Kein sicherer Hafen!

Logo der neuen Vereinbarung: EU-US-Privatsphäre-Schild

12. Juli 2016

Die Europäische Kommission hat wie erwartet das umstrittene Privacy Shield verabschiedet, das den Transfer personenbezogener Daten zwischen den USA und Europa nach dem Ende von Safe Harbor auf eine rechtssichere Grundlage stellen soll.
Die Süddeutsche titelt:

Vertraut uns, wir sind Spione

  • EU und USA haben eine neue Vereinbarung zum Datenaustausch beschlossen.
  • "Privacy Shield" soll die Privatsphäre der EU-Bürger garantieren, doch Politiker und Datenschützer sind skeptisch.
  • Zwar können Unternehmen besser kontrolliert werden, doch das Problem der Massenüberwachung durch US-Geheimdienste bleibt bestehen.

Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nennt die Vereinbarung "Persilschein für die Massenüberwachung", heute sei "ein pechschwarzer Tag für den Datenschutz in Europa".

Alexander Sander, Hauptgeschäftsführer Digitale Gesellschaft e.V., teilte netzpolitik.org mit:

Die EU hat es versäumt, eine rechtmäßige, vertrauenswürdige und wirksame Grundlage für transatlantische Datenflüsse auf den Weg zu bringen. Das Privacy Shield genügt den Vorgaben der Safe-Harbor Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) keineswegs. Noch immer können die Geheimdienste der USA massenhaft und faktisch unkontrolliert auf personenbezogenen Daten der Europäerinnen und Europäer zugreifen und diese speichern und verarbeiten. Zudem hat man versäumt, einen ausreichenden Rechtsschutz für die europäischen Bürgerinnen und Bürger zu implementieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Vereinbarung vom EuGH zu Fall gebracht wird.

Süddeutsche.de | heise online | netzpolitik.org | netzpolitik.org

Affäre Maaßen

Bundesamt für Verfassungsschutz - Demokratie schützen!

6. Juli 2016

Die Netzpolitik-Affäre begann Anfang 2015 mit der Veröffentlichung von Auszügen aus geheimen Haushaltsplänen des Verfassungsschutzes auf der Internetplattform netzpolitik.org. Als dann der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, Strafanzeigen „unter allen rechtlichen Gesichtspunkten“ gegen Unbekannt erstattete, wurde daraus eine Maaßen-Affäre. Als der zuständige Generalbundesanwalt Harald Range aufgrund dieser Strafanzeigen dann ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Landesverrats einleitete, wurde daraus eine Maaßen-Range-Affäre: Hier lief ein Angriff auf die Pressefreiheit.
Als der vielseitige Protest gegen diese Maßnahmen lauter wurde, ging schließlich auch Justizminister Heiko Maas auf Distanz zu den Landesverrats-Ermittlungen gegen die Blogger von netzpolitik.org und schickte Generalbundesanwalt Harald Range Anfang August 2015 in den Ruhestand. Darauf wurde das Verfahren eingestellt, denn die Dokumente seien keine Staatsgeheimnisse gewesen und damit liege also kein Landesverrat mehr vor.
So weit, so gut! Doch die Ermittlungen gegen „Unbekannt“, also die Informanten von netzpolitik.org, gingen weiter. Da es sich dabei aber „nur“ noch um den Vorwurf der Verletzung von Dienstgeheimnissen handelte, war nun nicht mehr die Bundesanwaltschaft tätig, sondern die Staatsanwaltschaft Berlin. Damit war die Affäre zu ihrem Kern zurückgekehrt: Sie wurde wieder zur Maaßen-Affäre!
Heute aber ist endlich Schluss damit und netzpolitik.org konnte titeln:
Liebe Landesverrat-Quelle „Unbekannt“: Die Ermittlungen gegen dich sind eingestellt!

netzpolitik.org | ZEIT ONLINE | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | SPIEGEL ONLINE

"Snowden ist ein Russen-Agent"

Hochrangiger russischer Geheimdienst-Kontrolleur gesteht: Snowden ist ein Russen-Agent
Bild: BILD.de

2. Juli 2016

BILD titelte schon am 09. Juni 2016
BND-Chef Gerhard Schindler bei BILDTownhall: »Snowden ist ein Verräter
Im Interview führte der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) dann weiter aus:

Und was ich noch eher skeptisch beurteile ist, dass er [Snowden] sich in die Hand der Russen begeben hat und damit das Spiel der Russen und die hybride Kriegsführung mit unterstützt. Er ist zum Spielball des FSB (Anm. d. R.: russischer Inlandgeheimdienst) geworden und das ist alles andere als gut.

Einen Tag später hatte dann Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen vor dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss mit Nachdruck – und wie sich hinterher herausstellte: mit großer innerer Freude und Genugtuung – die These vertreten, dass Edward Snowden ein russischer Agent sei. Einen Beweis konnte er nicht vorlegen, "aber es hätte hohe Plausibilität" für einen erfahrenen Geheimdienstler wie ihn!
Diese Steilvorlage wollte sich die BILD-Zeitung – unter Chefredakteur Julian Reichelt – nicht entgehen lassen. Ein kurzes Radiointerview der US-Journalistin Mary Louise Kelly tat seine Dienste.
BILD schreibt:

In einem bemerkenswerten Interview von dieser Woche erklärte Franz Klintsevich – ein hochrangiger russischer Sicherheitsbeamter – ganz nüchtern: „Seien wir ehrlich. Snowden hat Geheiminformationen weitergegeben. Dafür sind Sicherheitsdienste ja da. Wenn es eine Möglichkeit gibt, an Informationen zu gelangen, dann werden sie es auch tun.“

und titelte dann:
Hochrangiger russischer Geheimdienst-Kontrolleur gesteht: Snowden ist ein Russen-Agent

Die Argumentation der BILD-Story in Auszügen:

Whistleblower Edward Snowden arbeitet offenbar schon länger für den russischen Geheimdienst…
Jetzt gibt es endlich Fakten!
Für jeden, der sich mit der Welt der Spionage auskennt – vor allem im Zusammenhang mit den Russen – steht fest, dass Snowden ein Überläufer ist und dass er mit Moskaus Sicherheitsdiensten zusammenarbeitet…
Ein westlicher Geheimdienstmitarbeiter, dem in Russland Zuflucht gewährt wird, wird seinen Gastgebern alles mitteilen, was er weiß – da gibt es nichts zu diskutieren…
Nun hat der Kreml die Frage ein für allemal geklärt, indem er verlautbaren ließ, Edward Snowden arbeite in der Tat für ihn…

Bild.de | Bild.de | BILDblog | Update: ARD fakt

UN: Internetzensur ist eine Menschenrechtsverletzung

Human Right Council - 32nd Session
Bild: UN Geneva

1. Juli 2016

Edward Snowden twittert:

Gute Nachrichten heute: @UN Menschenrechtsrat bekräftigt Online-Rechte, verurteilt das Stören oder Abschalten des Internets.

Die Entschließung zum Thema "Förderung, Schutz und Genuss der Menschenrechte im Internet" ist die gemeinsame Initiative von Brasilien, Nigeria, Schweden, Tunesien, der Türkei und den Vereinigten Staaten von Amerika.
Sie bekräftigt, dass "die gleichen Rechte, die Menschen offline haben, auch online geschützt werden müssen".

Der UN Menschenrechtsrat verurteilt "offensichtliche Maßnahmen die darauf abzielen, einen Zugang zum Internet zu verhindern oder die Verbreitung von Information online zu stören". Dies sei eindeutig eine Menschenrechtsverletzung.

Article 19 | derStandard.at

BND-Reformgesetz: Massenüberwachung legalisieren

Derzeit halblegaler Teilzugriff, bald legaler Generalzugriff: BND am Internet-Knoten DE-CIX.

28. Juni 2016

Abhören deutscher Internet-Knoten, Weltraum-Theorie, illegale Überwachungsziele: Die Liste fragwürdiger Praktiken des Bundesnachrichtendiensts (BND) ist lang. Spätestens seit die Granden des Verfassungsrechts zum Auftakt des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses im Bundestag feststellten, dass „die gesamte deutsche Auslandsaufklärung rechtswidrig ist“, führte an einer Reform der Geheimdienst-Überwachung kein Weg vorbei.
Das Kabinett hat nun den Entwurf für ein neues BND-Gesetz verabschiedet, das „klare Regeln für die Auslandsaufklärung“ festschreiben soll.
Netzpolitik.org titelt hierzu:
Das neue BND-Gesetz: Alles, was der BND macht, wird einfach legalisiert. Und sogar noch ausgeweitet.
Und fasst dann zusammen:

  1. Inland: Bisher durfte der Auslandsgeheimdienst BND innerhalb Deutschlands eigentlich nicht abhören. Der Internet-Knoten DE-CIX klagt dagegen, dass er seit 2009 vom BND abgehört wird. Das wird jetzt einfach legalisiert, der BND bekommt einen Vollzugriff.
  2. Masse: Bisher durfte der BND nur einzelne Leitungen abhören, z.B. eine Glasfaser der Telekom zwischen Luxemburg und Wien – und davon eigentlich nur 20 Prozent der Kapazität. Jetzt fallen beide Grenzen und der BND darf ganze Telekommunikationsnetze abhören, also sämtliche Leitungen von Telekom und DE-CIX. Damit wird das „Ausmaß der Überwachung erheblich steigen“.
  3. Anlass: Die Überwachung wird immer mit Terror, Krieg und Proliferation begründet. Das waren schon bisher nur einige von insgesamt acht Abhör-Zielen, inklusive „Cyber-Gefahren“ wie DDoS-Angriffe. Aber auch diese „Beschränkung“ gilt nur für EU-Bürger. Den Rest der Welt darf der BND abhören, um „die Handlungsfähigkeit der BRD zu wahren“ und „Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ zu gewinnen. Das „erlaubt die Überwachung zu annähernd beliebigen Zielen“.
  4. Metadaten: Die „beliebigen Überwachungsziele“ gelten nur für Inhaltsdaten. Metadaten darf der BND von allen sammeln, die nicht eindeutig als Deutsche erkennbar sind – also im Zweifel immer. Der BND selbst soll Metadaten nur ein halbes Jahr speichern dürfen. Aber der BND darf Metadaten auch massenhaft und automatisch an „Partner“ wie die NSA geben. Schon bisher gibt der BND der NSA mindestens 1.300.000.000 Metadaten – jeden Monat. Das wird jetzt legalisiert.
  5. Kontrolle: Die Kontrolle der Geheimdienste ist bisher zersplittert in drei Gremien, die jeweils nur einen Ausschnitt sehen. Jetzt wird ein viertes Gremium geschaffen, das als „unabhängig“ bezeichnet wird, aber von der Regierung ernannt wird. Auch weiterhin gibt es keine Kontroll-Instanz, die ein vollständiges Bild über die Aktivitäten des BND hat. Effektive Kontrolle ist so unmöglich.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE

Massenüberwachung funktioniert nicht

Bild: Screencopy Edward Snowden/Twitter

26. Juni 2016

Edward Snowden ist noch immer abhängig von seinem russischen Exil in Moskau. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, seinen weit mehr als 2 Millionen Followern auf Twitter mitzuteilen, dass er die anstehende Verschärfung von Massenüberwachungsmaßnahmen in Russland strikt ablehnt.
Er appellierte indirekt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, das in der Duma verabschiedete Paket von umstrittenen "Anti-Terror-Gesetzen" nicht in Kraft zu setzen:

Russlands neue "Big-Brother"-Verordnung ist eine nicht umsetzbare, ungerechtfertigte Verletzung von Rechten und sollte nie unterzeichnet werden.

Und eine Stunde später ergänzte Snowden:

Massenüberwachung funktioniert nicht. Dieses Gesetz kostet jeden Russen Geld und Freiheit ohne die Sicherheit zu verbessern. Es sollte nicht unterzeichnet werden.

Snowdens Kritik wurde sogar über den russischen Auslandsfernsehsender RT (ehemals Russia Today) verbreitet.

heise online | heise online | RT News

BSI-Vize Könen widerspricht BfV-Chef Maaßen

BSI-Vizepräsident Andreas Könen
Bild: ZDF.de

23. Juni 2016

In der 104. Sitzung des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses des Bundestags trat u.a. Andreas Könen, Vizepräsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf.

Bezüglich der Echtheit der Snowden-Dokumente hat BSI-Vize Könen eine andere Einschätzung als Verfassungsschutz-Präsident Maaßen, der in der letzten Sitzung des Ausschusses spekulierte, Snowden könne ein russischer Agent und die von ihm weitergegebenen Dokumente gefälscht sein.
Nach Könen gebe es grundlegend keinen Zweifel an der Authentizität der Snowden-Dokumente. Die in ihnen beschriebenen Angriffe seien so durchführbar, was das BSI auch einige Male durch Nachprüfungen getestet habe. Jedes einzelne Dokument auf seine Echtheit zu prüfen sei schwer durchführbar, dies sei jedoch für das BSI nicht der entscheidende Punkt, da die in den Dokumenten dargestellten Systeme an sich realistisch seien. Die vor diesen Enthüllungen vom BSI als teuer und unpraktikabel abgetanen Angriffe wurden nach 2013 anders eingeschätzt. Die Bedrohungslage habe sich verändert, weshalb die gewählten Schutzmaßnahmen neu bewertet wurden.
Auch bei der Frage, ob Handynummern dazu genutzt werden können, um Personen genau zu orten, widersprach Könen Maaßen und anderen Vertretern des BfV. Die Ortung einer Person anhand einer Handynummer sei auf wenige Meter genau möglich. Dies ist vor allem in Bezug auf Drohnenanschläge, basierend auf auch von deutschen Behörden weitergegebenen Handynummern, relevant. (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | netzpolitik.org | Deutscher Bundestag | Golem.de

Ist Snowden ein russischer Spion?

Hans-Georg Maaßen nach dem NSAUA: "Mir hat's richtig Spass gemacht, kann ich nur sagen!" (Montage)
Bild: Screencopy ARD
Fakt

10. Juni 2016

Der Tagesspiegel titelt:

Maaßen und die Verschwörung
Ist Edward Snowden ein russischer Agent? Viele haben diese Vermutung schon geäußert. Dass aber jetzt Verfassungsschutz-Chef Maaßen damit kokettiert, ist beachtlich.

ZEIT ONLINE titelt:

Maaßen beklagt sich über NSA-Untersuchungsausschuss
Der Bundestagsausschuss behindere die Arbeit seiner Behörde, sagt der Verfassungsschutz-Chef. Zudem zweifelt Maaßen an der Rolle Edward Snowdens.

und

Ist Maaßen ein russischer Agent?
Nein, ist er natürlich nicht, aber die Frage kann man ja mal stellen, oder? Immerhin nutzt der Verfassungsschutzchef ähnliche Argumente, um Snowden zu diskreditieren.

Hans-Georg Maaßen glaubt, Edward Snowden sei ein russischer Spion. Nicht, dass er Beweise für seine Behauptung hätte. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz findet nur – aufgrund seiner Erfahrung als Geheimdienstler, wie er sagte –, dass es plausibel sei…

Es gibt kein Indiz für diese Theorie. Sie ist nach allem, was bisher bekannt wurde, abenteuerlich. Selbst hohe amerikanische Geheimdienstler gehen nicht so weit.

Edward Snowden veranlasste das zu dem auf Deutsch verfassten Tweet:

(SVR ist der Auslandsnachrichtendienst, FSB der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation)

Snowden nutzte dabei die gleiche Satzkonstruktion wie Maaßen und zeigte damit, wie hinterhältig sie ist. Der Fakt wird bestritten, gleichzeitig aber wird das Gerücht gestreut. Das ist nicht nur dünn, es ist Rufmord. Warum sagt Maaßen so etwas?
Weil der Chef des Verfassungsschutzes Teil eines ganzen Kreises von Verantwortlichen in Deutschland ist, die alles dafür tun, um von eben dieser ihrer eigenen Verantwortung in der Spionageaffäre abzulenken.
Wenn er [Maaßen] zugeben würde, dass die Indizien stimmen, die Edward Snowden vorgelegt hat, dann müsste er auch zugeben, dass die Bundesregierung und die deutschen Geheimdienste mitschuldig sind an all der Überwachung, dem Foltern und Töten weltweit. Das wollen sie nicht sein. Lieber schüren sie Zweifel an dem Menschen, der nur eines wollte: eine menschenfreundlichere Welt.

ZEIT ONLINE | ZEIT ONLINE | Deutscher Bundestag | SPIEGEL ONLINE | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de | netzpolitik.org

Vermutlich tödliche Versäumnisse

Heinz Fromm bei Jahresempfang der IHK Offenbach 2011

9. Juni 2016

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte gerade seine 102. Sitzung. Zeugen waren diesmal der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) Hans-Georg Maaßen und sein Vorgänger Heinz Fromm. Hier zunächst Erkenntnisse aus der Zeugenaussage von Heinz Fromm.
Der Untersuchungsausschuss versuchte u.a. zu klären, ob und wie mehrere deutsche Staatsangehörige durch US-Drohnenangriffe im afghanisch-pakistanischen Kriegsgebiet getötet wurden. Dabei steht der Verdacht im Raum, dass die Amerikaner Daten der Deutschen genutzt haben könnten, um Bundesbürger zu orten und zu töten.
ZEIT ONLINE titelt hierzu:

Ex-Geheimdienstchef räumt Versäumnisse beim Umgang mit USA ein
Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sollen US-Behörden sensible Daten geliefert haben. Damit wurden womöglich Deutsche im Ausland geortet und getötet.

Und führt weiter aus:

Man sei stets davon ausgegangen, dass an die USA gelieferte Handydaten von Personen im Visier des Verfassungsschutzes nicht zur Ortung geeignet seien, sagte Fromm dazu. Fromm, der von 2000 bis 2012 Verfassungsschutzpräsident war, räumte ein, dass der deutsche Dienst bei den Amerikanern wohl nicht nachhakte, was mit den Daten passierte. Eingehende Recherchen, ob Handydaten doch zur Ortung genutzt werden können, seien damals nicht angestellt worden.

ZEIT ONLINE | netzpolitik.org

Die NSA war vorschriftsmäßig informiert!

Edward Snowden Interview

7. Juni 2016

Edward Snowden hat immer betont, dass er seine Bedenken mehrmals erfolglos den intern zuständigen Stellen – auch schriftlich – vorgetragen habe, bevor er sich schließlich gezwungen sah, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die zuständigen Stellen der NSA durchsuchten dann wochenlang Snowdens gespeicherte Emails nach entsprechenden Hinweisen – ohne Erfolg…
Das stützte die These, dass Snowden ein Verräter sei. Auch Präsident Barack Obama formulierte (am 9. Aug. 2013): “No, I don’t think Mr. Snowden is a patriot” (Nein, ich glaube nicht, dass Herr Snowden ein Patriot ist).
Neue Dokumente zeigen aber, dass die NSA über Snowdens Bedenken informiert war. Das hat aber niemanden interessiert!

In den USA gibt es den Freedom of Information Act (FOIA), der jedem das Recht gibt, Zugang zu Dokumenten von staatlichen Behörden zu verlangen. Vice News konnte nun durch eine FOIA-Klage die Veröffentlichung bisher nicht bekannter Dokumente erzwingen.
WIRED Germany berichtet dazu:

In den Unterlagen befinden sich Protokolle bisher unbekannter Kontakte zwischen Snowden und dem Oversight-and-Compliance-Büro der NSA. Sogar ein Treffen soll es gegeben haben. Der genaue Inhalt von Snowdens Kritik bleibt unklar, er scheint aber zumindest rechtliche Bedenken an der massenhaften Datensammlung des Geheimdienstes zum Ausdruck gebracht zu haben.
Die neuen Dokumente zeigen auch, dass die NSA diese Kontakte nach den Leaks im Jahr 2013 systematisch verneint hat. „Unsere Ergebnisse lauten, dass wir keine Anzeichen in den Interviews, E-Mails oder Chats gefunden haben, die seine Aussagen stützen“, schreibt ein NSA-Beamter in einer E-Mail.

VICE News | WIRED | Salon.com

Zum 3. Jahrestag der Snowden-Enthüllungen

Aufkleber Asyl für Edward Snowden

5. Juni 2016

Zum dritten Jahrestag der Snowden-Enthüllungen schreibt Carolin Emcke in ihrer Kolumne in der Süddeutschen Zeitung über das ethische Dilemma: Pflicht

Ziviler Ungehorsam kann auf eine notwendige und wünschenswerte Veränderung oder auf die notwendige und wünschenswerte Erhaltung des Status quo ausgerichtet sein“, schrieb die Philosophin Hannah Arendt 1970 in ihrem Aufsatz „Ziviler Ungehorsam“, „auf die Erhaltung verfassungsmäßiger Rechte oder auf die Wiederherstellung des richtigen Machtgleichgewichts innerhalb des Regierungssystems.“ In der einen oder anderen Deutung passt diese Beschreibung sehr gut auf die Handlungen von Edward Snowden. Als der ehemalige Mitarbeiter der NSA im Jahr 2013 sein geheimes Wissen über die weltweiten Abhörpraktiken der amerikanischen und britischen Geheimdienste enthüllte, motivierte ihn nach eigener Auskunft ebendies: der notwendige Wunsch nach Veränderung und die notwendige Erhaltung verfassungsmäßiger Rechte. Was Snowden durch seinen aufklärerischen Akt kritisierte, waren die illegalen Auswüchse eines unkontrollierten Sicherheitsapparats, der die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, die zu schützen er den Auftrag hat, missachtete. Es ging ihm insofern um beides: um den Erhalt der subjektiven Rechte des Einzelnen wie um die parlamentarische Wiederherstellung des Machtgleichgewichts innerhalb eines Regierungssystem – hier zwischen Regierung und den Geheimdiensten – das ganz offensichtlich aus den Fugen geraten war.

Passend zum dritten Jahrestag bleibt nur noch ein: Danke, Edward, für den Mut und die Zivilcourage! (Aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Süddeutsche.de

Whistleblower hatten keine Chance

Der Whistleblower John Crane bei Democracy Now!
Bild: Screencopy aus Democracy Now!

23. Mai 2016

John Crane arbeitete 25 Jahre im Büro des Generalinspekteurs beim US-Verteidigungsministerium, zuletzt als "Assistant Inspector General". Dort war er zuständig für die eingehenden internen Fragen und Beschwerden. Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums konnten sich vertrauensvoll – auch anonym – an seine Dienststelle wenden, wenn sie den Eindruck hatten, dass an ihrem Arbeitsplatz etwas nicht rund läuft.
DER SPIEGEL und der britische Guardian haben Crane in Washington getroffen und interviewt:

Heute sagt Crane, dass das System, das er maßgeblich mit aufgebaut hatte, nicht funktionierte, wie es sollte. Dass es in manchen Fällen sogar pervertiert wurde – und nicht mehr diejenigen schützte, die als Whistleblower auf Missstände hinwiesen. Sondern eher diejenigen, die sie zu verantworten hatten.
Der Fall, der für John Crane das Fass zum Überlaufen brachte, war der des NSA-Whistleblowers Thomas Drake. Drake, der in leitender Funktion bei einem der NSA-Überwachungsprogramme arbeitete, und 2002 seine Bedenken über ein geplantes neues Überwachungsprogramm auf dem offiziellen Weg vorgetragen hatte. Drake übergab den Ermittlern des zuständigen Generalinspekteurs interne Dokumente, bat jedoch um Anonymität, weil er um seine Zukunft fürchtete – doch sein Name landete im US-Justizministerium, im Herbst 2007 wurde sein Haus durchsucht. Bewaffnete FBI-Beamte nahmen ihn fest. Drake wurde nach dem Spionagegesetz von 1917 angeklagt und mit 35 Jahren Haft bedroht…
"Snowden hat den Fall Drake gesehen", sagt John Crane. "Es war der Umgang mit Drake, der ihn dazu brachte, nicht innerhalb des Systems zu bleiben." Er finde es "traurig, dass jemand ins Exil gehen muss, weil er das Gefühl hat, die verschiedenen Kanäle, die ihm zur Verfügung stehen, nicht nutzen zu können…

SPIEGEL ONLINE | Democracy Now! | The Guardian

Freiheit für Manning!

19. Mai 2016

Die American Civil Liberties Union (ACLU) hat einen kurzen Beitrag zur Unterstützung von Chelsea Mannings Militärgerichtsbeschwerde eingereicht und erklärt, warum Mannings Verurteilung unter dem Spionagegesetz von 1917 als verfassungswidrig angesehen werden sollte.

Dieser „Espionage Act“ wurde über Jahrzehnte nur gegen ausländische Spione angewendet und es wurden niemals jahrzehntelange Freiheitsstrafen verhängt. Die ersten Whistleblower, die unter diesem Spionagegesetz angeklagt wurden, waren 1971 Daniel Ellsberg und Anthony Russo (Pentagon Papers), aber sie wurden nie verurteilt!
Diese Praxis änderte sich grundlegend erst ab 2009 mit der Amtsübernahme von Barack Obama. Angeklagt wurden insbesondere folgende Whistleblower:

  • 2010 Thomas Drake, ehem. Angestellter der National Security Agency (NSA)
  • 2010 Chelsea (Bradley) Manning, ehem. IT-Spezialist der US-Streitkräfte
  • 2011 James Risen, Reporter der The New York Times
  • 2012 John Kiriakou, ehem. CIA-Offizier
  • 2013 Edward Snowden, ehem. CIA-Mitarbeiter

Unter Präsident Barack Obama war die Anwendung des „Espionage Acts“ von Regierungsinteressen geleitet:
So wurden sowohl die Veröffentlichung geheimer Regierungsinformationen in der Biographie von General David Petraeus als auch der leichtfertige Umgang mit Verschlusssachen auf Hillary Clintons privatem eMail-Server nicht geahndet, während Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde!
Mannings extreme Strafe ist ein gutes Beispiel für die Willkür der Regierung. Aber noch beunruhigender ist die Tatsache, dass das Gesetz Manning daran hinderte, das öffentliche Interesse an seinen geleakten Informationen zu benennen und zu berücksichtigen. Dies verstößt gegen den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten.

American Civil Liberties Union | YouTube | Wikipedia

Elektronik und Umwelt 1

s.a. Elektronik und Umwelt 2

WEEE Man London South Bank

Die WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) der EG regelt die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten.

Der WEEE Man stellt die Menge an Elektro- und Elektronikschrott dar, die ein Engländer durchschnittlich im Verlaufe seines Lebens hinterlässt.

Unterhaltungselektronik in Deutschland und anderswo

In den etwa 40 Millionen deutschen Haushalten gab es 2009 etwa

  • 12 Millionen Flachbildfernseher
  • 12 Millionen Navis
  • 13 Millionen Spielekonsolen
  • 34 Millionen Digitalkameras
  • 51 Millionen PCs
  • 63 Millionen Mobiltelefone
Eden WEEE man statue

Weltweit gibt es 2010 schon etwa 5 Milliarden Mobilfunkanschlüsse.

Ende 2006 waren bereits 75 Prozent aller deutschen und japanischen Haushalte mit PCs ausgerüstet, dagegen nur 1,2 Prozent in Indien, 2,3 Prozent in Bolivien und 4,1 Prozent in China. Das Wachstumspotenzial für Elektronikgeräte ist also enorm, vor allem in Entwicklungsländern.

Die wichtigsten Problemfelder in 7 Thesen


These 1: Bei der Herstellung von Computern und anderen Geräten der Unterhaltungselektronik werden riesige Mengen Energie und Rohstoffe verbraucht. Dabei werden in vielen Herstellerländern gewaltige Umweltschäden angerichtet.

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Die Herstellung eines PC mit 17-Inch-Bildschirm benötigt 240 Kilogramm fossile Energieträger, 22 Kilogramm Chemikalien und 1500 Kilogramm Wasser insgesamt also 1,8 Tonnen Rohstoffe!

Oder anders betrachtet: Bevor ein Computer zum ersten Mal eingeschaltet wird, hat er bereits etwa 3.000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht.

Die Produktion dieser Geräte wird zunehmend in sog. Billiglohnländer verlagert, in denen meist auch der Umweltschutz nicht so genau genommen wird.


These 2: Die Nutzung von Computern und anderen Geräten der Unterhaltungselektronik führt zu einem gewaltigen rasant steigenden Stromverbrauch weltweit.

Stromverbrauch von Servern und Rechenzentren in Deutschland

Nach Berechnungen des Borderstep Instituts lag der Stromverbrauch allein von Servern und Rechenzentren in Deutschland schon 2008 bei 10,1 TWh (10 Milliarden KWh). Das bedeutet, dass in Deutschland vier mittelgroße Kohlekraftwerke ausschließlich für die Versorgung von Servern und Rechenzentren benötigt werden.


These 3: Der technologische Fortschritt bei Geräten der Unterhaltungselektronik führt bei sinkenden Preisen dazu, dass diese meist schon nach 2-3 Jahren durch neue Geräte ersetzt werden.
Dies verschärft in vielen Herstellerländern die schon bestehenden Umweltprobleme.

Media Markt - Ich bin doch nicht blöd.
SATURN - Wir hassen teuer!

Obwohl 80% der Haushalte schon mindestens einen Computer und fast 90% mindestens ein Handy haben, kaufen die Deutschen nach der Statistik von BITKOM in diesem Jahr wieder:

  • fast 5 Millionen Spielekonsolen
  • 8 Millionen Smartphones/Handys
  • fast 9 Millionen Digitalkameras
  • 12 Millionen PCs

2014 sollen weltweit rund 570 Millionen Rechner verkauft werden.


Diese und weitere ergänzende Materialien unter: Umwelt > Umweltbelastung > Elektronikschrott

Material mit freundlicher Genehmigung von: Ruth Flickr (Flickr) || polymer808 (Flickr) || jurvetson (Flickr) || BITKOM – der Hightech-Verband || Media Markt. Computer || Saturn


Bisher veröffentlichte Themenskizzen

Aufbau und Funktionsweise des Computers:

Anwendungen des Computers:

Aus der Geschichte des Computers:

Computer und Umwelt:


BKA-Gesetz teilweise verfassungswidrig!

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe - Bundesadler mit illuminierten LEDs

20. April 2016

Heute hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sein Urteil zum BKA-Gesetz verkündet und es in Teilen als verfassungswidrig befunden.
Die beiden Beschwerden waren einerseits von Ärzten, Juristen und Journalisten eingereicht worden, besonders im Hinblick auf ihre Rechte als Berufsgeheimnisträger, und andererseits von Mitgliedern der grünen Bundestagsfraktion der vorvergangenen Legislaturperiode. Die Beschwerdeführer und ihre Anwälte Gerhart Baum, Burkhard Hirsch und Sönke Hilbrans können das Urteil als Erfolg verbuchen, ihre Kritik an den erweiterten Überwachungsbefugnissen des BKA, am mangelnden Kernbereichsschutz und am zu wenig beschränkten Datenaustausch fand überwiegend Gehör.
Nur einige der verfassungswidrigen Paragraphen sind allerdings auch sofort nichtig, andere gelten mit einigen Beschränkungen weiterhin, müssen aber bis längstens zum 30. Juni 2018 nachgebessert werden.
Insbesondere die Verhältnismäßigkeit und der Kernbereichsschutz, also der Schutz der höchstpersönlichen Sphäre eines Menschen gemäß Art. 1 Abs. 1 GG, der unantastbar bleiben soll, werden im Urteil betont… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Auch Andrea Voßhoff, die Bundesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat das Urteil begrüßt:

Mit seinem Urteil hat das Gericht erneut einen weiteren Meilenstein für den Datenschutz und für das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit vorgelegt. Ich fühle mich durch das Urteil vor allem in meinen Forderungen nach Verbesserung der datenschutzrechtlichen Kontrollmöglichkeiten bestätigt. Die Forderung des Gerichts nach turnusmäßigen Pflichtkontrollen sowie Berichtspflichten gegenüber Parlament und Öffentlichkeit belegen, dass auch wichtige Aufgaben wie die Terrorismusbekämpfung in einem Rechtsstaat nur in den Grenzen der Verfassung erfolgen dürfen. Das Urteil hat insoweit Grundsatzcharakter für den gesamten Sicherheitsbereich.

SPIEGEL ONLINE | netzpolitik.org | netzpolitik.org | BfDI | Bündnis 90/Die Grünen

Datenschutz: Schwerwiegender Verstoß durch BND

Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff
Bild: Screencopy phoenix/YouTube

16. April 2016

Der Spiegel berichtet:

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff wirft dem Bundesnachrichtendienst (BND) vor, ihre Behörde missachtet zu haben. In einem 60-seitigen Bericht zur deutsch-amerikanischen Kooperation in der Überwachungsstation Bad Aibling kritisiert Voßhoff, der BND habe sich geweigert, ihrer Behörde die sogenannten NSA-Selektoren zur Prüfung zu überlassen. Dies sei ein "schwerwiegender Verstoß" gegen das Bundesdatenschutzgesetz, das allen öffentlichen Einrichtungen des Bundes vorschreibt, die Datenschutzbehörde zu unterstützen. Alle Selektoren, die über deutsche Systeme laufen, heißt es in Voßhoffs Bericht, unterlägen deutschem Recht und damit der Kontrolle ihrer Behörde. Über Jahre hatte der BND für den US-Geheimdienst NSA Millionen Suchbegriffe, sogenannte Selektoren, in seine eigenen Systeme eingespeist. Viele davon konnte der deutsche Dienst nach eigenen Angaben nicht zuordnen. Diese Selektoren, so schreibt die Bundesdatenschutzbeauftragte weiter, hätten niemals verwendet werden dürfen.

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