NSA-Timeline: Aktivisten

Engagement und Solidarität gegen den Überwachungswahn

Über die Bedeutung von Privatsphäre

Bild: University of Arizona

31. März 2016

Der Whistleblower Edward Snowden gibt mittlerweile häufig Interviews und wird bei vielen Events per Video zugeschaltet. Mit dem Journalisten Glenn Greenwald und dem Wissenschaftler Noam Chomsky verhält es sich ähnlich. Das „College of Social and Behavioral Sciences“ an der Universität Arizona hat die drei Kritiker von staatlicher Überwachung für „A Conversation on Privacy“ – einem Gespräch über Privatsphäre – zusammengebracht.

Ein sehenswertes zweistündiges Interview über das Recht auf Privatsphäre, dessen Bedeutung für (Meinungs-)Freiheit, und die Auswirkungen von Überwachung. Besonders geeignet für jene, die immer noch das Argument vorbringen: „Ich brauche keine Privatsphäre, weil ich nichts zu verbergen habe“. Das sei so, als wenn jemand sagen würde „Ich brauche keine Pressefreiheit, weil ich nichts zu sagen habe“, sagt Snowden.

(Aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

The Intercept | netzpolitik.org

Frank-Walter Steinmeier vor dem NSAUA


18. März 2016

Der NSA-Untersuchungsausschuss verhörte am 17.03.2016 den amtierende Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier. Steinmeier hatte in den Jahren seit 2001 mehrere Ämter inne, die mit der NSA-Affäre in Zusammenhang stehen…

  • 1998 -1999 Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste
  • 1999 – 2005 Auch Chef des Bundeskanzleramtes
  • November 2005 – Oktober 2009 Bundesminister des Auswärtigen

In Steinmeiers Amtszeiten fallen mehrere Themen des Untersuchungsausschusses. Insbesondere die Ausarbeitung des Memorandum of Agreements – dem Kooperationsvertrag zwischen BND und NSA – zwischen 1999 und 2002 ist dabei von Interesse. Hier wurden die grundlegenden Vereinbarungen für die Kooperation der Dienste getroffen…
Das Ziel der Operation Eikonal sei gewesen, die Kommunikation zwischen ausländischen Partnern zu erfassen, die durch Deutschland geleitet wurde. Steinmeier war das bekannt und es scheint ihm auch heute richtig…
Das Thema „Geheimer Krieg“ kam in Steinmeiers Eingangsstatement nicht vor. Kein Wort zu den Aktivitäten der USA in Ramstein, keine Bezüge zur Aussage des ehemaligen US-Drohnenbedieners Brandon Bryant aus dem Oktober 2015. Bryant hat in seiner Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss Ramstein als Relaisstation und unersetzlichen Teil der Drohnensteuerung beschrieben.
Auf Nachfrage der Obleute schilderte Steinmeier, dass es erste Diskussionen rund um den Komplex Geheimer Krieg in 2007 gegeben habe. Auslöser war die Einrichtung des US-Kommandos AFRICOM in Stuttgart…
Steinmeier äußerte die bereits von Mitarbeitern des Außenministeriums in den letzten Wochen vorgetragene Auffassung, dass aus Ramstein keine Drohnen starten würden.
Außerdem habe der US-Präsident öffentlich geäußert, es gäbe keine Drohnensteuerung aus Ramstein. Deshalb gäbe es keinen Anlass für die Bundesregierung das anzuzweifeln… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de | ZEIT ONLINE

Lavabit sollte Postfach von Snowden herausgeben


18. März 2016

Einmal mit Profis: Die US-Regierung hat die Akte zum Fall Lavabit geöffnet, aber leider entscheidende Schwärzungen vergessen. Demnach ist nun klar, was zuvor nur spekuliert wurde: Die Behörden forderten vom E-Mail-Anbieter Lavabit Zugriff auf das Postfach von Edward Snowden.

Die auf Cryptome veröffentlichte Dokumentensammlung (pdf, 140 MB) zum Fall Lavabit enthält trotz zahlreicher Schwärzungen den entsprechenden Betreff (WIRED berichtete):

Den Namen Snowdens durfte Lavabit-Gründer Ladar Levison nie öffentlich nennen. Nachdem bekannt wurde, dass Snowden auf seiner Flucht aus Hongkong über eine Lavabit-Adresse kommuniziert hatte, nahmen US-Behörden den auf Datensicherheit bedachten E-Mail-Anbieter ins Visier. Levison wehrte sich nicht unkreativ gegen die Herausgabe von Daten: Er übergab den SSL-Schlüssel dem FBI – ausgedruckt auf elf Seiten. Den wollte kein Beamter abtippen. Nach Strafandrohungen entschied Levison sich im August 2013 zur Abschaltung, forderte jedoch die Herausgabe der Gerichtsakten. Die lieferten die Behörden nun; hätten sie doch bloß die Schwärzungen nicht vom Praktikanten machen lassen! (Übernommen aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | WIRED

Die Büchse der Pandora

Bild: UN Geneva

4. März 2016

Die US-Bundespolizei (FBI) versucht Apple zur Mithilfe bei der Entsperrung eines iPhones zu zwingen. Das Smartphone gehörte dem San-Bernardino-Attentäter Syed Farook.
Reuters berichtet hierzu:

Die Vereinten Nationen haben die US-Behörden im Streit mit Apple über das Entsperren von iPhones davor gewarnt, die Büchse der Pandora zu öffnen.
Es sei möglich, dass die Rechte von Millionen Menschen weltweit verletzt und das Vorgehen von autoritären Staaten und kriminellen Hackern erleichtert würden, sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra’ad Al Hussein, am Freitag.

Heise-online ergänzt, dass sich zahlreiche IT-Firmen und Sicherheitsexperten wie etwa Bruce Schneier hinter Apple stellten, indem sie "Amicus Curiae"-Briefe verfasst haben. Diese "Äußerungen Dritter" sollen Apple vor Gericht helfen.
Reuters | heise online | heise online

USA: Datenschutz soll weiter ausgehebelt werden

Bild: Screencopy Edward Snowden/Twitter

27. Februar 2016

Die New York Times titelt: Nach Informationen gut unterrichteter Kreise steht die Obama-Administration kurz davor, der National Security Agency zu erlauben, einen größeren Teil der abgefangenen privaten Kommunikation an andere amerikanische Nachrichtendienste weiterzugeben, ohne dabei den Schutz der Privatsphäre zu berücksichtigen.
Edward Snowden hebt die Bedeutung dieses Artikels auf Twitter hervor mit den Worten:

Für wie gefährlich Sie das auch immer halten mögen, ich verspreche Ihnen, dass es noch schlimmer ist.

"Privatsphäre-Schild" oder Datenkrieg?


3. Februar 2016

15 Jahre lang hatte das Safe-Harbour-Abkommen US-Konzernen ermöglicht, die Daten ihrer europäischen Kunden in die USA zu übertragen, obwohl dort keine Datenschutzregeln existieren, die EU-Standards genügen. Bei diesen Daten haben sich bekanntlich nicht zuletzt auch die US-Geheimdienste bedient.
Diese Praxis wurde durch das Urteil des EuGH vom Oktober für illegal erklärt, den betroffenen Unternehmen aber noch eine Duldungsfrist für Datentransfers nach dem alten Safe-Harbor-Abkommen bis 1. Februar 2016 eingeräumt. Seither laufen zwischen der EU und den USA Verhandlungen über ein Folgeabkommen. Die Delegationen standen unter Zeitdruck, haben es aber mit nur einem Tag Verspätung angeblich fast geschafft.
Die zuständigen EU-Kommissare, Věra Jourová (Justiz) und Andrus Ansip (Digitaler Binnenmarkt) haben nun auf einer Pressekonferenz in Straßburg bestätigt, dass sich beide Seiten geeinigt hätten, wie der Datenaustausch zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten künftig geregelt werden solle. Der neue Name soll dann "EU-US-Privatsphäre-Schild" heißen. Justizkommissarin Jourová betonte: "Die USA haben versichert, dass Europäer von ihnen nicht massenhaft oder willkürlich überwacht werden." Dazu werde es schriftliche Zusagen des nationalen Geheimdienstdirektors geben.
Die einprägsamste Antwort auf diesen „Deal“ kam (zwei Tage später) vom österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems, dessen Klage vor dem EuGH das Safe-Harbour-Abkommen zu Fall gebracht hatte:

max-schrems_james-clapper

US-Geheimdienstdirektor James Clapper hatte bekanntlich im März 2013 völlig ungeniert sogar den amerikanischen Kongress belogen… und ist immer noch im Amt! Und er soll nun den Schutz europäischer Daten schriftlich garantieren???
Schon gleich nach der Pressekonferenz in Straßburg gab es unzählige qualifizierte Stellungnahmen:
Edward Snowden twitterte um 12:23 „EU kapituliert völlig bei Safe Harbor. Erstaunlich, da sie alle Karten in der Hand hatten.“

Kurz darauf gab es eine grundlegende Kritik an dem Vorschlag der EU-Kommission von Jan Philipp Albrecht für die Grünen: „Alles andere als sicher: Der Vorschlag zu #SafeHarbor erfüllt nicht Vorgaben des #EuGH.“

Einige Stunden später legt er nach:

Das kann nur ein Scherz sein. Die EU-Kommission betreibt den Ausverkauf von EU-Grundrechten und setzt sich der Gefahr aus, schon wieder vom Gerichtshof der EU belehrt zu werden.

Und anschließend: „EU-Kommission verramscht EU-Grundrecht auf Datenschutz…“
Nach all diesen Steilvorlagen ist es schwer erträglich, dass Günther Oettinger, ehem. Ministerpräsident von Baden-Württemberg und seit 2014 EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft etwa zur gleichen Zeit unbefangen daherzwitschert:

Herzlichen Glückwunsch Věra Jourová zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten! Sicherheit ist gut für’s Geschäft!:

Frankreichs Überwachung verletzt Menschenrechte


20. Januar 2016

Fünf UN-Experten kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung vom 19. Januar Frankreichs Ausbau der flächendeckenden Überwachung und das Gesetz zum Ausnahmezustand. Die Berichterstatter erklärten die Maßnahmen für exzessiv, unverhältnismäßig und im klaren Widerspruch zu internationalen Abkommen.
Es ist eine echte Seltenheit, dass sich UN-Sonderberichterstatter gemeinsam an einen Staat wenden. In einer öffentlichen Stellungnahme äußerten sich nun fünf Berichterstatter des UN-Menschrechtsrats zur Sicherheitspolitik Frankreichs, welche im letzten Jahr Überwachungsmaßnahmen national und international massiv ausbaute. Die unabhängigen UN-Berichterstatter sorgen sich über die Durchsuchungsmöglichkeiten von Geräten einschließlich Daten in der Cloud, ohne richterliche Aufsicht oder Kontrolle, welche durch den Ausnahmezustand möglich wurden. Sie weisen darauf hin, dass Durchsuchungen, die nicht durch den Verfassungsrat autorisiert werden müssen: Durchsuchungen von anderen Computern im Netzwerken ermöglichen, was zu einem Zugriff auf eine sehr große Anzahl von Speichersystemen und Geräten führt, vom sozialen Leben und bis hin zu allen digitalen Aktivität von Personen, je nachdem, was vom Erstgerät aus zugänglich ist.
Weiterhin bemängeln sie die Aufweichung der Kontrollen für die Sperre von Webseiten durch das Ausnahmezustands-Gesetz: „Wir wollen unsere Bedenken wiederholen, insbesondere im Hinblick auf das Fehlen einer richterlichen Kontrolle.“
Schließlich kritisieren sie das im Sommer 2015 verabschiedete Geheimdienstgesetz, welches Telekommunikationsunternehmen dazu verpflichtet, Black Boxen in ihren Rechenzentren aufzustellen, um Kommunikationsmetadaten mitzuschneiden und diese mit vorher eingestellten Filtern nach „auffälligen“ Mustern zu durchsuchen. Problematisch seien auch „die vage definierten Bestimmungen – insbesondere die Speicherung von internationalen Kommunikationen, die unter sehr weitgefassten Umständen erlaubt ist – und die langen Speicherfristen, ohne dass Garantien oder eine unabhängige richterliche Kontrolle vorgesehen wurden.“ [Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa]

Kontrollgremium rügt BND und Kanzleramt


16. Dezember 2015

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat nach Feststellungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) „teilweise über Jahre“ Institutionen und Personen in befreundeten Staaten, in einigen Fällen sogar im Ausland tätige Deutsche, ausgespäht und damit deutschen Interessen massiv geschadet. Erschwerend komme hinzu, dass dieser Sachverhalt dem Kanzleramt seit Oktober 2013 bekannt gewesen, dem Parlament aber weitere zwei Jahre lang verschwiegen worden sei, heißt es in einer Erklärung, die das PKGr in einer Sondersitzung in Anwesenheit von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch, 16. Dezember 2015, verabschiedete…
Ende Oktober 2013, wenige Tage, nachdem die Kanzlerin ihre Überzeugung geäußert hatte, „Ausspähen unter Freunden“ gehe gar nicht, teilte der BND-Präsident dem Kanzleramt mit, dass auch deutsche Geheimdienstler genau dies jahrelang getrieben hatten. Die Regierung habe es aber unterlassen, das PKGr davon zu informieren, wie es bei „Vorkommnissen von besonderer Bedeutung“ ihre gesetzliche Pflicht gewesen wäre. Auch in den zahlreichen Erörterungen der Enthüllungen Snowdens in den Jahren 2013 und 2014 sei im Gremium nie von BND-eigenen Selektoren die Rede gewesen. Erst im Oktober 2015 habe, wie die Öffentlichkeit, auch das Parlament davon erfahren…
„Bisher dachte ich, die Bundesregierung kann es sich nicht leisten, klar die Unwahrheit zu sagen. Dass man falsch informiert und belogen wird, habe ich nicht für möglich gehalten“, empörte sich der Grüne Hans-Christian Ströbele, der zwar der Taskforce angehört, aber als einziger Abgeordneter im PKGr gegen den Bericht gestimmt hatte. Er sei „viel zu zurückhaltend“ fomuliert, enthalte zu wenige konkrete Informationen. Das Gremium verstehe sich „zu sehr“ als Stütze von Regierung und BND. [Auszug aus dem Bericht des Deutschen Bundestags – Kontrollgremium]

Kontrolleure klagen in Karlsruhe


2. Dezember 2015

Die G-10-Kommission des Bundestages würde gern Einblick in die NSA-Selektorenliste nehmen. Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichten, dass nun eine Klage vorbereitet wurde, die in Kürze dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt werden soll.
Die G-10-Kommission ist für die Aufsicht und Genehmigung von Überwachungsmaßnahmen zuständig. Diese Kontrollfunktion kann sie naturgemäß aber nur dann wahrnehmen, wenn sie umfassend über die Tätigkeiten der Geheimdienste informiert ist. Das ist augenscheinlich nicht der Fall, denn der Einblick in die NSA-Listen blieb bisher verwehrt, die Grundrechtseingriffe durch die Operation Eikonal wurden vor den Kommissionsmitgliedern verborgen. Frank Hofmann, Mitglied der Kommission, sagte gegenüber der SZ: "Die haben uns hinter die Fichte geführt, das Vertrauen ist erschüttert." [übernommen von netzpolitik.org CC by-nc-sa]

“Snowden Effekt” in Aktion

Bild: Screencopy Edward Snowden/Twitter

29. November 2015

Die umfangreiche Vorratsdatenspeicherung US-amerikanischer Daten bei den US-Geheimdiensten wird mit Ablauf dieses Monats beendet. Dies geschieht aufgrund des sog. „USA Freedom Acts“, der im Juni 2015 vom Kongress beschlossen wurde. Die Umsetzung dieses Beschlusses wurde nun von US-Geheimdienstchef James Clapper bestätigt. Das bedeutet „natürlich“ nicht das Ende der Vorratsdatenspeicherung, diese werden dann aber bei den jeweiligen Telekommunikationsanbietern gespeichert werden. Bei begründetem Terrorverdacht und nach Beschluss des Geheimgerichts FISC (Foreign Intelligence Surveillance Court) darf der Geheimdienst NSA die Informationen aber weiterhin zunächst sechs Monate lang abfragen.

Bei der Speicherung von Daten der Auslandsspionage der NSA ändert sich „natürlich“ nichts!
Heise online resümiert:

In der Praxis dürfte sich durch das neue Verfahren wenig ändern. Ein Sprecher des nationalen US-Sicherheitsrats zeigte sich zuversichtlich, dass der Kompromiss es dem Staat erlaube, trotz der verschiedenen Reformen "das Land weiterhin zu schützen". Gutachter konnten zuvor im Auftrag von US-Präsident Barack Obama keinen Fall ausfindig machen, in dem die NSA-Vorratsdatenspeicherung zu einem durchschlagenden Erfolg bei der Terrorismusbekämpfung geführt hätte.

EU-Parlament: Massenüberwachung beenden! Whistleblower schützen!


30. Oktober 2015

Bereits am 12. März 2014 hatte das EU-Parlament den Abschlussbericht zur Aufklärung der NSA-Massenüberwachung mit großer Mehrheit gebilligt und sogar gedroht, das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) platzen zu lassen, wenn die die "pauschale Massenüberwachung" nicht eingestellt würde.
Die Parlamentarier sind mit den bisherigen Entwicklungen unzufrieden, vor allem mit der Untätigkeit der EU-Kommission und dem mangelnden Willen, echte Konsequenzen im Umgang mit den USA zu ziehen.
Der Innenausschuss des EU-Parlaments (LIBE) hat nun einen Entschließungsantrag zur elektronischen Massenüberwachung vorgelegt und droht der Kommission mit Konsequenzen, sollte diese weiterhin keine konkreten Schritte unternehmen. Der Ausschuss kritisiert scharf, dass neue Überwachungsgesetze in Europa geschaffen wurden, die Geheimdiensten eher mehr Kompetenzen als eine bessere Aufsicht geben. Er appelliert an die Mitgliedsstaaten, bessere gesetzliche Grundlagen für wirksame Geheimdienstaufsicht zu implementieren.
Es wird aufgefordert, ein „Überwachungswettrüsten“ zu verhindern und festgestellt, dass von der Kommission auf der Ebene der IT-Sicherheit zu wenig getan wurde. Dringend erforderlich sei eine umfassende Verschlüsselung des Datenverkehrs und eine größere Unabhängigkeit des europäischen IT-Sektors.
Und nicht zuletzt vermisst der Ausschuss einen wirksamen Schutz von Whistleblowern und Berufsgeheimnisträgern.
Der von den Grünen und der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken eingebrachter Zusatz, der Appell an die EU-Länder, jegliche Strafverfolgung gegen Edward Snowden einzustellen und angesichts seines Status als "Enthüller und internationaler Verteidiger von Menschenrechten" seine Ausweisung oder Überstellung durch eine dritte Partei zu verhindern, wurde knapp mit 285 Stimmen gegen 281 bei 72 Enthaltungen angenommen.

Insgesamt wurde die Resolution vom Europa-Parlament dann mit deutlicher Mehrheit von 342 Stimmen gegen 274 bei 29 Enthaltungen verabschiedet.
[Wesentliche Textstellen übernommen von netzpolitik.org CC by-nc-sa]

UN-Bericht: Whistleblower schützen!


23. Oktober 2015

Der UN Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, David Kaye, stellt in einem neuen UN-Bericht fest, dass vertrauliche Quellen und Whistleblower/innen wesentliche Elemente gesunder Demokratien darstellen und von Regierungen nicht verteufelt, sondern geschützt werden sollten.
Bei der Vorstellung seines Berichtes sagte Kaye, dass unzählige Quellen eingeschüchtert werden und deswegen Informationen vorenthalten: „Zu ihrer Sicherheit bleibt ihnen zu oft nur die Möglichkeit zu schweigen, wodurch die Öffentlichkeit im Dunkeln gelassen wird und das Fehlverhalten ungestraft bleibt.“
Staaten und ihre Strafverfolgungsbehörden sollten anerkennen, dass Whistleblower oftmals wichtige Beiträge leisten. So hätten etwa Edward Snowdens Enthüllungen schon tiefgreifende und anhaltende Auswirkungen auf Gesetzgebung und Politik gehabt.
Hinsichtlich der nationalen Gesetze zum Schutz von Quellen verweist der Report darauf, dass ein Informantenschutz nicht nur für Journalisten erforderlich sei, sondern gleichermaßen für Blogger, Bürgerreporter, NGO-Mitarbeiter, Autoren, Wissenschaftler und viele andere mehr.
„Außerdem muss der Schutz mehreren aktuellen Bedrohungen entgegenwirken. An erster Stelle steht dabei die Überwachung. Die allgegenwärtige Nutzung digitaler Elektronik bei gleichzeitiger Fähigkeit von Regierungen an deren Daten und die Spuren, die sie hinterlassen, heranzukommen, stellt eine ernsthafte Herausforderung dar hinsichtlich der Vertraulichkeit und Anonymität von Quellen und Whistleblowern.“
Die Kernaussage von Kayes Report ist wohl seine Forderung, dass „die Veröffentlichung von Verletzungen der Menschenrechte oder des Völkerrechts niemals die Grundlage sein sollte für Strafen jeglicher Art“.
[Zusammenstellung unter Verwendung von netzpolitik.org CC by-nc-sa]

Deutschland: Relaisstation im Drohnenkrieg

Bild: U.S. Air Force (public domain)

15. Oktober 2015

Im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss war u.a. der ehemalige US-Drohnenpilot Brandon Bryant als Zeuge geladen. Bryant flog Drohneneinsätze im Irak, in Afghanistan, Pakistan, Somalia und im Jemen. Er bediente dabei die Kameras einer Predator-Drohne und lenkte den Laser, der dafür sorgte, dass die Hellfire-Raketen ihr Ziel trafen. Zwischen 2007 und 2011 hat er für die US-Luftwaffe 6000 Drohnenflüge mit 1626 Todesmissionen absolviert.
2011 war Bryant aus Gewissensgründen ausgestiegen. Eigentlich dürfte er gar nichts über seine Erlebnisse während der Militärzeit berichten, doch er ist zum Whistleblower geworden. Seit einem SPIEGEL-Bericht Ende 2012 ist Bryant auch in Deutschland bekannt. Anfang April 2014 kam er in einer Panorama-Sendung ausführlich zu Wort und berichtete über die besondere Bedeutung der US-Luftwaffen-Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein, ohne die "der gesamte Drohnen-Krieg des US-Militärs nicht möglich" wäre.
Die Einbindung Deutschlands in den US-Drohnenkrieg stand auch im Untersuchungsausschuss im Mittelpunkt des Interesses. Ramstein fungierte als Relaisstation für die Kommunikation der Mannschaft mit dem Flugzeug. „Jedes einzelne bisschen an Dateninformation, das zwischen Flugzeug und Mannschaft übertragen wurde“, wurde via Ramstein geleitet, da zwischen Ramstein und dem Pentagon eine Glasfaserverbindung bestehe, die eine schnelle Datenübermittlung zulässt. Ramstein sei bisher die einzige funktionsfähige Relaisstation weltweit, wobei in Italien derzeit eine neue aufgebaut werde – vielleicht auch als Konsequenz aus den Reaktionen in Deutschland.
Zur entscheidenden Bedeutung von Telefonnummern – die ggf. auch aus deutschen Geheimdienstquellen stammen könnten – für die Todesmissionen berichtet heise online:

Die in Afghanistan, Pakistan, Somalia im Irak und Jemen verwendeten Überwachungsdrohnen waren dem Zeugen zufolge mit zahlreichen Sensoren, Kameras und einem "Gilgamesch-System" ausgerüstet. Letzteres habe als eine Art fliegender Imsi-Catcher gedient. Damit habe man SIM-Karten und Gerätenummer von Mobiltelefonnummern verfolgen, SMS abhören, Handys per Triangulierung bis auf etwa sieben Meter genau orten und herausfinden können, wer mit wem in Verbindung gestanden habe.

Edward Snowden ist auf Twitter: @Snowden

Bild: Twitter

29. September 2015

Seit heute ist Edward Snowden auch über Twitter zu erreichen: @Snowden
Sein erster Tweet:

@Snowden folgt bisher nur @NSAGov, dem offiziellen Twitter-Account der NSA.
Er selbst hatte aber schon vier Stunden später eine halbe Million Follower und in weniger als 24 Stunden war die Million voll! Die NSA hat nur etwas über 100.000 Follower! „Früher war ich für die Regierung tätig, jetzt arbeite ich für die Öffentlichkeit“, heißt es im Profil des Whistleblowers.
Auch Twitter reagierte schnell: Snowdens Account wurde verifiziert und eine Animation der weltweiten Reaktion auf Snowdens Einstieg ins Twitter-Netz gestellt:

Snowden-Abkommen: Privatsphäre schützen!

Bild: Screencopy Snowden Treaty

25. September 2015

Am Vorabend der diesjährigen UN-Generalversammlung in New York, zu der mehr als 150 Präsidenten und Premierminister erwartet werden, haben Aktivisten eine Kampagne für ein Abkommen gestartet, das die Privatsphäre von Bürgern vor staatlichen Schnüffeleien schützen soll.
Bei der New Yorker Auftaktveranstaltung der sozialen Bewegung Avaaz wurde das Vorhaben vorgestellt. Der Journalist Glenn Greenwald, Edward Snowden, die Filmemacherin Laura Poitras und Greenwalds Partner David Miranda haben einen Vertrag konzipiert, das sog. „Snowden-Abkommen“, ein internationales Abkommen zum Datenschutz, das darauf abzielt, die weltweite Massenüberwachung zu beschneiden und Whistleblower besser zu beschützen.
Die Aktivisten hoffen auch auf die UNO als Plattform für ihre Bemühungen. Vor kurzem hatte deren Menschenrechts-Rat mit Joseph Cannataci erstmals einen Berichterstatter speziell für den Schutz der Privatsphäre bestellt.
Das Handelsblatt ergänzt:
Der genaue Wortlaut steht noch nicht fest, weil Avaaz ihn in Diskussion mit möglichen Unterzeichnern ausarbeiten will. Der Brasilianer David Miranda, einer der Aktivisten, hofft auf zehn bis 15 Staaten als Unterstützer, aber er sagt auch: „Das geht nur mit enormem öffentlichem Druck.“
Edward Snowden, der aus seinem russischen Exil per Video-Livestream zugeschaltet war, warnte davor, dass technische Verfahren, die zunächst in Jemen eingesetzt wurden, danach auch von der amerikanischen Polizei übernommen würden. Ähnlich bedenkliche Programme sieht er in Australien, Kanada, Großbritannien und Frankreich. „Sie alle werden als Schutz der Öffentlichkeit verkauft“, sagte Snowden, „aber alles, was sie tun, ist, die Daten der Bürger ohne Unterschied weitläufig einzusammeln“. „Es ist in den USA kein einziger Fall von Terrorbekämpfung bekannt, bei dem die Massenüberwachung der Bürger einen substanziellen Beitrag geleistet hat“.

USA kein „sicherer Hafen“!


23. September 2015

Yves Bot, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), ist der Ansicht, die Kommission hätte die USA nicht als "sicheren Hafen" für personenbezogene Daten von EU-Bürgern einstufen dürfen. Mit anderen Worten: Er hält das Safe-Harbor-Abkommen für ungültig.
Die Vorgeschichte: Max Schrems, österreichischer Datenschutzaktivist und Gründer von Europe versus Facebook legt sich seit Jahren immer wieder mit Facebook und der irischen Datenschutzbehörde an. Er ist überzeugt, dass das US-Unternehmen Facebook, das seinen europäischen Sitz in Dublin hat, massiv gegen europäisches Datenschutzrecht verstößt.
Spätestens seit den Snowden-Enthüllungen weiß man, dass der US-Geheimdienst NSA unmittelbar – oder durch Beschluss des Geheimgerichts FISA Court – alle US-Internetunternehmen zwingen kann, Nutzerdaten herauszugeben. Nach europäischem Datenschutzrecht dürfen personenbezogene Daten aber nur in begründeten Einzelfällen an staatliche Dienststellen weitergegeben werden. Max Schrems legte daraufhin beim irischen Datenschutzbeauftragten Beschwerde ein. Dieser wies aber die Beschwerde ab, da die EU-Kommission die Weiterleitung europäischer Daten in die USA nach dem sog. „Safe-Harbor-Abkommen“ gestattet habe. Schrems gab sich mit dieser Begründung nicht zufrieden und zog vor den obersten irischen Gerichtshof. Dieser wiederum legte den Fall dem EuGH in Luxemburg vor.
ZEIT ONLINE folgert:

Nun also hat der Generalanwalt seine Schlussanträge veröffentlicht. Meistens, aber nicht immer, folgt das Gericht der Meinung des Generalanwalts. Das wäre in diesem Fall brisant, denn wenn Safe Harbor kippt, bräuchten mehr als 4.000 US-Unternehmen eine neue rechtliche Grundlage oder ein anderes Abkommen für den Datentransfer aus Europa.

Der Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft, Alexander Sander, kommentiert:

Der Generalanwalt tut einen überfälligen Schritt, um dem politischen Rumgeeiere bei der geheimdienstlichen Massenüberwachung ein Ende zu setzen. In seinem Votum stellt er nicht nur klar, dass die Kommission den Schutz personenbezogener Daten seit Jahren schleifen lässt. Er plädiert auch dafür, die von Edward Snowden enthüllte Totalüberwachung der elektronischen Kommunikation durch US-Dienste erstmals höchstrichterlich zu bestätigen. Folgt das Gericht dem Votum, so können politische Entscheidungsträger in Deutschland und Europa die Massenüberwachung künftig nicht mehr als unbewiesene Behauptung abtun.

Sarah Harrison mit Willy-Brandt-Preis geehrt

Bild: Screencopy Ruptly TV

18. September 2015

Die britische Aktivistin und Whistleblower-Verteidigerin Sarah Harrison wird in diesem Jahr von der SPD für ihren besonderen politischen Mut geehrt. Sie wird mit einem Sonderpreis der höchsten Auszeichnung der SPD, dem „Willy-Brandt-Preis“, geehrt.
Bekannt wurde Sarah Harrison durch ihr Engagement für die Enthüllungsplattform WikiLeaks und ihre Unterstützung für verschiedene Whistleblower. Im Sommer 2013 blieb sie an der Seite von Edward Snowden auf seiner Flucht in den Moskauer Flughafen. Die Britin unterstützte Snowden bei seinem Asylantrag in Russland. Einige Jahre zuvor arbeitete sie mit den WikiLeaks-Gründer Julian Assange zusammen. Sie half ihm auch bei seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London, in der er sich seit über drei Jahren befindet. Das Zitat „Mut ist ansteckend“ stammt von ihm.
„Ihr Wirken stehe exemplarisch für das Streben nach Transparenz und den Einsatz gegen ausufernde Überwachung“, begründet die SPD die Wahl. „Sarah Harrison hat mit ihrem Engagement für WikiLeaks und speziell in der Begleitung von Edward Snowden großen politischen Mut bewiesen.“ In Deutschland war lange über ein Asyl für Edward Snowden gestritten worden. Nach den Monaten an der Seite von Edward Snowden zog sie nach Berlin, da sie befürchtet, bei einer Rückkehr nach Großbritannien festgenommen zu werden. [Auszug aus Sabine Bock/Pressenza CC by 4.0]

BND an die Kette legen!


5. September 2015

Aus der Pressemitteilung der Humanistischen Union:
Heute haben über 150 Menschen den BND vor seiner neuen Zentrale an der Berliner Chausseestraße symbolisch an die Kette gelegt. Die Menschenkette zog mit riesigen Kettengliedern vor das BND-Gelände und schloss die Kette mit einem Vorhängeschloss. Wenige Tage vor der Wiederaufnahme des NSA-Untersuchungsausschusses forderten die Demonstranten eine sofortige Aufklärung des BND-Skandals, den Stopp der anlasslosen Massenüberwachung und eine wirksame Kontrolle des Geheimdienstes. Zur Kundgebung und Menschenkette hatte ein Bündnis von Amnesty International, Digitalcourage, Humanistische Union, Internationale Liga für Menschenrechte, Reporter ohne Grenzen, Whistleblower-Netzwerk und #wastungegen Überwachung aufgerufen.
Werner Koep-Kerstin, Bundesvorsitzender der Humanistischen Union: „Wir legen den BND an die Kette, weil er den Boden von Demokratie und Rechtstaatlichkeit verlassen hat. Wer millionenfach und ohne Anlass Menschen ausspioniert und ihre privaten Kommunikationsdaten an amerikanische Geheimdienste weitergibt, ist eine Gefahr für unser Land. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung bisher nicht zur Aufklärung dieser illegalen Überwachung beigetragen hat. Mit unserer Aktion fordern wir Merkel und Co. zu Aufklärung, Transparenz und Kontrolle auf.“

Überwachungsnetzwerk “Echelon” bestätigt!

Bild: Screencopy Alisancar/YouTube

6. August 2015

Echelon ist der Name eines weltweiten Spionagenetzes, das von Nachrichtendiensten der sogenannten Five Eyes (USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada) betrieben wird. Das System dient zum Abhören bzw. zur Überwachung von über Satellit geleiteten privaten und geschäftlichen Telefongesprächen, Faxverbindungen und Internet-Daten.
Die Existenz dieses Systems wurde von allen Verantwortlichen immer wieder geleugnet, gilt aber spätestens seit einer Untersuchung des europäischen Parlaments von 2001 als gesichert. In dem EU-Report von 2001 war auch festgestellt worden, dass die vom US-amerikanischen Geheimdienst NSA im deutschen Bad Aibling betriebene Abhöranlage als Teil von Echelon nach dem Ende des Kalten Krieges überwiegend der Wirtschaftsspionage diente, und es wurde vorgeschlagen, diese zu schließen. Bedingt durch die Terroranschläge des 11. September 2001 trat das Interesse an weiterer Aufklärung des Umfangs und der rechtlichen Grundlagen dieses gewaltigen Überwachungskomplexes in den Hintergrund und auch die Schließung von Bad Aibling wurde erst verspätet im Jahre 2004 umgesetzt.
Journalisten von The Intercept haben nun in den Snowden-Dokumenten Hinweise auf das Überwachungsnetzwerk Echelon gefunden. Einem Report des britischen Geheimdienstes GCHQ aus dem Jahr 2010 lässt sich entnehmen, dass die NSA das System nach wie vor massiv finanziell unterstützte. Und ein weiteres Memo zeigt, mit welcher Verachtung die NSA jeglichen Aufklärungsversuchen begegnete: Als EU-Vertreter im Frühjahr 2001 bei der US-Regierung vorstellig wurden und Aufklärung verlangten, gelang es der „Corporate NSA“ im Zusammenspiel mit Mitgliedern des US-Kongresses, die Delegation erfolgreich abzuwimmeln, sodass sie unverrichteter Dinge wieder abziehen musste.
Für den schottischen Journalisten Duncan Campbell, der Echelon 1988 in einem Artikel für den New Statesman enthüllt hatte, eine späte Genugtuung und Anlass für einen historischen Rückblick in The Register.

Verdacht auf Landesverrat!


31. Juli 2015

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) baut seine Kapazitäten und Fähigkeiten zur Überwachung des Internets aus. Diese Vorhaben lassen sich aus den Wirtschaftsplänen des Verfassungsschutzes ablesen – die sind aber als VS-vertraulich eingestuft. Den Bloggern von netzpolitik.org waren aber solche Dokumente zugespielt worden und sie hatten – aus Sorge um die Rechtmäßigkeit dieser Planungen – im Februar Auszüge des Wirtschaftsplans von 2013 und noch einmal im April Auszüge von 2015 veröffentlicht.
Wie erst jetzt bekannt wurde, hatte Generalbundesanwalt Harald Range daraufhin schon im Mai 2015 auf der Basis von zwei Strafanzeigen des Präsidenten des BfV, Hans-Georg Maaßen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Landesverrat gegen die Journalisten Markus Beckedahl und Andre Meister vom Blog netzpolitik.org eingeleitet.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Michael Konken, verurteilte die Ermittlungen als „unzulässigen Versuch, zwei kritische Kollegen mundtot zu machen“. Das Vorgehen des Generalbundesanwalts sei völlig überzogen und stelle einen Angriff auf die Pressefreiheit dar.
Der ehemalige Bundesinnenminister und noch immer aktive Bürgerrechtler, Gerhart Baum, erklärt in einem Gastkommentar bei SPIEGEL ONLINE:

„Ich fordere den Generalbundesanwalt auf, die Ermittlungen gegen das Informationsportal Netzpolitik.org wegen Landesverrats unverzüglich einzustellen… In der Tatsache, diesen Journalisten ein Verbrechen vorzuwerfen, muss der Versuch der Einschüchterung eines unbequemen Kritikers gesehen werden – und dies ist ein Angriff auf die Pressefreiheit.“

Und Georg Restle vom WDR kommentiert:

„Wir brauchen keine Staatsanwälte, die Journalisten jagen. Wir brauchen Staatsanwälte, die auch den Geheimdiensten auf die Finger schauen. Wir brauchen Staatsanwälte, die die Pressefreiheit ernst nehmen. Und wir brauchen einen Generalbundesanwalt, der sich nicht von der Regierung instrumentalisieren lässt.“

Inzwischen ist auch Justizminister Heiko Maas auf Distanz zu den Landesverrats-Ermittlungen gegen die Blogger von netzpolitik.org gegangen. Durch die Veröffentlichung der Dokumente entstehe kein Nachteil für die äußere Sicherheit Deutschlands, sagte Maas.