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Ist Snowden ein russischer Spion?

Hans-Georg Maaßen nach dem NSAUA: "Mir hat's richtig Spass gemacht, kann ich nur sagen!" (Montage)
Bild: Screencopy ARD
Fakt

10. Juni 2016

Der Tagesspiegel titelt:

Maaßen und die Verschwörung
Ist Edward Snowden ein russischer Agent? Viele haben diese Vermutung schon geäußert. Dass aber jetzt Verfassungsschutz-Chef Maaßen damit kokettiert, ist beachtlich.

ZEIT ONLINE titelt:

Maaßen beklagt sich über NSA-Untersuchungsausschuss
Der Bundestagsausschuss behindere die Arbeit seiner Behörde, sagt der Verfassungsschutz-Chef. Zudem zweifelt Maaßen an der Rolle Edward Snowdens.

und

Ist Maaßen ein russischer Agent?
Nein, ist er natürlich nicht, aber die Frage kann man ja mal stellen, oder? Immerhin nutzt der Verfassungsschutzchef ähnliche Argumente, um Snowden zu diskreditieren.

Hans-Georg Maaßen glaubt, Edward Snowden sei ein russischer Spion. Nicht, dass er Beweise für seine Behauptung hätte. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz findet nur – aufgrund seiner Erfahrung als Geheimdienstler, wie er sagte –, dass es plausibel sei…

Es gibt kein Indiz für diese Theorie. Sie ist nach allem, was bisher bekannt wurde, abenteuerlich. Selbst hohe amerikanische Geheimdienstler gehen nicht so weit.

Edward Snowden veranlasste das zu dem auf Deutsch verfassten Tweet:

(SVR ist der Auslandsnachrichtendienst, FSB der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation)

Snowden nutzte dabei die gleiche Satzkonstruktion wie Maaßen und zeigte damit, wie hinterhältig sie ist. Der Fakt wird bestritten, gleichzeitig aber wird das Gerücht gestreut. Das ist nicht nur dünn, es ist Rufmord. Warum sagt Maaßen so etwas?
Weil der Chef des Verfassungsschutzes Teil eines ganzen Kreises von Verantwortlichen in Deutschland ist, die alles dafür tun, um von eben dieser ihrer eigenen Verantwortung in der Spionageaffäre abzulenken.
Wenn er [Maaßen] zugeben würde, dass die Indizien stimmen, die Edward Snowden vorgelegt hat, dann müsste er auch zugeben, dass die Bundesregierung und die deutschen Geheimdienste mitschuldig sind an all der Überwachung, dem Foltern und Töten weltweit. Das wollen sie nicht sein. Lieber schüren sie Zweifel an dem Menschen, der nur eines wollte: eine menschenfreundlichere Welt.

ZEIT ONLINE | ZEIT ONLINE | Deutscher Bundestag | SPIEGEL ONLINE | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de | netzpolitik.org

Vermutlich tödliche Versäumnisse

Heinz Fromm bei Jahresempfang der IHK Offenbach 2011

9. Juni 2016

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte gerade seine 102. Sitzung. Zeugen waren diesmal der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) Hans-Georg Maaßen und sein Vorgänger Heinz Fromm. Hier zunächst Erkenntnisse aus der Zeugenaussage von Heinz Fromm.
Der Untersuchungsausschuss versuchte u.a. zu klären, ob und wie mehrere deutsche Staatsangehörige durch US-Drohnenangriffe im afghanisch-pakistanischen Kriegsgebiet getötet wurden. Dabei steht der Verdacht im Raum, dass die Amerikaner Daten der Deutschen genutzt haben könnten, um Bundesbürger zu orten und zu töten.
ZEIT ONLINE titelt hierzu:

Ex-Geheimdienstchef räumt Versäumnisse beim Umgang mit USA ein
Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sollen US-Behörden sensible Daten geliefert haben. Damit wurden womöglich Deutsche im Ausland geortet und getötet.

Und führt weiter aus:

Man sei stets davon ausgegangen, dass an die USA gelieferte Handydaten von Personen im Visier des Verfassungsschutzes nicht zur Ortung geeignet seien, sagte Fromm dazu. Fromm, der von 2000 bis 2012 Verfassungsschutzpräsident war, räumte ein, dass der deutsche Dienst bei den Amerikanern wohl nicht nachhakte, was mit den Daten passierte. Eingehende Recherchen, ob Handydaten doch zur Ortung genutzt werden können, seien damals nicht angestellt worden.

ZEIT ONLINE | netzpolitik.org

Die NSA war vorschriftsmäßig informiert!

Edward Snowden Interview

7. Juni 2016

Edward Snowden hat immer betont, dass er seine Bedenken mehrmals erfolglos den intern zuständigen Stellen – auch schriftlich – vorgetragen habe, bevor er sich schließlich gezwungen sah, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die zuständigen Stellen der NSA durchsuchten dann wochenlang Snowdens gespeicherte Emails nach entsprechenden Hinweisen – ohne Erfolg…
Das stützte die These, dass Snowden ein Verräter sei. Auch Präsident Barack Obama formulierte (am 9. Aug. 2013): “No, I don’t think Mr. Snowden is a patriot” (Nein, ich glaube nicht, dass Herr Snowden ein Patriot ist).
Neue Dokumente zeigen aber, dass die NSA über Snowdens Bedenken informiert war. Das hat aber niemanden interessiert!

In den USA gibt es den Freedom of Information Act (FOIA), der jedem das Recht gibt, Zugang zu Dokumenten von staatlichen Behörden zu verlangen. Vice News konnte nun durch eine FOIA-Klage die Veröffentlichung bisher nicht bekannter Dokumente erzwingen.
WIRED Germany berichtet dazu:

In den Unterlagen befinden sich Protokolle bisher unbekannter Kontakte zwischen Snowden und dem Oversight-and-Compliance-Büro der NSA. Sogar ein Treffen soll es gegeben haben. Der genaue Inhalt von Snowdens Kritik bleibt unklar, er scheint aber zumindest rechtliche Bedenken an der massenhaften Datensammlung des Geheimdienstes zum Ausdruck gebracht zu haben.
Die neuen Dokumente zeigen auch, dass die NSA diese Kontakte nach den Leaks im Jahr 2013 systematisch verneint hat. „Unsere Ergebnisse lauten, dass wir keine Anzeichen in den Interviews, E-Mails oder Chats gefunden haben, die seine Aussagen stützen“, schreibt ein NSA-Beamter in einer E-Mail.

VICE News | WIRED | Salon.com

Zum 3. Jahrestag der Snowden-Enthüllungen

Aufkleber Asyl für Edward Snowden

5. Juni 2016

Zum dritten Jahrestag der Snowden-Enthüllungen schreibt Carolin Emcke in ihrer Kolumne in der Süddeutschen Zeitung über das ethische Dilemma: Pflicht

Ziviler Ungehorsam kann auf eine notwendige und wünschenswerte Veränderung oder auf die notwendige und wünschenswerte Erhaltung des Status quo ausgerichtet sein“, schrieb die Philosophin Hannah Arendt 1970 in ihrem Aufsatz „Ziviler Ungehorsam“, „auf die Erhaltung verfassungsmäßiger Rechte oder auf die Wiederherstellung des richtigen Machtgleichgewichts innerhalb des Regierungssystems.“ In der einen oder anderen Deutung passt diese Beschreibung sehr gut auf die Handlungen von Edward Snowden. Als der ehemalige Mitarbeiter der NSA im Jahr 2013 sein geheimes Wissen über die weltweiten Abhörpraktiken der amerikanischen und britischen Geheimdienste enthüllte, motivierte ihn nach eigener Auskunft ebendies: der notwendige Wunsch nach Veränderung und die notwendige Erhaltung verfassungsmäßiger Rechte. Was Snowden durch seinen aufklärerischen Akt kritisierte, waren die illegalen Auswüchse eines unkontrollierten Sicherheitsapparats, der die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, die zu schützen er den Auftrag hat, missachtete. Es ging ihm insofern um beides: um den Erhalt der subjektiven Rechte des Einzelnen wie um die parlamentarische Wiederherstellung des Machtgleichgewichts innerhalb eines Regierungssystem – hier zwischen Regierung und den Geheimdiensten – das ganz offensichtlich aus den Fugen geraten war.

Passend zum dritten Jahrestag bleibt nur noch ein: Danke, Edward, für den Mut und die Zivilcourage! (Aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Süddeutsche.de

Whistleblower hatten keine Chance

Der Whistleblower John Crane bei Democracy Now!
Bild: Screencopy aus Democracy Now!

23. Mai 2016

John Crane arbeitete 25 Jahre im Büro des Generalinspekteurs beim US-Verteidigungsministerium, zuletzt als "Assistant Inspector General". Dort war er zuständig für die eingehenden internen Fragen und Beschwerden. Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums konnten sich vertrauensvoll – auch anonym – an seine Dienststelle wenden, wenn sie den Eindruck hatten, dass an ihrem Arbeitsplatz etwas nicht rund läuft.
DER SPIEGEL und der britische Guardian haben Crane in Washington getroffen und interviewt:

Heute sagt Crane, dass das System, das er maßgeblich mit aufgebaut hatte, nicht funktionierte, wie es sollte. Dass es in manchen Fällen sogar pervertiert wurde – und nicht mehr diejenigen schützte, die als Whistleblower auf Missstände hinwiesen. Sondern eher diejenigen, die sie zu verantworten hatten.
Der Fall, der für John Crane das Fass zum Überlaufen brachte, war der des NSA-Whistleblowers Thomas Drake. Drake, der in leitender Funktion bei einem der NSA-Überwachungsprogramme arbeitete, und 2002 seine Bedenken über ein geplantes neues Überwachungsprogramm auf dem offiziellen Weg vorgetragen hatte. Drake übergab den Ermittlern des zuständigen Generalinspekteurs interne Dokumente, bat jedoch um Anonymität, weil er um seine Zukunft fürchtete – doch sein Name landete im US-Justizministerium, im Herbst 2007 wurde sein Haus durchsucht. Bewaffnete FBI-Beamte nahmen ihn fest. Drake wurde nach dem Spionagegesetz von 1917 angeklagt und mit 35 Jahren Haft bedroht…
"Snowden hat den Fall Drake gesehen", sagt John Crane. "Es war der Umgang mit Drake, der ihn dazu brachte, nicht innerhalb des Systems zu bleiben." Er finde es "traurig, dass jemand ins Exil gehen muss, weil er das Gefühl hat, die verschiedenen Kanäle, die ihm zur Verfügung stehen, nicht nutzen zu können…

SPIEGEL ONLINE | Democracy Now! | The Guardian

Freiheit für Manning!

19. Mai 2016

Die American Civil Liberties Union (ACLU) hat einen kurzen Beitrag zur Unterstützung von Chelsea Mannings Militärgerichtsbeschwerde eingereicht und erklärt, warum Mannings Verurteilung unter dem Spionagegesetz von 1917 als verfassungswidrig angesehen werden sollte.

Dieser „Espionage Act“ wurde über Jahrzehnte nur gegen ausländische Spione angewendet und es wurden niemals jahrzehntelange Freiheitsstrafen verhängt. Die ersten Whistleblower, die unter diesem Spionagegesetz angeklagt wurden, waren 1971 Daniel Ellsberg und Anthony Russo (Pentagon Papers), aber sie wurden nie verurteilt!
Diese Praxis änderte sich grundlegend erst ab 2009 mit der Amtsübernahme von Barack Obama. Angeklagt wurden insbesondere folgende Whistleblower:

  • 2010 Thomas Drake, ehem. Angestellter der National Security Agency (NSA)
  • 2010 Chelsea (Bradley) Manning, ehem. IT-Spezialist der US-Streitkräfte
  • 2011 James Risen, Reporter der The New York Times
  • 2012 John Kiriakou, ehem. CIA-Offizier
  • 2013 Edward Snowden, ehem. CIA-Mitarbeiter

Unter Präsident Barack Obama war die Anwendung des „Espionage Acts“ von Regierungsinteressen geleitet:
So wurden sowohl die Veröffentlichung geheimer Regierungsinformationen in der Biographie von General David Petraeus als auch der leichtfertige Umgang mit Verschlusssachen auf Hillary Clintons privatem eMail-Server nicht geahndet, während Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde!
Mannings extreme Strafe ist ein gutes Beispiel für die Willkür der Regierung. Aber noch beunruhigender ist die Tatsache, dass das Gesetz Manning daran hinderte, das öffentliche Interesse an seinen geleakten Informationen zu benennen und zu berücksichtigen. Dies verstößt gegen den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten.

American Civil Liberties Union | YouTube | Wikipedia

BKA-Gesetz teilweise verfassungswidrig!

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe - Bundesadler mit illuminierten LEDs

20. April 2016

Heute hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sein Urteil zum BKA-Gesetz verkündet und es in Teilen als verfassungswidrig befunden.
Die beiden Beschwerden waren einerseits von Ärzten, Juristen und Journalisten eingereicht worden, besonders im Hinblick auf ihre Rechte als Berufsgeheimnisträger, und andererseits von Mitgliedern der grünen Bundestagsfraktion der vorvergangenen Legislaturperiode. Die Beschwerdeführer und ihre Anwälte Gerhart Baum, Burkhard Hirsch und Sönke Hilbrans können das Urteil als Erfolg verbuchen, ihre Kritik an den erweiterten Überwachungsbefugnissen des BKA, am mangelnden Kernbereichsschutz und am zu wenig beschränkten Datenaustausch fand überwiegend Gehör.
Nur einige der verfassungswidrigen Paragraphen sind allerdings auch sofort nichtig, andere gelten mit einigen Beschränkungen weiterhin, müssen aber bis längstens zum 30. Juni 2018 nachgebessert werden.
Insbesondere die Verhältnismäßigkeit und der Kernbereichsschutz, also der Schutz der höchstpersönlichen Sphäre eines Menschen gemäß Art. 1 Abs. 1 GG, der unantastbar bleiben soll, werden im Urteil betont… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Auch Andrea Voßhoff, die Bundesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat das Urteil begrüßt:

Mit seinem Urteil hat das Gericht erneut einen weiteren Meilenstein für den Datenschutz und für das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit vorgelegt. Ich fühle mich durch das Urteil vor allem in meinen Forderungen nach Verbesserung der datenschutzrechtlichen Kontrollmöglichkeiten bestätigt. Die Forderung des Gerichts nach turnusmäßigen Pflichtkontrollen sowie Berichtspflichten gegenüber Parlament und Öffentlichkeit belegen, dass auch wichtige Aufgaben wie die Terrorismusbekämpfung in einem Rechtsstaat nur in den Grenzen der Verfassung erfolgen dürfen. Das Urteil hat insoweit Grundsatzcharakter für den gesamten Sicherheitsbereich.

SPIEGEL ONLINE | netzpolitik.org | netzpolitik.org | BfDI | Bündnis 90/Die Grünen

Datenschutz: Schwerwiegender Verstoß durch BND

Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff
Bild: Screencopy phoenix/YouTube

16. April 2016

Der Spiegel berichtet:

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff wirft dem Bundesnachrichtendienst (BND) vor, ihre Behörde missachtet zu haben. In einem 60-seitigen Bericht zur deutsch-amerikanischen Kooperation in der Überwachungsstation Bad Aibling kritisiert Voßhoff, der BND habe sich geweigert, ihrer Behörde die sogenannten NSA-Selektoren zur Prüfung zu überlassen. Dies sei ein "schwerwiegender Verstoß" gegen das Bundesdatenschutzgesetz, das allen öffentlichen Einrichtungen des Bundes vorschreibt, die Datenschutzbehörde zu unterstützen. Alle Selektoren, die über deutsche Systeme laufen, heißt es in Voßhoffs Bericht, unterlägen deutschem Recht und damit der Kontrolle ihrer Behörde. Über Jahre hatte der BND für den US-Geheimdienst NSA Millionen Suchbegriffe, sogenannte Selektoren, in seine eigenen Systeme eingespeist. Viele davon konnte der deutsche Dienst nach eigenen Angaben nicht zuordnen. Diese Selektoren, so schreibt die Bundesdatenschutzbeauftragte weiter, hätten niemals verwendet werden dürfen.

heise online

Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten

Was alles so für fünf Jahre gespeichert wird.

14. April 2016

Das Europäische Parlament hat heute für die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten gestimmt. Die umstrittene Richtlinie verpflichtet alle europäischen Fluggesellschaften die Passagierdaten (PNR) an alle EU-Staaten weiterzugeben. Behörden in den 28 Mitgliedsländern können dann die pro Flug und Passagier etwa 60 anfallenden Einzeldaten speichern, rastern und verarbeiten.

Zu den Daten gehören die Essenwünsche der Flugreisenden genauso wie Kreditkartennummer, Mitreisende, Wohnort oder E-Mailadresse. Die Daten dürfen für fünf Jahre gespeichert werden. Alleine auf deutschen Flughäfen werden jedes Jahr 216 Millionen Passagiere abgefertigt. Durch diese neue Vorratsdatenspeicherung entsteht eine gigantische Menge an Daten, die nicht nur eine Erfassung der Mobilität ermöglicht, sondern über die Essensauswahl auch Rückschlüsse auf andere sensible Details wie die Religionszugehörigkeit zulässt. Wie die Daten gerastert werden könnten, erklärt der ehemalige Europol-Chef Max-Peter Ratzel im SRF… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org

Die Panama Papers

Finanzdistrikt Panama City

04. April 2016

Die Panama Papers sind der größte Daten-Leak, der je von Journalisten bearbeitet wurde. 400 Journalisten von 100 Medien in 78 Ländern sind an der Aufarbeitung beteiligt. Federführung hat die Süddeutsche Zeitung, an die der Informant mit dem 2,6 Terrabyte großen Datensatz herangetreten war, der aus den Archiven des Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca stammt. Einen Hintergrund, wie es zum Leak kam, gibt es auf Tagesschau.de, einen guten einführenden Artikel beim Guardian. Im Kern geht es bei den Offshore-Geschäften mit den Briefkastenfirmen um Korruption und Steuerhinterziehung.

Süddeutsche.de | Süddeutsche.de | Twitter | SPIEGEL ONLINE | netzpolitik.org

BND: Ausspähen unter Freunden ging immer!

02. April 2016

Der Bundesnachrichtendienst spioniert nicht nur im Auftrag der NSA befreundete Regierungen und Organisationen aus.

SPIEGEL ONLINE berichtet:

Nach SPIEGEL-Informationen überwachte der BND zudem eigenständig mindestens zwei Außenstellen der Luftfahrtunternehmen Eurocopter und EADS. Der Vorgang ist heikel, weil bislang nur bekannt war, dass der US-Geheimdienst NSA großes Interesse an diesen beiden Firmen hatte und den BND absprachewidrig für deren Überwachung missbrauchte. Der Skandal um die Spionageziele der NSA im BND-System hatte das deutsch-amerikanische Verhältnis schwer belastet.

Aus eigenem Antrieb, ohne Auftrag der Amerikaner, überwachte der BND außerdem internationale Institutionen wie das Drogenkontrollprogramm der Vereinten Nationen, die Opec und den Internationalen Währungsfonds. In den USA gehörten die NASA und die U.S. Air Force zu den Zielen des BND.

SPIEGEL ONLINE | ZEIT ONLINE

Über die Bedeutung von Privatsphäre

Edward Snowden, Noam Chomsky, Glenn Greenwald
Bild: University of Arizona

31. März 2016

Der Whistleblower Edward Snowden gibt mittlerweile häufig Interviews und wird bei vielen Events per Video zugeschaltet. Mit dem Journalisten Glenn Greenwald und dem Wissenschaftler Noam Chomsky verhält es sich ähnlich. Das „College of Social and Behavioral Sciences“ an der Universität Arizona hat die drei Kritiker von staatlicher Überwachung für „A Conversation on Privacy“ – einem Gespräch über Privatsphäre – zusammengebracht.

Ein sehenswertes zweistündiges Interview über das Recht auf Privatsphäre, dessen Bedeutung für (Meinungs-)Freiheit, und die Auswirkungen von Überwachung. Besonders geeignet für jene, die immer noch das Argument vorbringen: „Ich brauche keine Privatsphäre, weil ich nichts zu verbergen habe“. Das sei so, als wenn jemand sagen würde „Ich brauche keine Pressefreiheit, weil ich nichts zu sagen habe“, sagt Snowden.

(Aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

The Intercept | netzpolitik.org

FBI knackt Apples iPhone

29. März 2016

Dem FBI ist es gelungen, das iPhone 5C des Attentäters von San Bernardino zu entsperren und die darauf liegenden, verschlüsselten Inhalte auszulesen. Das geht aus einer gestrigen Eingabe beim kalifornischen Bundesgericht hervor. Dieses hatte Apple im vergangenen Februar dazu verdonnert, der US-Regierung eine eigens entwickelte iOS-Version zur Verfügung zu stellen, die mehrere Sicherheitsmechanismen des mobilen Betriebssystems hätte aushebeln sollen…
Wie Ars Technica berichtet, stehen weder Apple noch der Öffentlichkeit effektive juristische Möglichkeiten zur Verfügung, die US-Regierung zur Offenlegung der Methode zu zwingen. Zwar schreibt der sogenannte „Vulnerabilities Equities Process“ entsprechende Leitlinien für Behörden wie das FBI oder die NSA fest, doch verbleibt die Entscheidung darüber, ob bislang unbekannte Sicherheitslücken an den jeweiligen Hersteller gemeldet oder so lange wie möglich für Überwachungszwecke eingesetzt werden, weitgehend bei den Behörden selbst…
Nicht öffentliche bekannte Sicherheitslücken stellen naturgemäß ein hohes Risiko für die Allgemeinheit dar, denn neben staatlichen Ermittlungsbehörden sind auch gewöhnliche Kriminelle daran interessiert, möglichst lange möglichst viele Einfallstore für Einbrüche vorzufinden. So hat sich rund um diesen digitalen Waffenhandel ein lukrativer Markt entwickelt, in dem mittlerweile bis zu einer Million US-Dollar für iOS-Lücken bezahlt werden.
Indem die US-Regierung nun offenlegt, über zumindest einen solchen Zero-Day-Exploit zu verfügen, sendet sie ein unmissverständliches Signal an deutlich fragwürdigere Regime, Kriminelle und letztlich an Verbraucher: Ganze iPhone-Modellreihen sind unsicher… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de | netzpolitik.org

Überwachung bringt abweichende Meinungen zum Schweigen

Silenced !

22. März 2016

Wenn Internetnutzer_innen davon ausgehen, dass ihr Online-Verhalten staatlicher Überwachung unterliegt, sinkt bei vielen die Bereitschaft, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen. Zu diesem Ergebnis kommt eine US-amerikanische Studie, die Anfang März im Journalism and Mass Communication Quarterly veröffentlicht wurde. Die Studie „Under Surveillance: Examining Facebook’s Spiral of Silence Effects in the Wake of NSA Internet Monitoring“ (pdf) wurde von Elizabeth Stoycheff durchgeführt, die am Fachbereich Kommunikation an der Wayne State University (Michigan) lehrt. Sie hat untersucht, wie sich die Wahrnehmung staatlicher Überwachung auf das Verhältnis zwischen der Einschätzung des Meinungsklimas und der Bereitschaft zur Meinungsäußerung auswirkt.

Laut einer früheren Studie sind sich 87 Prozent der US-Amerikaner_innen bewusst darüber, dass ihr Online-Verhalten staatlicher Überwachung unterliegt. Einer Studie des Pew Research Center zufolge waren 2014 86 Prozent der Befragten bereit, offline über Snowdens PRISM-Leak zu sprechen – aber nur die Hälfte würde etwas dazu bei Facebook oder Twitter posten. Dieser Widerwille zeigte sich am stärksten bei denjenigen Befragten, deren Social-Media-Umfeld eine andere Meinung als sie selbst vertrat. Diese als Schweigespirale bekannte Theorie wollte die neue Studie um das Thema staatliche Überwachung ergänzen… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org

Lavabit sollte Postfach von Snowden herausgeben

I would _strongly_ recommend against anyone trusting their private data to a company with physical ties to the United States.

18. März 2016

Einmal mit Profis: Die US-Regierung hat die Akte zum Fall Lavabit geöffnet, aber leider entscheidende Schwärzungen vergessen. Demnach ist nun klar, was zuvor nur spekuliert wurde: Die Behörden forderten vom E-Mail-Anbieter Lavabit Zugriff auf das Postfach von Edward Snowden.

Die auf Cryptome veröffentlichte Dokumentensammlung (pdf, 140 MB) zum Fall Lavabit enthält trotz zahlreicher Schwärzungen den entsprechenden Betreff (WIRED berichtete):

Den Namen Snowdens durfte Lavabit-Gründer Ladar Levison nie öffentlich nennen. Nachdem bekannt wurde, dass Snowden auf seiner Flucht aus Hongkong über eine Lavabit-Adresse kommuniziert hatte, nahmen US-Behörden den auf Datensicherheit bedachten E-Mail-Anbieter ins Visier. Levison wehrte sich nicht unkreativ gegen die Herausgabe von Daten: Er übergab den SSL-Schlüssel dem FBI – ausgedruckt auf elf Seiten. Den wollte kein Beamter abtippen. Nach Strafandrohungen entschied Levison sich im August 2013 zur Abschaltung, forderte jedoch die Herausgabe der Gerichtsakten. Die lieferten die Behörden nun; hätten sie doch bloß die Schwärzungen nicht vom Praktikanten machen lassen! (Übernommen aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | WIRED

Frank-Walter Steinmeier vor dem NSAUA

Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier

18. März 2016

Der NSA-Untersuchungsausschuss verhörte am 17.03.2016 den amtierende Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier. Steinmeier hatte in den Jahren seit 2001 mehrere Ämter inne, die mit der NSA-Affäre in Zusammenhang stehen…

  • 1998 -1999 Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste
  • 1999 – 2005 Auch Chef des Bundeskanzleramtes
  • November 2005 – Oktober 2009 Bundesminister des Auswärtigen

In Steinmeiers Amtszeiten fallen mehrere Themen des Untersuchungsausschusses. Insbesondere die Ausarbeitung des Memorandum of Agreements – dem Kooperationsvertrag zwischen BND und NSA – zwischen 1999 und 2002 ist dabei von Interesse. Hier wurden die grundlegenden Vereinbarungen für die Kooperation der Dienste getroffen…
Das Ziel der Operation Eikonal sei gewesen, die Kommunikation zwischen ausländischen Partnern zu erfassen, die durch Deutschland geleitet wurde. Steinmeier war das bekannt und es scheint ihm auch heute richtig…
Das Thema „Geheimer Krieg“ kam in Steinmeiers Eingangsstatement nicht vor. Kein Wort zu den Aktivitäten der USA in Ramstein, keine Bezüge zur Aussage des ehemaligen US-Drohnenbedieners Brandon Bryant aus dem Oktober 2015. Bryant hat in seiner Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss Ramstein als Relaisstation und unersetzlichen Teil der Drohnensteuerung beschrieben.
Auf Nachfrage der Obleute schilderte Steinmeier, dass es erste Diskussionen rund um den Komplex Geheimer Krieg in 2007 gegeben habe. Auslöser war die Einrichtung des US-Kommandos AFRICOM in Stuttgart…
Steinmeier äußerte die bereits von Mitarbeitern des Außenministeriums in den letzten Wochen vorgetragene Auffassung, dass aus Ramstein keine Drohnen starten würden.
Außerdem habe der US-Präsident öffentlich geäußert, es gäbe keine Drohnensteuerung aus Ramstein. Deshalb gäbe es keinen Anlass für die Bundesregierung das anzuzweifeln… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

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Die Büchse der Pandora

Zeid Ra'ad Zeid Al Hussein, United Nations High Commissioner for Human Rights during the presentation his annual report at a 28th Session at the Human Rights Council. 5 March 2015.
Bild: UN Geneva

4. März 2016

Die US-Bundespolizei (FBI) versucht Apple zur Mithilfe bei der Entsperrung eines iPhones zu zwingen. Das Smartphone gehörte dem San-Bernardino-Attentäter Syed Farook.
Reuters berichtet hierzu:

Die Vereinten Nationen haben die US-Behörden im Streit mit Apple über das Entsperren von iPhones davor gewarnt, die Büchse der Pandora zu öffnen.
Es sei möglich, dass die Rechte von Millionen Menschen weltweit verletzt und das Vorgehen von autoritären Staaten und kriminellen Hackern erleichtert würden, sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra’ad Al Hussein, am Freitag.

Heise-online ergänzt, dass sich zahlreiche IT-Firmen und Sicherheitsexperten wie etwa Bruce Schneier hinter Apple stellten, indem sie "Amicus Curiae"-Briefe verfasst haben. Diese "Äußerungen Dritter" sollen Apple vor Gericht helfen.
Reuters | heise online | heise online

Löcher im Privacy Shield

Logo der neuen Vereinbarung: EU-US-Privatsphäre-Schild

1. März 2016

Die EU-Kommission hat den Entwurf für den geplanten Safe-Harbor-Nachfolger herausgegeben: Das EU-US-Privacy-Shield soll den Datenaustausch von Firmen zwischen den USA und der EU neu regeln, nachdem der Vorgänger „Safe Harbor“ vom Europäischen Gerichtshof im letzten Oktober für ungültig erklärt worden war.
Die EU-Kommission meint, dass es dadurch keine anlasslose Massenüberwachung mehr geben werde.

Datenschützer und kritische Medien kommen aber zu einer ganz anderen Einschätzung.
Stellvertretend sei hier der Spiegel zitiert:

Massenhaft erfasste Daten sollen demnach "nur für sechs spezifische Zwecke" verwendet werden dürfen. Das versichert das Büro von US-Geheimdienstkoordinator James Clapper in einem Brief…
Diese Ausnahmen sollen Jahr für Jahr überprüft werden – von Clapper selbst…
Aus Clappers weit gefassten Aussagen lässt sich ableiten: Die US-Dienste haben nicht vor, irgendetwas an ihrem Verhalten zu ändern. Sie erwarten weiterhin, dass Europa darauf vertraut, dass sie mit ihrem alles sehenden Internetauge schon nichts Verwerfliches anstellen werden.
Außerdem dürfen die Daten, die die US-Dienste und ihre Verbündeten aus dem Netz ziehen, lange aufbewahrt werden. In der Regel sind das fünf Jahre. Wenn Clapper erklärt, dass es im nationalen Interesse ist, die Daten länger aufzuheben, kann die Frist auch überschritten werden.

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USA: Datenschutz soll weiter ausgehebelt werden

Bild: Screencopy Edward Snowden/Twitter

27. Februar 2016

Die New York Times titelt: Nach Informationen gut unterrichteter Kreise steht die Obama-Administration kurz davor, der National Security Agency zu erlauben, einen größeren Teil der abgefangenen privaten Kommunikation an andere amerikanische Nachrichtendienste weiterzugeben, ohne dabei den Schutz der Privatsphäre zu berücksichtigen.
Edward Snowden hebt die Bedeutung dieses Artikels auf Twitter hervor mit den Worten:

Für wie gefährlich Sie das auch immer halten mögen, ich verspreche Ihnen, dass es noch schlimmer ist.