Überwachung > NSA-Skandal
Weitere Unterabschnitte: NSA-Skandal | Nachrichtendienste | Nachrichtendienste 2 | Nachrichtendienste 3 | Überwachung 1 | Überwachung 2

Das Internet sicherer machen!

Brad Smith auf der RSA-Konferenz 2017

31. März 2017

Unsere Daten in den Netzen sind in Gefahr durch (kriminelle) Hacker(gruppen) und durch staatliche Überwachungsmaßnahmen von Geheimdiensten. Sie können abgeschöpft und in vielfältiger Weise missbraucht werden. Gefährdet sind dabei nicht nur die persönlichen Daten, sondern auch Steuerungsdaten in den Infrastrukturnetzwerken, im Internet der Dinge. Es gab Einbrüche auch in Hochsicherheitsnetzwerke und personenbezogene Daten wurden millionenfach entwendet.
In der Europäischen Union gelten vergleichsweise hohe Sicherheitsstandards, höher als in den USA. Alle Daten, die wir in die Netzwerke der großen US-Internetkonzerne (Amazon, Apple, Facebook, Google, Microsoft, Yahoo…) eingeben, werden in den USA gespeichert oder unterliegen zumindest US-amerikanischer Gesetzgebung. Deshalb musste das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA, das den Datentransfer in die USA regelte, nachgebessert werden. Auch das neue EU-US-Privacy-Shield wurde von Datenschützern gleich als unzureichend charakterisiert. Und seit der Amtsübernahme von Donald Trump in den USA haben die Sicherheitsbedenken weiter zugenommen.
Während allgemein große Ratlosigkeit herrscht, geht der US-IT-Riese Microsoft in die Offensive. Anfang des Jahres wurde die Microsoft Cloud Deutschland gestartet. Das Besondere daran: Alle Daten werden in sicheren Rechenzentren in Deutschland und mit Datentreuhänderschaft durch die deutsche Telekom-Tochter T-Systems gespeichert. Dadurch soll verhindert werden, dass US-Behörden per Gerichtsbeschluss doch noch Zugriffsrechte auf die Daten erzwingen könnten.

Microsoft war – wie mehrere andere große US-Internetkonzerne – durch die Snowden-Enthüllungen des PRISM-Programms Mitte 2013 in Verruf gekommen, den US-Geheimdiensten Zugang zu personenbezogenen Daten der Nutzer zu geben. Jetzt legt sich der Konzern auch mit der US-Justiz an und Microsofts Präsident und Chefjurist Brad Smith startete weltweit eine Initiative, die unsere Daten und unser Leben sicherer machen soll:

Um die Bürger im digitalen Zeitalter zu schützen, müssen wir über die Aufgaben der Nationalstaaten hinausschauen.

Süddeutsche.de zitiert Brad Smith:

Wir gehen nicht davon aus, dass diese Welt sicherer wird, wenn Regierungen in unsere Netzwerke eindringen…
Seit September 2015 hat sich die Zahl der Angriffe, die wir aus China sehen, signifikant reduziert, sagt er. Im September 2015 beschlossen USA und China, auf Wirtschaftsspionage zu verzichten. Ein freiwilliger Verzicht, der sich tatsächlich messen lasse: Weniger Firmengeheimnisse werden gestohlen, Diplomatie wirke und schütze die Wirtschaft, weltweit.

ZEIT ONLINE stellt heraus:

Seit einigen Wochen ist Smith in diplomatischer Mission unterwegs: beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, auf der IT-Sicherheitskonferenz RSA in San Francisco und nun auch auf einer Veranstaltung der Princeton-Universität in Berlin. Sein Ziel ist es, das Internet sicherer zu machen – nach dem Vorbild dreier herausragender zivilisatorischer Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte.
Smith wirbt erstens für eine Digitale Genfer Konvention, in der sich Staaten verpflichten sollen, wenigstens in Friedenszeiten keine zivilen Einrichtungen und Personen zu hacken und IT-Sicherheitslücken offenzulegen, statt sie zu horten oder gar zu verkaufen.
Zweitens schlägt er vor, das Äquivalent zur Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA zu bilden. Sicherheitsexperten aus Politik, Unternehmen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sollen mutmaßlich staatlich gesteuerte Hackingangriffe gemeinsam untersuchen und – sofern sie Belege haben – die Täter öffentlich nennen und damit unter Druck setzen.
Drittens will Smith innerhalb der Technikbranche eine Art Rotes Kreuz für die Erste Hilfe nach Hackingangriffen gründen. Eine Organisation, deren Mitglieder ihr Wissen über Sicherheitslücken austauschen, die Attacken gemeinsam abwehren und sich verpflichten, keinem Staat bei Angriffen zu helfen.

Microsoft Deutschland – Pressemitteilung | Süddeutsche.de | ZEIT ONLINE | WinFuture.de | YouTube

Telefonische Massenüberwachung hätte offengelegt werden sollen

Richard Ledgett beim TED Talk
Bild: TED Talk

21. März 2017

Richard Ledgett ist stellvertretender NSA-Direktor. Er war 2013 mit der internen Aufklärung der Umstände befasst, die zu den Snowden-Leaks geführt hatten. Er war überzeugt, dass Snowden andere Möglichkeiten gehabt hätte, seine Bedenken vorzutragen. Aber im Gegensatz zu seinem damaligen Chef, General Keith Alexander, war er anfangs dafür eingetreten, Snowden zu begnadigen, falls dieser die entwendeten Dokumente zurückgeben würde. Bei seinen letzten Interviews hatte er aber vor allem betont, dass durch die Enthüllungen ein großer Schaden entstanden sei…
Ledgett hat Reuters jetzt ein Interview gegeben, auf das Snowden über Twitter hinweist:

Der ehemalige Chef der schnellen Eingreiftruppe Snowden der NSA hat gerade meine Entscheidung öffentlich gerechtfertigt. Verblüffend aber eine willkommene Wendung.

Reuters schreibt:

Die US-Regierung hätte die Existenz eines Programms, das massenhaft Telefondaten von Amerikanern abgesaugt hat, veröffentlichen sollen, bevor dies durch den ehemaligen Angestellten Edward Snowden enthüllt worden ist, sagte der stellvertretende Direktor der NSA am Dienstag.
Richard Ledgett, der im nächsten Monat aus dem Dienst ausscheidet, sagte in einem Interview mit Reuters, dass die Offenlegung des geheimen Programms schwierig gewesen wäre. Dies hätte aber den Schaden, den Snowden verursacht habe, mindern können.
„Das ist so ein Fall wo ich vielleicht hätte zustimmen sollen, wo es vielleicht weniger schockierend gewesen wäre, als Snowden das tat, was er tat“, sagte Ledgett in seinem Büro im NSA-Hauptquartier in Fort Meade, Maryland.
Ledgetts Anmerkungen, die die Gefühle einiger ehemaliger hochrangiger US-Beamter widerspiegeln, kommen zu einer Zeit, in der die Gemeinschaft der US-Geheimdienste, ihre Anstrengungen verstärkt, den Kongress zu überzeugen, andere umstrittene Überwachungsprogramme neu zu beleben…

Reuters | TED Talk | National Public Radio | Daily Mail Online

BGH: Snowden muss doch nicht eingeladen werden…

Aufkleber Asyl für Edward Snowden

15. März 2017

Die Vernehmungen im NSA-Untersuchungsausschuss gingen am 16. Februar mit der Anhörung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Ende. Der Streit um den Hauptzeugen Edward Snowden nicht. Im Mai 2014, ganz zu Anfang des Untersuchungsausschusses, beschlossen die Ausschussmitglieder einstimmig, Edward Snowden anzuhören. Das ist bis heute nicht passiert.
Und es wird auch nicht mehr passieren, trotz aller Anstrengungen der Oppositionsmitglieder im Ausschuss. Der Bundesgerichtshof (BGH) nahm heute auf Antrag von Mitgliedern der Großen Koalition eine frühere Entscheidung zurück: Der NSA-Untersuchungsausschuss muss Snowden nicht nach Deutschland einladen, weil die Opposition nicht das Recht habe, den Beweisbeschluss gerichtlich durchzusetzen – dafür sei sie zu klein…

Heute erschien die Entscheidung des BGH zur tatsächlich erfolgten Beschwerde: Der Beschluss der Ermittlungsrichterin vom November wird aufgehoben, Snowden muss nun doch nicht eingeladen werden. Das ist zum einen ein herber symbolischer Schlag gegen den Zeugen Snowden, dessen Enthüllungen dazu geführt haben, dass überhaupt ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. Martina Renner, Obfrau der Linken im Ausschuss, kommentiert dazu:

Das ist politisch ärgerlich, denn weite Teile des internationalen Überwachungsskandals bleiben nun unaufgeklärt: Deutschland hätte die Möglichkeit gehabt, hier eine wegweisende Rolle einzunehmen. Diese Chance ist vertan.

Aber genauso ernüchternd ist der Beschluss für die Minderheitenrechte im Parlament… (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | ZEIT ONLINE

Snowden, Chomsky, Greenwald über Privatsphäre

13. März 2017

acTVism Munich ist ein gemeinnütziges, unabhängiges und basisdemokratisches Onlinemedium in deutscher und englischer Sprache. Es produziert Videoberichte, organisiert Podiumsdiskussionen und Debatten, übersetzt englische Artikel ins Deutsche und veröffentlicht Gastbeiträge, um die Öffentlichkeit zu informieren und Nachrichten zu Themen von gesellschaftlicher Bedeutung bereitzustellen.

Die Podiumsdiskussion Snowden, Chomsky & Greenwald – Eine Unterhaltung über Privatsphäre wurde auf sechs Videos aufgeteilt, ist jetzt aber vollständig in deutscher Sprache abrufbar. Hier soll zuerst Teil zwei vorgestellt werden:

Nachfolgend ein Ausschnitt aus dem Beitrag von Edward Snowden:

Privatsphäre bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Für viele sind es nur die Einstellungen in ihrem Facebook-Profil nach dem Motto „Ist mir egal, ist doch nur Facebook“. Privatsphäre ist jedoch so viel mehr. Brandeis sagte einmal, Privatsphäre sei das Recht, die Früchte unseres eigenen Intellekts zu genießen. Ich gehe noch etwas weiter. Ich würde sagen, Privatsphäre ist das Grundprinzip, aus dem alle anderen Rechte hervor gehen. Privatsphäre ist das Recht auf das Sein, Privatsphäre ist gemäß unserer Verfassung das Recht auf Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit und auf den Schutz vor ungerechtfertigter Durchsuchung und Beschlagnahme. Privatsphäre ist das Recht auf freies Denken…

Ohne Privatsphäre kann man nichts besitzen. Man würde im Kollektiv existieren, in einem ständigen Zustand des Reagierens auf die Umwelt. Man wäre Teil eines größeren Ganzen, jedoch gänzlich ohne Anspruch auf einen Raum für sich allein. Wenn ich diesen Gedanken weiterverfolge und in meinen eigenen Begrifflichkeiten darüber nachdenke, insbesondere wenn wir mit den Meinungen von Befürwortern des nationalen Sicherheitsstaats konfrontiert werden sowie mit der Art und Weise, wie die Nazis gegen Privatsphäre argumentierten, nämlich „wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“, komme ich zu dem Schluss, dass die Behauptung, Privatsphäre sei einem egal, weil man nichts zu verbergen habe, gleichzusetzen ist mit der Aussage, dass einem Meinungsfreiheit egal ist, weil man nichts zu sagen hat…

acTVism Munich | acTVism Munich

WikiLeaks: Werkzeuge der CIA-Hacker

Vault 7
Bild: WikiLeaks

7. März 2017

Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hat von einer nicht genannten Quelle streng geheime Dokumente mit über 8.000 Seiten aus einer Datenbank des US-Geheimdienstes CIA erhalten und diese ins Netz gestellt. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die CIA eigene Cyber-Abteilungen besitzt, deren Aufgabe darin besteht, Schwachstellen in Hightech-Geräten insbesondere von Apple, Google, Samsung, HTC und Sony zu finden und diese zur Überwachung zu nutzen. Offensichtlich hat die CIA inzwischen diverse Werkzeuge (Exploits), um Antiviren-Software auszutricksen, um Android-Smartphones und iPhones zu hacken, sowie Smart-TVs von Samsung und Desktop-Computer unabhängig vom Betriebssystem. Der Geheimdienst könne auch die Verschlüsselung von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Signal und Telegram umgehen.

Das europäische Zentrum zur Entwicklung dieser Cyberwaffen befindet sich danach im US-Generalkonsulat in Frankfurt/Main.

Wikileaks erklärte hierzu: "Die Quelle möchte eine öffentliche Debatte über die Sicherheit, die Schaffung, Nutzung, Weiterverbreitung und demokratische Kontrolle von Cyberwaffen anstoßen" und kündigte weitere Veröffentlichungen an.
Bei dieser Veröffentlichung hat WikiLeaks – nach harscher Kritik auch von Edward Snowden – die Dokumente vorher bearbeitet und auch Schwärzungen (Namen, E-Mail- und IP-Adressen) vorgenommen.

Anlass zur Besorgnis gibt es reichlich: Die CIA benutzt offensichtlich – genau wie auch die NSA – entdeckte (oder gekaufte) Schwachstellen und Sicherheitslücken (Exploits) in IT-Systemen, um sich in diese hineinzuhacken. Da die betroffenen Firmen und Nutzer nicht in Kenntnis gesetzt werden, können natürlich auch andere Geheimdienste und kriminelle Elemente diese Sicherheitslücken für ihre Zwecke nutzen.

Wohin das führen kann, wird von der FAZ drastisch verdeutlicht:

Das neue CIA-Datenleck offenbart eine neue Dimension der Überwachung: Die Geheimdienste sind dabei, sich das Internet der Dinge untertan zu machen. Wo liegen künftig ihre Grenzen?
Die neueste Enthüllung offenbart, dass Zukunftsszenarien von Datenspezialisten längst Gegenwart sind. Die präzise Anleitung für Geheimdienstler, wie ein Samsung-Fernseher umgedreht werden kann, wie das Gerät vorgibt, abgeschaltet zu sein und stattdessen den Raum ausspäht, zeigt, wohin die Dienste unterwegs sind: Das Wohnzimmer wird zur Glaskabine – und das Schlafzimmer gleich mit. Jedes nur erdenkliche digitale Gerät soll potentiell als Abhör- und Überwachungsvehikel genutzt werden können. Das Internet der Dinge, mit denkenden Kühlschränken, vernetzten Thermostaten, Stromzählern, Fernsehern, Aktiv-Lautsprechern, vor allem aber mit Kommunikationsboxen wie Amazons Echo wird zu einem gigantischen Netz für Überwachung, Spionage, Sabotage – einsetzbar bis hin zur gezielten Tötung. Denn was sich auch aus den veröffentlichten Daten ergibt, sind Wege, sich in die vernetzten und zunehmend digital gesteuerten Autos zu hacken. Statt einem teuren Drohnenangriff könnten in Zukunft ein paar Tastenbefehle in der CIA-Zentrale in Langley reichen, und das Fahrzeug steuert sich gemächlich von der Straße in den Abgrund…

WikiLeaks | Süddeutsche.de | ZEIT ONLINE | SPIEGEL ONLINE | SPIEGEL ONLINE | FAZ.NET | FAZ.NET | FAZ.NET

BND bedroht die Pressefreiheit

Deutschland, Berlin, 26.09.2016 - Kundgebung „BND-Gesetz stoppen“ vor dem Berliner Reichstag

2. März 2017

Reporter ohne Grenzen legt Verfassungsbeschwerde gegen die Massenüberwachung des Bundesnachrichtendienstes ein, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht.
Konkret richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die „strategische Fernmeldeüberwachung“ des BND im Jahr 2013: Nach allem, was über den Umfang der Überwachung vor allem des E-Mail-Verkehrs zwischen In- und Ausland sowie über die vom BND verwendeten Suchkriterien bekannt ist, müsse Reporter ohne Grenzen davon ausgehen, dass auch zahlreiche E-Mails der Organisation erfasst wurden – und dass diese Praxis unverhältnismäßig und nicht vom G-10-Gesetz gedeckt sei. Dies beeinträchtige massiv die Arbeit von Reporter ohne Grenzen und verletze die Interessen der Organisation.
Die Journalistenorganisation wendet sich insbesondere auch gegen die Löschfrist für Protokolldaten, welche im G-10-Gesetz festgelegt ist. Mit dieser Löschfrist muss der BND jegliche Informationen über die Vernichtung von erhobenen Personendaten mitschreiben. Diese Protokolle werden schließlich per Gesetz wiederum gelöscht. So lässt sich die geheime Arbeit des Dienstes im Nachhinein nicht nachverfolgen.

Das Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, Matthias Spielkamp, betont die Gefahren von Überwachung für die Arbeit von Journalisten. Insbesondere im Kontakt mit Bürgern anderer Länder gefährde das Mitschneiden die Kommunikation und journalistische Arbeit:

Die Massenüberwachung durch den BND stellt den journalistischen Quellenschutz und damit einen Grundpfeiler der Pressefreiheit in Frage. Die bisherige Rechtsprechung verweigert den Betroffenen einen wirksamen Rechtsschutz gegen diese weitreichende Überwachungspraxis. Wir sind zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht diesen unhaltbaren Zustand endlich beenden wird.

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Reporter ohne Grenzen

BND-Gesetz ist menschenrechtswidrig

Sitzungsraum des UN-Sicherheitsrats

1. März 2017

Der UN-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, Ben Emmerson, stellt in seinem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat fest, dass das BND-Gesetz in seiner jetzigen Form menschenrechtswidrig ist…
Emmerson geht in seinem Bericht auf mehrere Menschenrechtsverstöße durch Regierungen ein und verweist per Fußnote auf das BND-Gesetz im Zusammenhang mit Deutschland:

33. Diese Beschränkungen [der staatlichen Überwachung; Anm. d. Red.] haben jedoch nicht die ernsthaften und fortdauernden Sorgen über extraterritoriale Massenüberwachungsprogramme und die Verbreitung von Gesetzen, die asymmetrische Schutzregelungen für Staatsangehörige und Ausländer rechtfertigen, beseitigt. Solche Gesetze bestehen in Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Der Sonderberichterstatter erinnert daran, dass eine differenzierte Behandlung von Staatsangehörigen und Nichtstaatsangehörigen sowie von Personen innerhalb oder außerhalb der Zuständigkeit des Staates mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung unvereinbar ist, was ein wesentlicher Bestandteil einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist. (Eigene Übersetzung; Hervorhebung durch uns)

(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Drei Jahre Untersuchungsausschuss

Die drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen

24. Februar 2017

Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss ist vorbei. Also die öffentlichen Anhörungen. Jetzt wird noch der Abschlussbericht geschrieben. Das sind diese tausend Seiten, wegen denen man die ganze Arbeit ja eigentlich macht. Die dann aber doch fast niemand liest.
Drei Jahre lang wurde ganz schön viel Aufwand betrieben: 2.400 Aktenordner wurden gelesen, 131 mal tagte das Gremium, davon 66 mal öffentlich mit Sachverständigen und Zeugen…

Eigentlich passiert all das, um die Überwachungs- und Spionageaffäre der Snowden-Enthüllungen aufzuklären. Der Einsetzungsbeschluss des Ausschusses definiert den Untersuchungsauftrag in 31 zu beantwortenden Fragen. Die allererste: Überwachen die Geheimdienste der Five-Eyes-Staaten „Kommunikations- und Datenverarbeitungsvorgänge von, nach und in Deutschland“?
Aber trotz Gründungsanlass (Snowden-Enthüllungen) und Untersuchungsauftrag (Snowden-Enthüllungen) ging es im Ausschuss erstaunlich wenig um… die Snowden-Enthüllungen. Also darum, dass unsere digitale Welt komplettüberwacht wird.
Zwar wurden mit William Binney, Thomas Drake und Brandon Bryant drei Whistleblower aus den USA gehört, dazu ein paar Sachverständige aus NGOs und Zivilgesellschaft aus USA und Großbritannien. Aber der Ausschuss hat es nicht geschafft, auch nur einen einzigen Politiker oder Geheimdienstler der Five Eyes anzuhören. Zwar flog eine Delegation selbst mal in die USA, hat aber schon vorher keine Erwartungen geweckt. Völlig berechtigt, angesichts des kläglichen Ertrags. Noch nicht mal die großspurig angekündigten Chefs der PRISM-Firmen Apple, Facebook, Google und Microsoft haben sich genötigt gefühlt, der Einladung des Ausschusses zu folgen…

Dennoch: Der Ausschuss hat einiges herausgefunden. Zum Beispiel, dass auch der BND oft an die Grenzen des Gesetzes geht – und auch darüber hinaus. Manchmal durch gewagte und geheime Rechts-Konstrukte (Weltraum-Theorie, Funktionsträger-Theorie, Theorie des virtuellen Auslands…), manchmal durch offenen Rechtsbruch. Die Bundesdatenschutzbeauftragte hat 18 schwerwiegende Rechtsverstöße festgestellt – in einer einzigen Außenstelle.
Und das Thema Ausspähen unter Freunden, Merkels berühmter Satz. Der BND hat 14 Millionen Selektoren von der NSA bekommen und ungeprüft seine Massenüberwachung nach diesen Abhör-Zielen durchsucht. Als der BND diese Abhör-Ziele nach Snowden mal überprüft hat, hat er rausgefunden, dass 40.000 davon Freunde betrafen. Die durfte dann Kurt Graulich als V-Mann der Bundesregierung mal angucken. Der Ausschuss durfte diese 40.000 abgehörten Freunde nicht einsehen, das haben Bundesregierung und Große Koalition verhindert. Weil die USA nicht ausdrücklich zugestimmt haben.
Aber auch der BND hat tausende Freunde in Deutschland und Europa abgehört, ganz ohne NSA. Nach einem Beweisbeschluss der – angesichts knapper Ressourcen heldenhaft arbeitenden – Opposition kamen nochmal tausend überwachte Freunde ans Licht. Oder, wie es im Geheimdienst-Sprech heißt: „3.300 Teilnehmer mit rund 15.000 Telekommunikationsmerkmalen“, die „einen EU/NATO-Bezug aufweisen“ und die der BND „gesteuert“ hat in seiner „Erfassung“…

Und die Konsequenz aus den gewonnenen Erkenntnissen ist gleich der nächste Skandal. Es wird nicht etwa die Geheimdienst-Praxis an das Gesetz angepasst, sondern die Gesetze werden an die Geheimdienst-Praxis angepasst. Ein Jahr vor Ende des Ausschusses hat die Große Koalition eine Änderung des BND-Gesetzes beschlossen. Damit wird alles, was der BND macht, legalisiert – und sogar noch ausgeweitet…
(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

Palantir hilft bei der Überwachung

22. Februar 2017

Palantir Technologies ist ein US-amerikanischer Anbieter von Software und Dienstleistungen, der sich auf die Analyse großer Datenmengen (Big Data) spezialisiert hat. Zu den Kunden des Unternehmens gehören insbes. die US-Nachrichtendienste.
Neue NSA-Dokumente, die von The Intercept veröffentlicht wurden, zeigen, dass Palantir an der Entwicklung von Spionagewerkzeugen der NSA beteiligt war, insbesondere bei der "NSA-Suchmaschine" XKeyScore.
Z.B. kann Palantir genutzt werden, um den weltweiten Einflussbereich Irans zu analysieren:

derStandard.at zitiert The Intercept:

Die Enthüllung sorgt für Aufsehen, da Palantir-Mitgründer Peter Thiel einer der wichtigeren Berater im Umfeld von US-Präsident Donald Trump ist. Thiel, der bei Palantir als Chairman tätig ist, könnte aktiv mithelfen, das Überwachungsnetz der US-Behörden auf die Wünsche der Trump-Regierung zuzuschneiden.

The Intercept | derStandard.at | futurezone.at | YouTube | Wikipedia

Die letzte Zeugin!

Bundeskanzlerin Angela Merkel im NSA-Untersuchungsausschuss am 16.02.2017

16. Februar 2017

Letzte Zeugin vor dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages war heute die Bundeskanzlerin Angela Merkel.
netzpolitik.org fasst zusammen:

„Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“ – als Angela Merkel ihren berühmten Satz sagte, wusste sie nicht, dass ihr BND auch Freunde abhört. Das sagte die Kanzlerin als letzte Zeugin im Untersuchungsausschuss. Zu den Themen Zeuge Edward Snowden und Drohnen-Basis Ramstein schwieg sie beharrlich.

Und:

Alle Kommentatoren sind sich einig: Der Auftritt von Angela Merkel vor dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss war zwar das letzte Zeugenverhör, aber der Überwachungsskandal ist damit nicht beendet.

Marcel Rosenbach bei Spiegel-Online: Affäre beendet? Von wegen!

„Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“. Dazu stehe sie bis heute, sagte Merkel, es bleibt ihr weitreichendstes Bekenntnis. Damals, im Sommer 2013, habe sie ihn in der Überzeugung gesagt, dass der eigene Bundesnachrichtendienst so etwas nicht tue. Selbst das war falsch, wie wir heute wissen – so wie praktisch jede öffentliche Aussage aus dem Kanzleramt zu diesem Thema. Die deutschen Dienste hielten sich an Recht und Gesetz, hatte Merkels damaliger Kanzleramtsminister Ronald Pofalla beteuert, in seinem legendären Versuch, das leidige Thema möglichst schnell loszuwerden. Das bezweifelten nicht nur führende deutsche Verfassungsrechtler, sondern auch die Bundesdatenschutzbeauftragte, eine CDU-Parteifreundin. Die US-Seite habe ein No-Spy-Abkommen angeboten? Nun, dort erinnerte man sich an die Sache irgendwie anders. Die Liste ließe sich fortführen.

Kai Biermann bei Zeit-Online: Die letzte Zeugin fasst zusammen:

Die Kanzlerin hat nicht gelogen, als sie sagte, Freunde auszuspähen gehöre sich nicht. Merkel wusste wirklich nicht, was ihr BND so tut. Weil sie es nicht wissen wollte.

Vor dem Ausschuss aber sagte die Kanzlerin: "Wir können uns darauf verlassen, dass auch der BND selbst aus dem Vorkommnis gelernt hat."
Die Obfrau der Linkspartei, Martina Renner, glaubt das nicht: "Der nächste BND-Skandal steht vor der Tür", sagt sie, "weil sich an dem Prinzip der Abschottung nichts geändert hat".

netzpolitik.org | netzpolitik.org | SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de | ZEIT ONLINE

Das Kanzleramt hat immer sein Bestes gegeben

Kanzleramtsminister Peter Altmaier

13. Februar 2017

130. Sitzung des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses. Befragt werden die Zeugen Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes Kanzleramtsminister Peter Altmaier.
netzpolitik.org fasst zusammen:
Die Aussage der Kanzlerin, dass der BND keine Freunde abhöre, war eine „subjektive Wahrheit“. Das sagten Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche und Minister Peter Altmaier in der 130. Sitzung des Untersuchungsausschusses. Dass das objektiv falsch war, haben sie erst später erfahren und dann abgestellt.
Aus den Parlamentsnachrichten des Bundestags zu

  1. Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche:

    Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) heute noch Ziele mit Bezug zu Partnerstaaten in EU und Nato ausspäht. „Nach allem, was ich im Kontakt mit dem BND gesehen habe, kann ich das ausschließen“, versicherte der Geheimdienst-Beauftragte des Kanzleramtes, Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, am Montag dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Es seien mittlerweile Vorkehrungen getroffen worden, um die im Frühjahr 2015 festgestellten Defizite beim BND zu beheben.

  2. Kanzleramtsminister Peter Altmaier:

    Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) ist nach eigenen Worten erstmals im Frühsommer 2014 der Vermutung nachgegangen, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) auch Einrichtungen befreundeter Staaten abgehört haben könnte. Zwei Mal habe er den damaligen BND-Präsidenten Gerhard Schindler auf das Thema angesprochen, berichtete Altmaier am Montag abend dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Schindler habe den Verdacht indes beide Male energisch von der Hand gewiesen. Umso unangenehmer sei er überrascht gewesen, sagte Altmaier, als er im März 2015 die Vermutung bestätigt fand. Der heute 58-Jährige hatte die Leitung des Kanzleramts am 17. Dezember 2013 von seinem Vorgänger Ronald Pofalla (CDU) übernommen.

netzpolitik.org | Deutscher Bundestag | Deutscher Bundestag

BND: Überwachungskapazität massiv ausgebaut…

Satelliten-Abhör-Anlage des BND in Schöningen, Niedersachsen.

13. Februar 2017

Auf hoher See, im Flugzeug-Cockpit, in Krisengebieten, entlegenen Gegenden oder nach Naturkatastrophen: In vielen Situationen gibt es keinen herkömmlichen Mobilfunk-Empfang. Um trotzdem kommunizieren zu können, greift man dann zu Satelliten-Telefonen. Diese funktionieren ähnlich wie andere Mobiltelefone, senden und empfangen aber über Satelliten statt Funkmasten.
Der deutsche Auslandsgeheimdienst baut jetzt seine Überwachung dieser Satelliten-Kommunikation aus. Für „eine erhebliche Erweiterung der Erfassung“ gibt der BND sechs Millionen Euro aus, den Großteil davon in diesem Jahr. Die Spione haben mehrere Mobilfunk-Anbieter im Visier, darunter auch die Anbieter Inmarsat und Thuraya.
Schon lange wird die weltweite Satelliten-Kommunikation von unterschiedlichen Geheimdiensten überwacht. Bereits 2001 belegte das Europäische Parlament „die Existenz eines globalen Abhörsystems für private und wirtschaftliche Kommunikation“ mit dem Namen Echelon. Mit der Ausbreitung des Internets hat sich die geheimdienstliche „Fernmeldeaufklärung“ (SIGINT) auf die Überwachung von Glasfasern und Netz-Knoten verlagert – ohne jedoch klassische Telefon- und Satelliten-Kommunikation aus den Augen zu verlieren.

Diese Überwachung des BND beschränkt sich nicht auf Terroristen, sondern passiert massenhaft. Schon im Jahr 2006, also vor über zehn Jahren, sammelte der BND allein in Schöningen eine halbe Millionen Kommunikations-Inhalte aus Satelliten-Funk – jeden Tag. Das geht aus einem Snowden-Dokument hervor, das der Spiegel vor zwei Jahren veröffentlicht hat…
Und das sind nur Inhalts-Daten: Metadaten speichert der BND 220 Millionen – jeden Tag

Thuraya und Inmarsat sind zwei der kommerziellen Anbieter von Satelliten-Kommunikation. Thuraya hat seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten und deckt mit drei Satelliten vor allem Europa, Nordafrika und Asien ab…
Inmarsat hingegen steht für „Internationale Seefunksatelliten-Organisation“ und wurde ursprünglich von den Vereinten Nationen gegründet, um Seenot- und Sicherheitsfunk für die Schifffahrt zu verbessern. Laut internationalem Abkommen wird die Organisation „nur für friedliche Zwecke tätig“. Seit 1999 ist Inmarsat ein britisches Unternehmen und wird nicht mehr nur von Handelsschiffen eingesetzt, sondern auch von „Regierungen, Fluggesellschaften, Rundfunk, Öl- und Gasindustrie, Bergbau, Baugewerbe und humanitären Hilfsorganisationen“.
Inmarsat betreibt derzeit zwölf Satelliten, die einen Großteil der Erde abdecken. Schon seit Mitte der Neunziger Jahre laufen die Satelliten der dritten Generation, seit 2005 werden sie von der vierten und seit 2013 von der fünften Generation ersetzt. Um auch diese aktuellen Systeme abhören zu können, erneuert der BND seine Inmarsat-Technik mit dem Projekt „Ausbau bestehender Systeme Inmarsat an neue technische Herausforderungen“ (ABSINTH)…
Den Ausbau der Überwachungs-Kapazitäten treibt der BND auch in zwei weiteren Projekten voran: ZERBERUS und VISTA. ZERBERUS steht hier… für die „Zukunftsfähige Erweiterung bestehender Erfassungstechnologien und -systeme“. Für 9,5 Millionen Euro will der Geheimdienst bestehende Abhör-Fähigkeiten ausbauen und neue schaffen…
Weitere 11,5 Millionen Euro investiert der BND in die „Verbesserung der Informationsverarbeitungs- und Selektionsfähigkeit der Technischen Aufklärung“ VISTA
Das geht Hand in Hand mit der 300 Millionen teuren „Strategischen Initiative Technik“, mit der der BND seine Internet-Überwachung massiv ausbaut.
Neben der Überwachung von Telekommunikation, die von Satelliten übertragen wird, nutzt der BND auch Spionage-Satelliten, um hochauflösende Bilder der Erdoberfläche zu erhalten – Fachbegriff Imagery Intelligence (IMINT). Im November berichtete der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, dass der BND erstmals eigene Spionage-Satelliten bekommt. Nach unseren Informationen handelt es sich dabei um mindestens drei Stück.
(Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

"Stand With Snowden"

"Thank You, Edward" von Eli Luntz

25. Januar 2017

Die Aktionsplattform „Pardon Snowden“ bedankt sich bei allen Mitstreitern und begründet ihre Umbenennung in „Stand With Snowden“:

Die Welt hat sich verändert, seit unserem letzten Kontakt vor wenigen Tagen.
Ein neuer US-Präsident wurde letzte Woche vereidigt. Am folgenden Tag gingen Millionen Menschen in Dutzenden Städten auf der ganzen Welt auf die Straße, um Gerechtigkeit und Gleichheit zu fordern. Sie kämpfen für die bürgerlichen Freiheiten. Wir sind bereit.
Obwohl Edward Snowden vom Präsidenten nicht begnadigt worden ist, ist der Kampf noch lange nicht beendet – und wir machen weiter. Die Gemeinschaft, die sich gebildet hat, um diesen Whistleblower zu schützen, übertraf alle unsere Erwartungen in ihrer leidenschaftlichen Verteidigung des Rechtes, gegenüber den Mächtigen für die Wahrheit einzutreten.
Wir wissen nicht, was die kommenden Jahre für Ed oder allgemein für die bürgerlichen Freiheiten bringen werden. Aber wir werden nicht aufhören dafür zu kämpfen, und wir brauchen auch dich dazu.
Wir werden dies weiter mitgestalten unter dem neuen Namen "Stand With Snowden".

Gleichzeitig hat sich eine Initiative von Künstlern gebildet, die als Dank an Edward Snowden Illustrationen zur Verfügung gestellt haben.

Pardon Snowden | Pardon Snowden | Stand With Snowden

Lavabit wieder am Netz

Ladar Levison speaking at the 2013 Liberty Political Action Conference (LPAC) in Chantilly, Virginia.

20. Januar 2017

Lavabit – der verschlüsselte E-Mail-Dienst, den auch Edward Snowden genutzt hatte – ging Anfang August 2013 unter Protest vom Netz, nachdem er von US-Behörden massiv unter Druck gesetzt worden war: Er sollte Snowdens Postfach an die Geheimdienste herausgeben.
Den Wechsel der US-Präsidentschaft nutzte Ladar Levison, Entwickler dieses Dienstes, um Lavabit jetzt wieder ans Netz zu bringen.

The Intercept | Lavabit | The Hacker News | Wikipedia

Edward Snowden zur Geschichte der Geheimdienste

19. Januar 2017

Die Kampagne „Pardon Snowden“ hatte Ende November 2016 unerwartet Unterstützung erhalten von Mitarbeitern des Church-Komitees aus der Watergate-Ära. Der Name stammt vom Vorsitzenden des Ausschusses Frank Church, einem demokratischen Senator aus Idaho. Im Abschlussbericht des von ihm geleiteten Untersuchungsausschusses bilanzierte er, dass „der wachsende Missbrauch der Geheimdienste ein größeres, grundlegendes Problem in unseren zentralen Institutionen reflektiert.“
Edward Snowden beginnt in diesem Interview mit den Hintergründen der Arbeit des Church-Komitees und kommt dann auf weitere Aspekte aus der Geschichte der Geheimdienste und auf bedeutende Whistleblower zu sprechen.

Das Video in deutscher Synchronisation:

MintPress News | YouTube | YouTube | Wikipedia

Snowden: Keine Begnadigung, aber Asyl verlängert!

Edward Snowden

18. Januar 2017

Eine Begnadigung Edward Snowdens wie im Fall Chelsea Manning schließt die US-Regierung aus.
Im Gegensatz zu der von einem Militärgericht verurteilten und geständigen Manning sei Snowden "in die Arme eines Gegners geflohen" und habe "Zuflucht in einem Land gefunden, das erst vor kurzem gezielt versucht habe, unsere Demokratie zu schwächen", sagte Obamas Sprecher Josh Earnest mit Blick auf mutmaßlich russische Hackerattacken im US-Wahlkampf. Snowdens Taten seien "viel schwerwiegender und gefährlicher".

Michael Morell, ehemaliger Deputy Director der CIA, hatte vor einigen Tagen noch größere Geschütze aufgefahren und angeregt:

„Der Mittag des 20. Januars bietet eine hervorragende Gelegenheit für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem neuen Präsidenten Donald Trump das perfekte Geschenk zur Amtseinführung zu machen – Edward Snowden.“

Maria Zakharova, eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, antwortete auf Facebook auf Mr. Morells Empfehlung: Herr Snowden dürfe für "einige weitere Jahre" im Land bleiben.
Mr. Morells Vorschlag, Herrn Snowden zu übergeben, würde "einem Geschenk" an das neue amerikanische Oberhaupt gleichkommen.
Das ist offensichtlich eine Geste, zu der Russland nicht bereit ist, obwohl der neu gewählte Präsident Donald J. Trump bewundernd von Russland und seinem Präsidenten Vladimir V. Putin gesprochen hat.
"Das lustigste an der Geschichte ist, dass der ehemalige stellvertretende Direktor der CIA!!! nicht weiß, dass Snowdens Aufenthaltserlaubnis für Russland gerade für einige weitere Jahre verlängert wurde", schrieb Frau Zakharova.
"Und ernsthaft, der Kern dessen, was der CIA-Agent vorgeschlagen hat, ist eine Ideologie des Vertrauensbruchs", schrieb sie. "Herr Morrell, Sie haben gesprochen, und jetzt weiß jeder, dass es in Ihrer Dienststelle normal ist, Geschenke in Form von Menschen zu machen und diejenigen zu übergeben, die Schutz suchen."

RT News | The New York Times | ZEIT ONLINE | Democracy Now!

Obama begnadigt Chelsea Manning

I retouched Bradley Manning's makeup

17. Januar 2017

Wenige Tage vor seiner Amtsübergabe an Donald Trump hat US-Präsident Barack Obama der wegen Spionage verurteilten Whistleblowerin Chelsea Manning einen Strafnachlass gewährt. Sie soll nun am 17. Mai 2017 entlassen werden – und nicht erst im Jahr 2045.

Mannings 35-jährige Haftstrafe und ihre verschärften Haftbedingungen sind vielfach von Bürgerrechtlern kritisiert worden.
Unter dem Slogan "#HugsForChelsea: Give Chelsea Manning A Hug" entstand zudem eine Petition, die sich für die Strafverringerung einsetzte. "The clock is ticking. Let’s show the President how much support Chelsea has, and how many people are waiting for her to be released. She has suffered so much. We want to give her a hug", heißt es auf actionnetwork.org.

The Internet is waiting to give Chelsea Manning a hug. Post your own photos to #HugsForChelsea and we’ll add them here!

Manning hatte während ihrer Stationierung als Obergefreite im Irak Hunderttausende US-Armeedokumente von Militärrechnern heruntergeladen und der Enthüllungsplattform WikiLeaks zugespielt, um eine öffentliche Debatte über die Kriege in Afghanistan und im Irak anzustoßen.

Zu den von Manning weitergegebenen Videos zählen unter anderem die Videoaufnahmen des Beschusses und Todes irakischer Zivilisten und Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters durch einen amerikanischen Kampfhubschrauber am 12. Juli 2007 in Bagdad, die von WikiLeaks unter dem Titel Collateral Murder bearbeitet und veröffentlicht wurden, möglicherweise auch Aufnahmen des Luftangriffes bei Garani am 4. Mai 2009 im Westen Afghanistans.
In den Dokumenten finden sich allein 303 Fälle von Folter durch die Besatzungstruppen im Irak im Jahre 2010.
Auch die Informationen, die Ende November 2010 zu der Veröffentlichung von Depeschen US-amerikanischer Botschaften durch WikiLeaks und im April 2011 zur Offenlegung von Informationen über das Gefangenenlager Guantanamo führten, gehen auf sie zurück… (Auszug aus Wikipedia CC by-sa)

ZEIT ONLINE | Wikipedia | imgur

Klage gegen Anti-Whistleblower-Gesetz

Pressekonferenz zur Verfassungsbeschwerde

13. Januar 2017

Autoren von netzpolitik.org klagen im Namen unserer Redaktion zusammen mit anderen Journalisten sowie den Organisationen Reporter ohne Grenzen und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gegen den Straftatbestand der Datenhehlerei…
Der Datenhehlerei-Paragraph stellt den Umgang mit Daten unter Strafe, die jemand zuvor rechtswidrig erworben hat; es drohen bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe:

1) Wer Daten (§ 202a Absatz 2), die nicht allgemein zugänglich sind und die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Norm richtet sich der Absicht des Gesetzgebers nach in erster Linie gegen den Handel zum Beispiel mit gestohlenen Kreditkarten- oder Nutzerdaten. Betroffen sind aber auch Journalisten, die häufig mit Material (z. B. Leaks) zu tun haben, das – juristisch betrachtet – unautorisiert kopiert wurde.
Hinzu kommt eine Ergänzung in § 97 der Strafprozessordnung (StPO). Danach begründet der Verdacht auf Datenhehlerei eine Ausnahme vom Beschlagnahmeverbot. Dies eröffnet eine gefährliche Hintertür, um Redaktionen durchsuchen und dort gefundenes Material beschlagnahmen zu können. (Auszug aus netzpolitik.org CC by-nc-sa)

netzpolitik.org | Gesellschaft für Freiheitsrechte | heise online | SPIEGEL ONLINE | Süddeutsche.de

Netzüberwachung im NSA-Stil

Bundesnachrichtendienst
Bild: Soto/YouTube
arte

2. Januar 2017

Seit Silvester sind die Änderungen des BND-Gesetzes und des Telekommunikationsgesetzes in Kraft, die die Überwachungsbefugnisse des BND erweitern und dadurch auch die bisherige, z.T. ungesetzliche Praxis, nachträglich legalisieren.
heise online hebt u.a. diese Aspekte hervor:

Die große Koalition hatte das Gesetz, mit dem der Auslandsgeheimdienst nun offiziell Netzknoten wie den Frankfurter De-Cix ausspähen darf, im Herbst im Eiltempo durch Bundestag und Bundesrat gebracht.
Der BND kann nun auch "vom Inland aus mit technischen Mitteln Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus Telekommunikationsnetzen erheben und verarbeiten". Voraussetzung ist, dass über die Kabel "Telekommunikation von Ausländern im Ausland erfolgt". Eine nennenswerte Hürde ist das nicht, da sich im Internet mit IP-Verkehren zwischen in- und ausländischen Inhalten kaum unterscheiden lässt…
Das Gesetz gestattet es dem BND zudem, Milliarden von Verbindungs- und Standortdaten sechs Monate auf Vorrat zu speichern und mit bislang "unbekannten Anschlusskennungen" abzugleichen. Unklar ist, wie sich dies mit dem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu derlei Eingriffen verträgt. Die Agenten dürfen zudem Informationen mit ausländischen Geheimdiensten wie der NSA etwa über "gemeinsame Dateien" austauschen – teils sogar automatisiert…

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte koordiniert eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue BND-Gesetz.

Bundesgesetzblatt | heise online | Gesellschaft für Freiheitsrechte

Snowden: "Es ging nie um Terrorismus"

Edward Snowden auf dem 33. Chaos Communication Congress (33C3)
Bild: ccc-tv

30. Dezember 2016

heise online berichtet vom 33. Kongress des Chaos Computer Clubs:

Mit einem überraschenden Auftritt hat der NSA-Whistleblower Edward Snowden einen dringlichen Appell an die Besucher des Chaos Communication Congress in Hamburg gewandt. "Es ging nie um Terrorismus, da diese Maßnahmen gegen Terrorismus nicht effektiv sind", erklärte der NSA-Whistleblower per Videoschaltung. "Es geht nicht um Sicherheit oder den Schutz, sondern es geht um Macht." So seien die Überwachungsinstrumente der Geheimdienste darauf ausgerichtet, Momente der Schwäche ausfindig zu machen — egal ob es um Verdächtige oder um normale Bürger geht.
Bei der Aufklärung der Geheimdienstpraktiken spiele Deutschland eine historische Rolle, da kein anderes Land, einen Untersuchungsausschuss zu den Überwachungspraktiken eingerichtet habe. Allerdings fürchteten sich dessen Mitglieder davor, gegen befreundete Staaten vorzugehen, aus Angst politisches Kapital zu verlieren.

netzpolitik.org ergänzt:

Zum Schluss versuchte er die Anwesenden zu motivieren, gegen die Massenüberwachung einzutreten. Es reicht nicht, nur darüber zu reden, sondern man soll sich fragen, was man tun kann. Quellcode beitragen, ein Tool entwickeln oder einen neuen Service starten – es gibt viele Möglichkeiten, für seine Überzeugungen einzustehen. Snowden verabschiedete sich mit den Worten:
Aber ihr müsst aktiv werden, es ist nicht genug, nur an etwas zu glauben, meine Damen und Herren. Wenn wir wollen, dass die Dinge besser werden, dann müsst ihr für etwas eintreten.

heise online | netzpolitik.org | ccc-tv