentenverfügung 12333 unter keiner demokratischen und juristischen Kontrolle.
Napier Tye verweist zudem darauf, dass die Verfügung 12333 keine Einschränkungen enthalte, was das Abhören von Glasfaserkabeln zwischen Datenzentren von IT-Konzernen, wie Google und Yahoo, betreffe.
17. Juli 2014
Nach Recherchen von Frontal21 soll der Bundesnachrichtendienst (BND) seit 2009 über eine eigene Datenleitung ständigen Zugang zu allen Kommunikationsströmen haben, die den weltweit größten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main durchlaufen. Bereits wenige Wochen nach Beginn der Enthüllungen des Edward Snowden war auch der Datenknoten DE-CIX in den Blickpunkt geraten. Die Betreiber hatten damals erklärt, dass sie unter den geltenden Gesetzen keine Details zur Überwachung sagen dürften.
Papiere von Snowden legen nahe, dass deutsche Nachrichtendienste die in Deutschland abgezapften Daten an US-Geheimdienste weitergeben.
17. Juli 2014
Edward Snowden rät im Interview, Daten nicht beim Cloud-Anbieter Dropbox zu sichern. Der Speicherdienst sei ein leichtes Ziel für die NSA.
Erst kürzlich habe dieser Dienst die ehem. US-Außenministerin Condoleezza Rice in ihren Verwaltungsrat aufgenommen. Condoleezza Rice war schon als Sicherheitsberaterin der Bush-Regierung Befürworterin des Überwachungsprogramms „Stellar Wind“ und mitverantwortlich für den Ausbau des staatlichen Überwachungsapparats nach dem 11. September 2001.
Snowden empfiehlt die Nutzung von 'zero knowledge'-Diensten wie Spideroak, die selbst keinen nicht verschlüsselten Zugriff auf Nutzerdaten haben.
16. Juli 2014
Massenüberwachungen durch Regierungen "entwickeln sich zu einer gefährlichen Gewohnheit und sind keine Ausnahme mehr", sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, am Mittwoch in Genf bei der Vorstellung eines 16-seitigen Berichts zur Datensicherheit.
Es reiche nicht aus, die Nadel im Heuhaufen zu suchen. Es müsse auch "die Auswirkung der Maßnahmen auf den Heuhaufen im Vergleich zur Bedrohung" berücksichtigt werden.
Auf Edward Snowden angesprochen, sagte sie:
„Diejenigen, die die Verletzung von Menschenrechten aufdecken, sollten geschützt werden: Wir brauchen sie.“
15. Juli 2014
In den USA werden die Überwachungspraktiken der eigenen Regierung laut einer Umfrage des Pew Research Centers von der Hälfte der Bevölkerung als akzeptabel eingestuft.
In Deutschland dagegen können sich nur 12 Prozent der Befragten mit den Praktiken der US-Geheimdienste anfreunden. Noch eine Idee deutlicher fällt die Ablehnung in China und Russland aus; ebenfalls eher überwachungsaffine Staaten. Für die Umfrage wurden insgesamt rund 49.000 Menschen aus 44 Staaten befragt.
13. Juli 2014
Wie der Spiegel berichtet, kooperiert das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Entwicklung von Überwachungssoftware eng mit der deutschen Tochter des umstrittenen US-Dienstleisters CSC.
CSC Deutschland "unterstützt das BKA beim Projektmanagement und bei der Erstellung der Softwarearchitektur für die BKA-eigene Software zur Quellen-TKÜ", heißt es in dem dreiseitigen Papier – also bei der Arbeit an einem sogenannten Bundestrojaner. Das sind Spähprogramme, die die Kommunikation von Verdächtigen an deren Computer abfangen sollen.
Spätestens seit Mitte November 2013 ist durch Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des Norddeutschen Rundfunks bekannt, dass CSC dem US-Geheimdienst NSA sehr nahe steht…
11. Juli 2014
Eine Informationsfreiheitsanfrage in den USA hat eine E-Mail-Konversation öffentlich gemacht, die das Wissen der NSA und des Weißen Hauses von der Festplattenzerstörung beim Guardian belegt. Als im letzten Juli durch den britischen Geheimdienst GCHQ mit roher Gewalt Festplatten mit Materialien aus dem Bestand von Snowden zerstört wurden, distanzierte sich das Weiße Haus noch ausdrücklich und verkündete, es sei “sehr schwierig, sich ein Szenario vorzustellen, in dem das angemessen wäre”.
Der stellvertretende NSA-Direktor Richard Ledgett mailte aber an seinen Chef, General Keith Alexander: „Gute Neuigkeiten, zumindest an dieser Front.“
11. Juli 2014
„In Amerika werden mindestens 80% aller Telefongespräche aufgezeichnet und gespeichert, nicht nur die Metadaten“ sagt der Whistleblower William Binney und weiter: „Das ist eine totalitäre Mentalität.“
“Mindestens 80% des weltweiten Glasfasernetzes verläuft durch die USA” sagt Binney. „Das ist kein Zufall und ermöglicht den USA die ganze aktuelle Kommunikation einzusehen. Mindestens 80% aller Telefongespräche werden in den USA aufgezeichnet und gespeichert, nicht nur die Metadaten. Die Angaben der NSA über den Umfang der Speicherungen sind gelogen.“
Bald wird die NSA in der Lage sein, jährlich 966 Exabytes zu speichern, den gesamten jährlichen Internetverkehr…
10. Juli 2014
Die Entdeckung eines zweiten US-Spions hat die Bundesregierung zu einem ungewöhnlich harten diplomatischen Schritt veranlasst. Sie hat den obersten Vertreter der amerikanischen Geheimdienste in Deutschland des Landes verwiesen.
Von der amerikanischen Regierung ist dies mit Befremden und Ärger zur Kenntnis genommen worden. Sie werden wohl trotzdem bald einen neuen obersten Geheimdienstvertreter schicken.
Aber auch in Deutschland ist Skepsis angesagt: Wir wissen, dass die NSA in ganz Deutschland seit Jahrzehnten Horchposten betreibt, dass sie Freund und Feind abhört, flächendeckend Telefonate mitschneidet, Faxe mitliest und Briefe öffnet. Das Parlament hat hierzu einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der von dieser Regierung nur sehr zögerlich unterstützt wird…
9. Juli 2014
NSA und FBI haben jahrelang die Kommunikation hoch angesehener muslimischer US-Politiker, Anwälte und Bürgerrechtler überwacht. Obwohl ihnen keinerlei Straftaten vorgeworfen wurden, befinden sich ihre E-Mail-Adressen auf einer Überwachungsliste zusammen mit gesuchten muslimischen Terroristen.
US-Bürger dürfen nur aufgrund eines hinreichenden Verdachts nach einer gerichtlichen Anordnung des geheimen FISA Court überwacht werden. In diesen Fällen scheint der Verdacht aber allein durch deren Herkunft bzw. Religionszugehörigkeit begründet zu sein.
Gestützt wird diese Vermutung auch durch NSA-Trainingsunterlagen für den Antrag auf eine solche FISA-Überwachung: Der Verdächtige wird dort beispielhaft als "Mohammed Raghead" (Lumpenkopf) bezeichnet.
9. Juli 2014
Die Spionageaffäre mit den USA weitet sich aus. Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung gibt es einen zweiten Spionagefall. Seit dem heutigen Morgen durchsuchen Beamte des Bundeskriminalamts und der Bundesanwaltschaft im Großraum Berlin die Wohn- und Büroräume eines Mitarbeiters des Bundesverteidigungsministeriums, der für einen amerikanischen Geheimdienst in Deutschland spioniert haben soll.
Der Fall wird von informierten Kreisen noch "ernster" eingeschätzt als der Fall des in der vergangenen Woche verhafteten BND-Beamten, der sich nach eigenen Angaben vor zwei Jahren den amerikanischen Geheimdiensten als Spitzel angeboten und der CIA gegen rund 25 000 Euro mehr als zweihundert Dokumente geliefert hat.
6. Juli 2014
Neun von zehn Menschen, die von der NSA ausgespäht wurden, waren nicht die erwünschten Überwachungsziele, aber in einem Netz gefangen, das für jemand anderen ausgeworfen wurde.
Monatelang hat die Washington Post 160.000 E-Mails und Kurznachrichten sowie mehrere tausend weitere elektronische Dokumente, die von der NSA während der ersten Amtszeit von US-Präsident Barack Obama gesammelt worden waren, ausgewertet. Das Ergebnis: Massenhaft gewöhnliche amerikanische Internetnutzer wurden von der NSA ausgespäht. Nicht nur Metadaten wurden gesammelt – sondern konkrete Inhalte, intime Details aus dem Privatleben unbescholtener Bürger.
4. Juli 2014
Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes hat nach eigenen Angaben den NSA-Untersuchungsausschuss ausspioniert – angeblich im Auftrag der USA. Das erfuhren NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" aus Regierungskreisen.
Sollte sich der Spionageverdacht bestätigen, wäre dies der bisher größte Skandal um einen deutsch-amerikanischen Doppelagenten in der Nachkriegszeit.
An die Obleute des Untersuchungsausschusses wurden bereits Kryptohandys zur verschlüsselten Kommunikation ausgegeben. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach vor Journalisten in Berlin von einem "sehr ernsthaften Vorgang".
4. Juli 2014
Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat zwei ehemalige Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA als Zeugen befragt, William Binney und Thomas Drake.
Auch Thomas Drake war ein NSA-Mitarbeiter, der sah, dass die Ausweitung der Datensammelpraxis der NSA gegen die US-Verfassung verstieß. Vergeblich versuchte er, dies auf dem Beschwerdeweg zu korrigieren, wurde zum Whistleblower und dann aus dem Dienst entlassen.
Vor dem Ausschuss bezeugte Drake, dass der BND eng mit dem amerikanischen Geheimdienst NSA zusammenarbeite und potentiell gegen die Verfassung verstoße, indem er Daten des Partners nutze.
Nach Drakes Aussagen lieferte der BND ebenso Daten für Drohnenangriffe der Vereinigten Staaten. „Deutschland wurde als Plattform genutzt, um diese Drohnentechnologie zu nutzen.“
3. Juli 2014
Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat zwei ehemalige Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA als Zeugen befragt, William Binney und Thomas Drake.
William Binney war Technischer Direktor der National Security Agency (NSA). Am 31. Oktober 2001 schied er nach 37-jähriger Arbeit für die NSA aus Protest gegen die Datensammelpraxis aus dem Dienst aus und wurde zum Whistleblower.
Vor dem Ausschuss zeichnete Binney ein düsteres Bild:
"Ursprünglich haben wir Gruppen und ihre Aktivität analysiert. Dann aber 7 Mrd. Einzelpersonen. Das ist der Weg in den Totalitarismus".
Und weiter:
„Die Vollüberwachung der Gesellschaft ist die größte Bedrohung der Demokratie seit dem amerikanischen Bürgerkrieg.“
3. Juli 2014
Nach Recherchen von NDR und WDR wird ein Student aus Erlangen von der NSA überwacht. Er betreibt einen Server für das sog. TOR-Netzwerk, mit dem Internetnutzer ihre Verbindungen anonymisieren können.
Schon länger bemüht sich die NSA, Nutzer des Tor-Netzwerks zu identifizieren. Der Code des Spionagewerkzeugs XKeyscore liefert nun Details: Wer sich im Internet mit Anonymisierung beschäftigt, wird bei der NSA als "Extremist" markiert und gesondert überwacht.
Schon Anfang August 2013 wurden Angriffe durch Schadsoftware auf Nutzer des Tor-Netzwerks registriert, die vermutlich von der NSA ausgingen.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Vorermittlungen aufgenommen.