NSA-Timeline: Aktivisten

Engagement und Solidarität gegen den Überwachungswahn

Der 1. Edward-Snowden-Platz Dresdens

Bild: Screencopy guntergall kult-tv 2

21. Juni 2015

Pünktlich zum 32. Geburtstag Edward Snowdens wurde in Dresden ein kleiner Platz auf dem Gelände Bautzner Straße 6 auf seinen Namen getauft. Mit dieser deutschlandweit ersten derartigen Aktion möchte Markwart Faussner, Miteigentümer des Grundstückes, gemeinsam mit zwei weiteren Initiatoren ein Zeichen setzen und den mutigen Einsatz von Whistleblowern weltweit und auch in Deutschland würdigen sowie für mehr Zivilcourage werben.
Die feierliche Enthüllung des Schildes „Edward-Snowden-Platz“ wurde durch eine kurze Laudatio eingeleitet. „Edward Snowden, der uns im Juni 2013 die Augen geöffnet hat, dass wir täglich weltweit überwacht werden. Unsere Daten werden gespeichert, unsere Daten werden ausgewertet.“ All das werde angeblich für unsere Freiheit getan. „Ich habe aber Sorge, dass unsere Freiheit so gut überwacht und beschützt wird, dass zum Schluss nichts mehr übrig ist von unserer Freiheit!“ sagte der Redner. „Whistleblower sind enorm wichtig für eine funktionierende demokratische Gesellschaft. Man muss etwas tun, sonst bleibt alles immer nur Stammtischgerede.“ Deshalb setzen wir hier ein Zeichen und taufen diesen Platz in Edward-Snowden-Platz“, und ergänzte: „Dear Edward, I have a dream, that you will someday come back to your homeland as a free man.“
Diese Aktion war gründlich vorbereitet und mit Edward Snowdens deutschem Anwalt, dem in Berlin tätigen Menschrechtsaktivisten und Experten für internationales Strafrecht Wolfgang Kaleck, abgesprochen. Die Initiatoren hoffen, dass ihre Aktion Mut macht, auch anderenorts vergleichbare Aktionen durchzuführen.

„China und Russland sind so gut wie sicher im Besitz der Snowden-Dokumente“

Bild: Rama

16. Juni 2015

Glenn Greenwald hatte in seiner Replik auf den unseriösen Artikel der „Sunday Times“ vom 14. Juni schon darauf hingewiesen, dass die schamlosen Angriffe auf Edward Snowden keine neue Masche sind. Daniel Ellsberg, Chelsea Manning und andere Whistleblower sind in der Vergangenheit in gleicher Weise diffamiert worden.
Snowden selbst hat mehrfach unmissverständlich erklärt, dass er bei seiner Flucht aus Hongkong keine Dateien bei sich hatte. Diese habe er vorher den Journalisten übergeben, mit denen er zusammenarbeitete, und dann habe er seine eigene Kopie gewissenhaft vernichtet.
Nun wird Snowden aber von ganz anderer Seite gegen die Diffamierungen in Schutz genommen. Bruce Schneier, der renommierte Experte für Kryptographie und Computersicherheit ist sich ziemlich sicher, dass China und Russland im Besitz der Snowden-Dokumente sind, weil sie schon lange vor Snowden in die entsprechenden Netzwerke der NSA eingedrungen waren. Die Geheimdienste sollten daher nicht auf Snowden zeigen, sondern in den Spiegel schauen!
Schneier weist noch einmal darauf hin, dass Snowden beteuerte, dass er nichts nach Russland mitnahm und dass er die Dokumente auf eine Weise verschlüsselte, bei der er selbst keinen Zugang mehr haben konnte. Schneier hat keinen Zweifel an diesen Aussagen, da alle in Computersicherheit ausgebildeten Fachleute dies genauso handhaben würden.
Eine solche Verschlüsselung ist sehr stark, schwach ist aber die Sicherheit von Computern und Netzen. Die Schwachstelle ist folglich nicht Snowden, sondern sind alle, die mit solchen Dateien auf ihren Rechnern und in ihren Netzwerken umgehen. Das sind alle dazu berechtigten Mitarbeiter der Geheimdienste, aber auch die Journalisten, die diese Dateien bearbeiten. Auch wenn sie alle Vorsichtsmaßnahmen befolgen, wissen wir aus den Snowden-Dokumente, dass ein Geheimdienst wie die NSA schon 2008 außerordentliche Fähigkeiten entwickelt hatte, in Computer einzudringen, auch wenn sie besonders gesichert und nicht mit dem Netz verbunden waren.
Diese Fähigkeiten der NSA sind aber nicht einzigartig. Man muss davon ausgehen, dass andere Länder auch schon 2008 ähnliche Fähigkeiten besessen haben. Erfolgreiche Cyberangriffe der letzten Monate auch auf Netzwerke der US-Regierung zeigen, wozu Staaten wie China oder Russland fähig sind.
So wie der US-Geheimdienst Netzwerke anderer Staaten unbemerkt infiltriert hat und wie Snowden sich lange Zeit unentdeckt im Netz der NSA herumtreiben konnte, könnten dies dort auch fremde Geheimdienste getan haben. Man weiß es nicht, aber „sicherlich mussten Russland und China nicht auf Snowden warten, um an diese Dokumente zu kommen“ folgerte Bruce Schneier aus seiner Analyse.

Freunde bespitzeln – geht doch!


13. Juni 2015

Die Arbeit des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages ist mühsam. Viele Zeugen haben erhebliche Erinnerungslücken. Dennoch wird allmählich sichtbar, dass vieles nicht korrekt abgelaufen ist, obwohl fast alle Verantwortlichen fast immer fast alles – den Vorgaben entsprechend – richtig gemacht hätten.
Auch von den öffentlichen Sitzungen des Ausschusses gibt es bekanntlich keine offiziellen Protokolle (außer denen, die bisher von WikiLeaks unerlaubt veröffentlicht worden sind). Informieren kann man sich zwar durch die von netzpolitik.org dankenswerter Weise veröffentlichten Live-Blogs der Sitzungen… Aber diese rudimentären Mitschriften sind natürlich letztlich nicht beweiskräftig.
Nun steht ja der Bundesnachrichtendienst (BND) seit einiger Zeit im Verdacht, aus eigenem Interesse oder dem des US-Dienstes NSA befreundete europäische Länder, insbesondere Frankreich und Österreich bespitzelt zu haben.
Der österreichische „Kurier“ hat sich nun offensichtlich das Protokoll der Sitzung vom 21. Mai 2015 besorgt, bei der BND-Chef Gerhard Schindler u.a. zu eben dieser Frage als Zeuge gehört wurde.
Nun schreibt der „Kurier“, dass Schindler bestätigt habe, „dass österreichische Regierungsbehörden, aber auch der Regierungssitz des französischen Präsidenten im Élysée-Palast [vom BND] ausspioniert wurden." Und BND-Chef Schindler habe gesagt, "dass er dabei keine rechtlichen Bedenken habe, da die Menschenrechtskonvention nur für das eigene Staatsgebiet gelte."
"Wir glauben, dass das rechtswidrig war", sagte Martina Renner, Abgeordnete der LINKEN, dem "Kurier".

Der Geist des Kanzleramts


10. Juni 2015

Kai Biermann kommentiert bei ZEIT ONLINE:

„Die Aufklärer kommen nicht weiter. Die alles entscheidende Frage des NSA-Untersuchungsausschusses kann nicht geklärt werden: Hat sich der Bundesnachrichtendienst dazu missbrauchen lassen, Deutschland und befreundete Länder auszuspähen? Die Antwort darauf steckt in der geheimen Liste der Suchbegriffe, über die seit Wochen diskutiert wird. Diese Selektoren belegen, was der BND auf Anfrage der NSA ausgeforscht hat. Die Liste zeigt, ob Firmen und Politiker in Europa das Ziel der Überwachung waren.
Doch der Untersuchungsausschuss darf die Liste nicht sehen, denn die Regierung fürchtet Ärger mit den USA. Sie will nicht offenlegen, wie die NSA arbeitet.“
„Die Obleute [der Ausschüsse des Bundestags] sollten die Akten sehen dürfen. Sie sollten zur Not die Bundesregierung darauf verklagen. Einen wie auch immer ausgestatteten Sonderermittler sollten sie auf keinen Fall akzeptieren. Weil die Grenze dessen erreicht ist, was sie an Schwärzungen, Lügen und gezielter Verschleierung hinnehmen dürfen.“

Heribert Prantl kommentiert in der Süddeutschen Zeitung:

„Es gibt Grundregeln des Parlamentarismus. Die Bundesregierung ist gerade dabei, sie außer Kraft zu setzen: Die Regierung will selbst bestimmen, wer die parlamentarischen Kontrollrechte wahrnimmt. Sie will den "Ermittlungsbeauftragten" bestimmen, der für das Parlament die Selektorenliste des BND einsieht und dem Parlament beziehungsweise seinen Ausschüssen dann darüber berichtet. Das ist, mit Verlaub, ein Witz.“

Die Regeln parlamentarischer Kontrolle des Regierungshandelns können nicht einfach mal so von der Regierung außer Kraft gesetzt werden – auch dann nicht, wenn die NSA und US-Interessen berührt sind. Die Freundschaft mit den USA ist ein hoher Wert, aber sie ist nicht mehr wert als die Verfassung. Und sie legitimiert nicht deren Missachtung.
"Die Bundesregierung hat ein Mandat des Parlaments und unterliegt dessen Kontrolle", sagt die Obfrau der Linkspartei, Martina Renner. Alles andere beschneide das Parlament und verhindere Aufklärung, sagen die Obleute.

Massenüberwachung ist Menschenrechtsverletzung


9. Juni 2015

Genau zwei Jahre, nachdem Edward Snowden durch den britischen Guardian und die Washington Post bekannt gegeben hatte, dass er der Whistleblower ist, der die anlasslose Massenüberwachung durch das Spähprogramm PRISM des US-amerikanischen Geheimdienstes NSA enthüllt hatte, führte „ZEIT ONLINE“ ein Interview mit Daniel Ellsberg, dem wohl bekanntesten US-amerikanischen Whistleblower, der 1971 die Pentagon Papers an Journalisten weitergegeben hatte, die die Lügen der US-Regierung über den Vietnamkrieg offenbarten.
Daniel Ellsberg fühlt sich den Whistleblowern Edward Snowden und auch Chelsea Manning, die vertrauliche Dokumente und Videos insbesondere zu Menschenrechtsverletzungen im Irakkrieg an WkiLeaks weitergegeben hatte, sehr verbunden.
Er ist äußerst besorgt über das Ausmaß der Massenüberwachung. „Tatsache ist jedenfalls, dass der heute bestehende Überwachungsapparat in der Lage ist, den genauen Aufenthaltsort Hunderttausender Menschen zu ermitteln – von Muslimen, Menschen aus dem Nahen Osten, Dissidenten, und so weiter. Ich glaube, dass sie, wenn es ein zweites 9/11 gäbe, über Nacht in Camps landen würden, so wie die Japaner in den USA im Zweiten Weltkrieg. Wir haben die Infrastruktur eines Polizeistaates geschaffen.“ Sagt Ellsberg und fügt besorgt hinzu: „Und die Deutschen erkennen das eher als Amerikaner.“
„Anlasslose Massenüberwachung… ist schlicht eine Menschenrechtsverletzung, die noch nicht einmal die Sicherheit erhöht.“
Auf die Frage, ob Deutschland Edward Snowden politisches Asyl anbieten sollte, sagte Ellsberg: „Aber natürlich! Deutschland schuldet ihm politisches Asyl. Das ist ein Menschenrecht. Er erfüllt die Bedingungen. Leider ist kein Land in Europa oder Lateinamerika bereit, sich in dieser Sache mit dem Weißen Haus anzulegen.“

Aufsicht und Kontrolle ausbauen!

Bild: Saeima

8. Juni 2015

Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarates, weist in einem aktuellen Papier darauf hin, dass alle Regierungen Europas an die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Verfassungen gebunden sind. Er sieht aber in praktisch allen 47 Mitgliedsländern Lücken in der Aufsicht der Dienste und drängt massiv auf eine Reform in allen Mitgliedsländern.
Im Gespräch mit der Zeitschrift c’t verweist er zuerst auf zwei gravierende Aspekte:
„Zum einen die Beteiligung von mehr als 25 Mitgliedsländern an rechtswidrigen Auslieferungen von Terrorverdächtigen an den US-Geheimdienst CIA. Wo waren da die Kontrolleure? Zum anderen durch die Enthüllungen zur Massenüberwachung von Edward Snowden. Die haben noch einmal gezeigt, dass die Aufsicht nicht funktioniert.“
„Wir haben die Lektion von Edward Snowden sehr schnell vergessen“, sagt er und nimmt dann exemplarisch zu Frankreich Stellung, wo nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo schnell verschärfte Überwachungsgesetze vorgelegt wurden. „Das Hauptproblem ist der geplante Verzicht auf eine Kontrolle durch die Gerichte und der Übergang von einer gezielten Überwachung zu einer Massenüberwachung. Das ist in hohem Maße problematisch.“
„Ein anderer Aspekt ist, dass die Massenüberwachung uns am Ende unsicherer macht. Der von Pieter Omtzigt vorbereitete Bericht der Parlamentarischen Versammlung liefert starke Argumente dafür, dass die massenhafte Überwachung Mittel abzweigt, die für die Aufklärung terroristischer Gefahren benötigt werden.“
Die parlamentarische Aufsicht ist wichtig, muss aber dringend ergänzt werden. „Das Norwegische EOS-Utvalget Komitee und CTIVD in den Niederlanden können die Dienste zu einer Prüfung aufsuchen und sich vor Ort Datenbanken und Dokumente anschauen. Das ist ein mächtiges Instrument, aber alleine reicht es auch nicht. Die Aufsicht durch die Gerichte, die vorab Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Überwachungsaktionen prüfen, sind wichtig.“

Rote Karte für Harald Range!

Bild: World2Awakens7/YouTube
tagesthemen/ARD

4. Juni 2015

Unter der Überschrift „Strafanzeige gegen Massenüberwachung der Geheimdienste: Wir lassen nicht locker.“ schreibt der Chaos Computer Club (CCC) unter anderem:
„Zwei Jahre nach Beginn der Snowden-Enthüllungen ist es längst überfällig, dass der Generalbundesanwalt die Erkenntnisse aus den Geheimdienstaffären für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Spionage und Massenüberwachung nutzt, um sich nicht dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt auszusetzen. Wir wenden uns daher mit einem Schriftsatz an den Generalbundesanwalt und erweitern erneut unsere Strafanzeige gegen die Bundesregierung wegen der geheimdienstlichen Vollüberwachung der Bevölkerung.
Beim Generalbundesanwalt Harald Range wurde heute Gegenvorstellung erhoben und erneut beantragt, wegen der geheimdienstlichen Massenüberwachung endlich Ermittlungen aufzunehmen. Strafanzeige hatten wir bereits am 3. Februar 2014 erstattet und in den folgenden Monaten erweitert, insbesondere wegen der dokumentierten Überwachung eines CCC-Tor-Servers. Anstatt aber Ermittlungen einzuleiten, hat der Generalbundesanwalt den Sachverhalt bloß unter „weitere Beobachtung“ gestellt. Bis heute ist kein förmliches Ermittlungsverfahren einge-leitet worden. Daher sehen wir uns gezwungen, erneut tätig zu werden…
Wir fordern den Generalbundesanwalt auf, das Ermittlungsverfahren nun endlich einzuleiten, denn die Beweislage ist zumindest für den Verdacht auf strafbare Handlungen erdrückend.“

Zwei Jahre nach Edward Snowdens erstem Treffen mit Journalisten in Hongkong


2. Juni 2015

In Würdigung des zweiten Jahrestages des ersten konspirativen Treffens Edward Snowdens mit den Journalisten Glenn Greenwald und Laura Poitras in einem Hotel in Hongkong gab es eine Live-Übertragung einer Veranstaltung von Amnesty International UK zum Thema Massenüberwachung, zu der auch Edward Snowden live zugeschaltet wurde. Er  beantwortete Fragen, die Amnesty tags zuvor über Twitter gesammelt hatte.
Snowden konstatierte, dass sich in den vergangenen zwei Jahren, seitdem er seine Dokumente der Presse übergeben hatte, vieles verändert hätte. In vielen Ländern weltweit hätte es Veröffentlichungen gegeben und das Bewusstsein der Bedrohung durch eine globale Massenüberwachung sei deutlich gewachsen.
Snowden begrüßte den „USA Freedom Act“. Er sei ein wichtiger Schritt von historischer Bedeutung, aber die staatliche Überwachung müsse dringend weiter eingegrenzt werden.
Die Lage in Großbritannien sei noch problematischer. Die britische Regierung sei dabei, die Massenüberwachung weiter auszubauen, ohne dass es dazu Diskussionen im Parlament oder in der Öffentlichkeit gebe. Der britische Geheimdienst fürchtet eine „schädliche öffentliche Diskussion“ über das Ausmaß seiner Aktivitäten, denn dies könnte zu Gesetzesänderungen hinsichtlich ihrer Programme zur Massenüberwachung führen. Wichtig wäre aber gerade eine Diskussion in der Öffentlichkeit. Aber in Großbritannien gäbe es nur ein einziges Presseorgan, das kritisch über die Aktivitäten der britischen Geheimdienste berichtet und das sei der „Guardian“.

Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung


30. Mai 2015

Am 30. Mai demonstrierten die „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ vor dem Bundeskanzleramt in Berlin unter dem Motto: „Frau Merkel: Aussitzen ist Beihilfe!“.
Prominente Gäste und Redner waren Peter Schaar, der ehemalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und heutige Vorsitzende der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), Dr. Burkhard Hirsch, kämpferischer Bürgerrechtler und ehem. Vizepräsident des Deutschen Bundestages und der Rechtsexperte der Grünen Hans-Christian Ströbele, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Deutschen Bundestages und des NSA-Untersuchungsausschusses. Verlesen wurde auch ein persönliches Grußwort von Edward Snowden.
Burkhard Hirsch: „Wir sind… dafür, dass unsere Grundrechte gewahrt werden, dass unser Privatleben privat bleibt, dass unsere Berufsgeheimnisse geschützt bleiben, dass sich unsere Nachrichtendienste nicht zu trojanischen Eseln fremder Interessen machen lassen und parlamentarisch kontrolliert werden.“
Peter Schaar befasste sich ausführlich mit der von der Regierung geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung: „Wer den Datenschutz aushöhlt, gefährdet damit auch andere Grundrechte. Die Versammlungsfreiheit genauso wie die Meinungsfreiheit!“
Besonders perfide sei die neue Strafvorschrift zur „Datenhehlerei“. Betroffen wären nicht nur Whistleblower. „Auch Journalisten müssten grundsätzlich mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, wenn sie sich aus derartigen Quellen stammende Informationen weit im Vorfeld einer Veröffentlichung verschaffen oder solche Informationen weitergeben.“

NSA-Selektoren: Chaos ohne Ende!


21. Mai 2015

Die Arbeit der deutschen Geheimdienste wird vom Kanzleramt koordiniert und vom Parlamentarischen Kontrollgremium PKGr des Parlaments kontrolliert. Soweit die Theorie…
In den letzten Wochen und Monaten ist der NSA-Untersuchungsausschuss des Parlaments immer mehr zu einem BND-Untersuchungsausschuss geworden, da sich gezeigt hat, dass wichtige Arbeitsbereiche – insbes. die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA – weder koordiniert waren noch verantwortlich kontrolliert werden konnten.
Nun zeigt sich, dass das Chaos noch wesentlich größer ist als befürchtet. Nach Informationen des SPIEGEL haben Beamte in der Zentrale des BND in Pullach in den vergangenen Wochen bislang unbekannte Dateien mit amerikanischen Selektoren (Suchbegriffen) „gefunden“. Diese beziehen sich auf die Jahre 2005 bis 2008 und umfassten 459.000 Selektoren, mit denen unter anderem europäische Institutionen, hochrangige politische Persönlichkeiten und Firmen im Ausland ausspioniert werden sollten. Nur 400 dieser Selektoren seien aussortiert worden.
Außer dem NSA-Untersuchungsausschuss hat sich auch der Bundestag in einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE mit den NSA-Selektoren befasst. Hinsichtlich der Freigabe der Selektoren-Liste zur Einsicht für die Parlamentsausschüsse möchten die Koalitionsparteien immer noch auf eine Antwort aus Washington warten, während die Opposition auf unverzüglicher Einsichtnahme besteht.

NSA-BND: auch Österreich ausgespäht…

Bild: Screencopy Gunther Zitta

15. Mai 2015

Zu Beginn der NSA-Affäre hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr empört gezeigt: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht!"
Inzwischen ist bekannt, dass Ausspähen gängige Praxis und auch unter Freunden nicht unüblich ist. Die Bundesrepublik ist hierbei nicht (nur) das Opfer, der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) mischt selbst kräftig mit. Er soll den Datenverkehr zwischen Österreich und Luxemburg abgefangen und dem US-Geheimdienst NSA zur Analyse bereitgestellt haben. Dies belegt eine interne E-Mail der Deutschen Telekom AG, die der österreichische Nationalratsabgeordnete Peter Pilz veröffentlicht hat.
Die Strecke Luxemburg-Wien sei vom US-Geheimdienst NSA mit besonderer Priorität bewertet und der Wunsch an den BND weitergegeben worden. Die Abschöpfung soll im Rahmen der Operation Eikonal erfolgt sein. "Die Daten der Telekom Austria wurden am Internetknoten Frankfurt über das BND-Büro in der Deutschen Telekom AG ausgeleitet, dupliziert, nach Pullach in die BND-Zentrale weitergeleitet und von der Technischen Aufklärung (TA) des BND in Bad Aibling der NSA für den automatisierten Zugriff zugänglich gemacht", sagte Pilz.

NSA-UA: Sitzungsprotokolle auf Wikileaks

Bild: WikiLeaks

12. Mai 2015

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages tagt überwiegend öffentlich. Da aber Audio- oder Video-Aufzeichnungen der Sitzungen nicht erlaubt sind, gibt es auf Netzpolitik.org von den meisten öffentlichen Sitzungen erlaubte Mitschriften in Form von Live-Blogs. Dieses Engagement fand nicht nur Zustimmung. Eine Zeitlang erhielt der für Netzpolitik.org mitbloggende Andre Meister einen Bundespolizisten als „persönlichen Bewacher“ zugeteilt, was wohl kaum mit der vom Grundgesetz garantierten Freiheit der Berichterstattung vereinbar war. Meister wertete dies als Versuch, ihn einzuschüchtern und seine Arbeit zu beeinträchtigen. Inzwischen wurde diese Art der Überwachung eingestellt.
Natürlich existieren auch offizielle Sitzungsprotokolle des Untersuchungsausschusses, die aber erst nach Beendigung aller laufenden Anhörungen veröffentlicht werden sollen. Nun hat die Enthüllungsplattform WikiLeaks die Protokolle der Sitzungen von Mai 2014 bis Februar 2015, in denen 34 Zeugen zu Wort kommen, ins Netz gestellt. Zu jeder Sitzung gibt es von WikiLeaks je eine deutsche und englische Zusammenfassung.

Edward Snowden und der NSA/BND-Skandal

Bild: luarfr

8. Mai 2015

Wie jetzt bekannt wurde, sind im Sommer 2013 beim Bundesnachrichtendienst mehr als doppelt so viele problematische Suchbegriffe der NSA eingegangen als bisher bekannt war. Der Unterabteilungsleiter beim Bundesnachrichtendienst, der die Sonderprüfung der Selektoren der NSA in Auftrag gab, hat eingeräumt, dass es die Ergebnisdatei "nicht mehr gibt". Und der BND hat offenbar über Jahre versäumt, die Datenweitergabe an die NSA zu protokollieren. Was genau an die Amerikaner floss, kann daher womöglich nie mehr rekonstruiert werden.
Die Aussagen von BND-Verantwortlichen vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages, dass sie die Behördenspitze und das Kanzleramt nicht über die brisanten NSA-Spionageziele informiert hätten, hält die Opposition für unglaubwürdig, auch die SPD hegt noch Zweifel.
Der SPIEGEL interviewte Edward Snowden zur aktuellen Situation. Snowden sieht seine Vorwürfe gegen die Geheimdienste bestätigt: "Jetzt liegen die Fakten auf dem Tisch. Die Massenüberwachung ist real, es wird Industriespionage betrieben, und die Nachrichtendienste arbeiten außerhalb der Wahrnehmung und der Kontrolle der gewählten Volksvertreter und der Justiz".
Die Zahl der Selektoren, die der BND von der NSA übernommen habe, sei atemberaubend. "Solche Zahlen können nur im Kontext von Massenüberwachung entstehen." In einem System mit funktionierender Aufsicht würden solche Größenordnungen nie zusammenkommen, sagte Snowden.
Er beobachte, dass Länder wie Frankreich, Kanada und Australien „gerade dabei sind, Grundrechte wie die Meinungsfreiheit und das Recht auf Privatsphäre drastisch einzuschränken.“ Deutschland sollte eine moralische Führungsrolle einnehmen und aufzeigen, dass es richtige und falsche Wege gibt, nationale Interessen zu verfolgen – und Vorschläge machen für die nationale und globale Regulierung der Nachrichtendienste.“

ACLU gegen Clapper

Bild: Screencopy Ron Wyden/YouTube

7. Mai 2015

Der US-Geheimdienst NSA betreibt weltweit eine anlasslose Massenüberwachung. Nach amerikanischer Rechtsauffassung ist das völlig legitim… solange keine US-Bürger betroffen sind. Entgegen den Beteuerungen höchstrangiger Geheimdienstdirektoren ist diese Massenüberwachung aber schon längst heimlich auch auf amerikanische Staatsbürger ausgeweitet worden. Dies ergibt sich aus den Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden.
Das New Yorker Berufungsgericht unter Bundesrichter Gerard Lynch hat im Verfahren „ACLU v. Clapper“ auf Grund einer Klage der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) nun entschieden, dass das millionenfache Datensammeln des Geheimdienstes NSA illegal sei.
Das Gericht erklärte, es werde keinen sofortigen Stopp des Datensammelns veranlassen, da Sektionen des hierfür zuständigen US Patriot Acts am 1. Juni auslaufen – unter anderem der Abschnitt, der die kritisierte Überwachungspraxis angeblich erlaubt. Dann muss entschieden werden, ob diese Sektion 215 verlängert oder gestrichen wird. "Angesichts der nationalen Sicherheitsinteressen, um die es in dem Fall gehen soll, halten wir es für klug, abzuwarten und dem Kongress die Möglichkeit zur Debatte zu geben", heißt es in der Begründung.
Einer Nebenklage der Bürgerrechtler, wonach das Telefon-Programm der NSA auch gegen die Verfassung verstoße, folgte das Gericht hingegen nicht. Parallel werden in den USA momentan vor anderen Berufungsgerichten noch zwei ähnliche Klagen gegen geheimdienstliche Überwachungsmethoden geführt.

"Anything To Say?"


1. Mai 2015

Mit einer kleinen Mai-Demonstration für Meinungsfreiheit und Whistleblower-Schutz haben Reporter ohne Grenzen, die Courage Foundation und die frisch gegründete Berliner Initiative Code Red die Enthüllung einer Whistleblower-Skulptur auf dem Berliner Alexanderplatz begleitet. Anything to say, das Werk des italienischen Bildhauers Davide Dormino, zeigt Edward Snowden, Julian Assange und Bradley Manning jeweils auf einem Stuhl stehend. Ein vierter Stuhl ist frei für Jedermann, der etwas zu sagen hat. Dadurch kann man den zum Schweigen Gebrachten eine Stimme verleihen und ein aktives Zeichen für Meinungs- und Pressefreiheit setzen.
"Alles, was Snowden uns gegeben hat, ist wahr, kein einziger Teil der Information hat sich als Lüge herausgestellt", betonte Hans-Christian Stroebele, einer der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss. Er forderte die Offenlegung aller Selektoren und Zielvorgaben, mit denen die NSA Material vom deutschen Bundesnachrichtendienst anforderte, und einen wirksamen Schutz der Whistleblower.
Zu den ersten Rednern gehörten auch die britische Journalistin Sarah Harrison von der Courage Foundation und die Whistleblowerin Annie Machon von Code Red , die in den 90er Jahren illegale Aktionen des britischen Geheimdienstes MI5 ans Licht der Öffentlichkeit brachte.
Unterstützt wird "Anything to say" unter anderem von dem US-amerikanischen Medientheoretiker Noam Chomsky und dem US-Whistleblower Daniel Ellsberg.
Nach der Enthüllung in Berlin wird das Skulpturenensemble auf Welttournee gehen.

Kunstaktion in Brooklyn NYC


6. April 2015

Unbekannte Künstler haben eine Büste des NSA-Whistleblowers Edward Snowden im Fort Green Park in Brooklyn, New York City, aufgestellt. 1,20 Meter hoch, 45 Kilogramm schwer. Sie stellten die Büste auf ein Mahnmal, das an den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg erinnert. Auf die Säule schrieben sie Snowdens Namen.
"Das Monument ist ein Denkmal für amerikanische Kriegsgefangene, die während des Unabhängigkeitskriegs ums Leben kamen. Wir haben dem Mahnmal ein Update verpasst um jene zu würdigen, die ihre Sicherheit dem Kampf gegen moderne Tyrannen geopfert haben", schreibt das Künstlerkollektiv in seiner Begründung für die Aktion.
Schon wenige Stunden nach der Installation war dann die Parkaufsicht zur Stelle, verhüllte das Denkmal und begann mit der Demontage bis der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt war.
Am folgenden Abend trat eine weitere Künstlergruppe „The Illuminator“ auf den Plan und „ersetzte“ die nun entfernte Büste durch eine entsprechende holographische Laserprojektion.

UN: Grundrecht auf Datenschutz gestärkt

Bild: UN Geneva

27. März 2015

Die Vereinten Nationen bekommen erstmals in ihrer Geschichte einen Sonderberichterstatter, der das Grundrecht auf Vertraulichkeit und Datenschutz vertritt. Zunächst für drei Jahre soll der neue Berichterstatter gemäß der von Brasilien und Deutschland initiierten Entschließung Verstöße der Mitgliedsstaaten gegen die im Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Artikel 17 des Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankerte Datenschutzrechte aufdecken. Dabei soll auch die Überwachungspolitik der Mitgliedsländer beobachtet werden.
Außenminister Walter Steinmeier bemerkte dazu in Berlin: „Mit der unaufhaltsamen Digitalisierung unserer Lebenswelt stehen wir beim Schutz der Privatsphäre vor neuen Fragen, die spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden auch in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Ein effektiver Schutz der Privatsphäre lässt sich nur gemeinsam und global erreichen.
Bürgerrechtsorganisationen weltweit haben die Nachricht positiv aufgenommen und wollen den Berichterstatter unterstützen.

Schwedische Parlamentarier besuchen Snowden


27. März 2015

Ende letzten Jahres war Edward Snowden mit dem „Alternativen Nobelpreis“, dem schwedischen Right Livelihood Award ausgezeichnet worden. Da Snowden auch in Schweden kein Asyl erhalten hatte, konnte er bei der Preisverleihung nur per Video zugeschaltet werden.
Nun haben drei schwedische Parlamentarier Snowden in Moskau besucht. Das war die erste Parlamentsdelegation, die er empfangen konnte. Teilnehmer waren Cecilia Magnusson (Moderate Sammlungspartei), Mathias Sundin (Volkspartei Die Liberalen) und Jakop Dalunde (Umweltpartei Die Grünen).
Ziel dieses von der Right Livelihood Award Foundation organisierten Besuchs ist es, die Chancen zu erhöhen, dass Edward Snowden seine Auszeichnung zu einem späteren Zeitpunkt in Stockholm selbst wird entgegennehmen können. „Wenn Schweden Snowden willkommen heißt, dann werden sich dem hoffentlich weitere Länder anschließen.“ sagte Jakob von Uexküll, der Stifter des „Alternativen Nobelpreises“.

Glenn Greenwald mit Siebenpfeiffer-Preis geehrt

Bild: Screencopy SR Mediathek

15. März 2015

Der US-Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald ist wieder zu Besuch in Deutschland. Am 13. März gab er der Saarbrücker Zeitung ein Interview, in dem er US-Präsident Barack Obama scharf kritisierte:
"Das Überwachungssystem wurde sehr stark ausgeweitet, seitdem er Präsident ist – und zwar viel stärker als unter Präsident (George W.) Bush". Obama habe die Möglichkeit, die Abhörprogramme des US-Geheimdienstes NSA zu stoppen, tue es aber nicht. "Das zeigt, wie er wirklich tickt." Als "größte Bedrohung für die Privatsphäre der europäischen Bürger" bezeichnete der Snowden-Vertraute jedoch die britischen Behörden. Deren Geheimdienst GCHQ gehe "noch schärfer vor als die NSA".
Am 15. März wurde Glenn Greenwald dann im saarländischen Homburg mit dem "Siebenpfeiffer-Preis 2015" für "Verdienste um Pressefreiheit und demokratische Transparenz" ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis erinnert an Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845). Dieser war einer der Initiatoren des Hambacher Festes, bei dem 1832 Menschen in der Pfalz für Freiheit und Demokratie demonstrierten.
In seiner Laudatio wollte Vizekanzler Sigmar Gabriel zwar nicht alle Positionen Glenn Greenwalds teilen, fand aber immerhin harte Worte für die Politik der USA. Die NSA-Überwachung sei mehr als ein Gesetzesverstoß, sie lege Hand an die "westliche Wertegemeinschaft", in der individuelle Freiheit und der Schutz der Persönlichkeit vorgehen.

Wikimedia verklagt die NSA

Bild: liarpoliticians
BBC NEWS

10. März 2015

Wikimedia-Gründer Jimmy Wales und die derzeitige Geschäftsführerin der US-Stiftung Lila Tretikov haben am Dienstag in einem Gastkommentar in der New York Times eine Klage gegen die NSA angekündigt.
Unter der Überschrift "Hört auf, Wikipedia-Nutzern nachzuspionieren" erklären sie, dass die Geheimdienste mit ihren Spionageprogrammen die Rechte der Wikipedia-Nutzer routinemäßig verletzen. So befassten sich die Autoren der Online-Enzyklopädie mit so brisanten Themen wie der chinesischen Demokratiebewegung oder den Rechten von Homosexuellen in Uganda. "Diese Freiwilligen sollten ihre Arbeit tun können ohne dass die US-Regierung erfasst, was sie lesen und schreiben", fordern Wales und Tretikov. Anderenfalls könnten Wikipedia-Autoren in anderen Ländern, die sich kritisch über ihre Regierung äußern durch die Zusammenarbeit der NSA mit anderen Geheimdiensten gefährdet werden. Beispiele hierfür gibt es für die Zeit des sog. Arabischen Frühlings insbesondere aus Ägypten.
Wikimedia hat die Klage gemeinsam mit Bürgerrechtsgruppen vorbereitet. Auch Amnesty International und Human Rights Watch sind beteiligt. Vertreten werden die Kläger von der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation ACLU. Sie wollen ein Ende der massenhaften Internet-Überwachung der NSA erstreiten. Die Kontrolle des Internetverkehrs ohne konkreten Anlass verstoße gegen die US-Verfassung, heißt es in der Klageschrift.